Coup D'Etat (1973)
Ein Film von Yoshishige Yoshida
Bewertung: 8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Kaigenrei
Genre: Nuberu Bagu, Bio-Pic
Regie: Yoshishige Yoshida
Darsteller: Rentaro Mikuni (Ikki Kita), Yasuyo Matsumura (Suzu), Yasuo Miyake (Young Soldier), Akiko Kurano (Soldier's Wife), Tadahiko Sugano (Nishido), Taketoshi Naito (Army Officer), Kei Iinuma (Iawasa), Kazunaga Tsuji (Heigo Asashi), Masako Yagi (Heigo's Sister)
Drehbuch: Minoru Betsuyaku
Kamera: Motokichi Hasegawa
Musik: Sei Ichiyanagi
B/W, Art Threatre Guild, Gendai Eigasha, 110 Minuten
Dies ist die überarbeitete Fassung einer Kritik, die zuerst bei Zelluloid.de erschien.
Kaigenrei
Genre: Nuberu Bagu, Bio-Pic
Regie: Yoshishige Yoshida
Darsteller: Rentaro Mikuni (Ikki Kita), Yasuyo Matsumura (Suzu), Yasuo Miyake (Young Soldier), Akiko Kurano (Soldier's Wife), Tadahiko Sugano (Nishido), Taketoshi Naito (Army Officer), Kei Iinuma (Iawasa), Kazunaga Tsuji (Heigo Asashi), Masako Yagi (Heigo's Sister)
Drehbuch: Minoru Betsuyaku
Kamera: Motokichi Hasegawa
Musik: Sei Ichiyanagi
B/W, Art Threatre Guild, Gendai Eigasha, 110 Minuten
Dies ist die überarbeitete Fassung einer Kritik, die zuerst bei Zelluloid.de erschien.
Viele der Regisseure der japanischen New Wave erfreuen sich
heute einer recht großen Bekanntheit auch im Westen. Doch ausgerechnet
Yoshishige Yoshida wurde bisher sträflich übersehen. Ausgerechnet der Mann, der
neben Nagisa Oshima und Masahiro Shinoda einer der Begründer der
Shochiku-New-Wave war (wobei er aber jegliche Intention, eine Bewegung
gegründet zu haben, vehement leugnet) und sich als ihr radikalstes und
experimentellstes Mitglied hervortat,
bleibt bis heute fast völlig unbekannt im Westen.
Dies ist einerseits ein weiterer Beweis für die Willkür mit welcher japanische Filme im Westen noch immer „entdeckt werden“, und solche großen Regisseure wie Hiroshi Shimizu oder Keisuke Kinoshita sträflich übersehen hat, aber andererseits hat es in Yoshishige Yoshidas Fall sicher auch seine Gründe. Das Problem lässt sich so ausdrücken. Wenn Yasuzo Masumuras Filme, welche blendende Unterhaltung mit aggressiver Sozialkritik vermischten, die zugänglichsten aller generell recht unzugänglichen New-Wave-Werke waren, so sind Yoshidas Filme die sperrigsten und experimentellsten.
Die Spezialität seiner radikalen und sehr politischen Arthouse-Filme war es Zeitebenen zu verschieben, herkömmliche Erzählstrukturen außer Kraft zu setzen und dem Zuschauer nebenbei noch ein sehr großes Grundwissen an japanischer Geschichte abzuverlangen. In dieser Hinsicht stellt Coup D'Etat, der dritte Teil seine lose verknüpften „Sex und Politik“-Trilogie (die anderen beiden Teile sind „Heroic Purgatory“ und sein bekanntester Film „Eros and Massacre“), einen seiner zugänglicheren Filme dar.
Obwohl auch dieser durchaus als sehr komplex zu beschreiben ist, stellt er doch aufgrund seiner relativ linearen Filmstruktur einen guten Einstiegspunkt in das Werk des hochinteressanten Regisseurs dar.
Story:
Beeinflusst von den nationalistischen Theorien seines Bruders, ermordet Arashi Heigo (Kazunaga Tsuji) den leitenden Geschäftsführer eines großen Unternehmens und begeht anschließend Selbstmord. Als Kita Ikki (Rentaro Mikuni), ein revolutionärer, sozialistischer Schriftsteller und radikaler Systemkritiker, die blutige Kleidung seines Bruder erhält, fühlt er sich zu gleich eigentümlich verstört, aber auch inspiriert von der Tat. Immer auf der Hut vor der Geheimpolizei des japanischen Reiches versucht er nun mit aller Macht seinen geplanten Staatsreich voranzutreiben, welcher Japan zu einem nationalistischen Einheitsstaat machen soll. Doch dabei sind ihm auch private Probleme im Weg. Seine Frau Suzu (Yasuyo Matsumura) bleibt kinderlos, ein besessener junger Soldat (Yasuo Miyake) bettelt ihn um seine Führung an und zu allem Überfluss scheint auch der aus China adoptierter Sohn sich immer mehr in die Richtung Kitas, welcher sadomasochistische Tendenzen pflegt, zu entwickeln...
Kritik:
Ikki Kita war ein radikaler Nationalist und Sozialist, der seine oft faschistischen Theorien über die unbedingte Dringlichkeit, Japan zu einem imperialistischen und nationalistischen Staat zu machen, in diversen Schriften festhielt, welche einen großen Einfluss auf das damalige japanische Militär hatten.
Sie führten nicht zuletzt zum sogenannten Februarputsch von 1936, in welchem Angehörige der kaiserlichen Armee das Parlament besetzten und mehrere führende Politiker töteten, die ihrer Meinung nach die japanische Eroberung Asiens nicht aggressiv genug vorantrieben.
Der Aufstand schlug fehl und Kita wurde hingerichtet, doch mit seiner radikalen Ideologie legte er einen Grundstein für den Wandel Japans zur nationalistischen Expansionsmacht, welche im zweiten Weltkrieg an der Seite von Nazideutschland kämpfen sollte.
Eine höchst polarisierende Persönlichkeit also, die in jedem deutschen Film zur unreflektiert herumschreienden Karikatur verkommen würde. Doch Yoshida wäre kein ambitionierter New-Wave-Regisseur, wenn er nur eine normale Filmbiografie hätte drehen wollen.
Stattdessen blendet er beinahe alle historisch wichtigen Geschehnisse, bis hin zum bezeichnenden Februarputsch, einfach aus. Nur in kurzen Ausschnitten sehen wir Szenen des Putsches und andere Konsequenzen von Kita Taten, stattdessen bleibt der Film ganz auf seiner Hauptfigur des Ikki Kita konzentriert. Meist befinden wir uns bei ihm zu Hause und wohnen seinem Seelenleben bei, beobachten seine Zweifel, die Versuche an seinen Sohn, der grundlos Tiere zu töten beginnt, heranzukommen und den Kampf gegen seinen eigenen Sadomasochismus.
Es ist bemerkenswert wie unaufgeregt und unvoreingenommen Yoshida mit einer solchen Figur umgeht. Er scheint nicht daran interessiert didaktisch über die Taten des Mannes zu urteilen oder eine moralische Wertung vorzunehmen, wie jeder schlechtere Regisseur es getan hätte, sondern konzentriert sich ganz auf den Menschen Ikki Kita.
Verkörpert wird dieser zurückhaltend, aber sehr eindringlich von Rentaro Mikuni, einem gefeierten Star aus Filmen wie Kon Ichikawas „die Harfe von Burma“. Das heißt aber keinesfalls, dass Yoshida keine Stellung beziehen würde, er macht dies nur sehr subversiv. Zum Beispiel in Szenen in welchen Kita versucht seinen Sohn zu erreichen und ihm seine Ideologie beibringen will, wobei er sich selbst geradezu ins Ekstase redet, während er sich letztendlich nur für seinen eigenen Belange interessiert und die Gefühlslage seines Sohnes überhaupt nicht wahrnimmt. Das Bild eines unnahbaren Mannes wird gezeichnet, welcher von seiner Ideologie geblendet, nur noch in seiner eigenen Welt lebt.
Dieses Porträt bettet Yoshida in einen formal so strengen wie faszinierenden Stil ein. Jeder Gegenstand, jede Textur scheint genau platziert, jeder Kamerawinkel genau durchdacht worden sein und die Belichtung des S/W-Films spielt mit extremen Kontrasten.
Selten ist eine Szenerie voll ausgeleuchtet, oft sind einige Teile des Bildes geradezu überbeleuchtet, während andere Bildabschnitte nahezu im Dunkeln liegen. Die Kamera des unterdurchschnittlich aktiven Motokichi Hasegawa filmt aus extremen Winkeln oftmals an scheinbar endlos langen Mauern entlang, um dann plötzlich einer folgenden Szene auf extreme Nahaufnahmen überzuschwenken und die Szenerie oftmals sogar durch Gegenstände, wie einen Ventilator, aufzunehmen. Einerseits erscheint dieser Stil, welcher alles sehr sauber und glatt abfilmt minimalistisch und reduziert, andererseits scheint er gerade wegen seiner Ungewöhnlichkeit auf die volle Überwältigung der Sinne ausgerichtet.
Mit dieser charakteristisch expressionistischen Bildersprache erschafft Yoshida einen eigenen Mikrokosmos innerhalb seines Films, welcher das subjektive Seelenleben seines Protagonisten veranschaulicht. Unterstützt wird er dabei perfekt vom Score des Komponisten Sei Ichiyanagi, der mit seinen dissonanten und experimentellen Synthesizer-Soundtrack zugleich verstört, sowie den Zuschauer mit hypnotischer Präzision in den Film hineinzieht. Doch bei all der Faszination, welche dieser Stil auslöst, so erscheint er auch sperrig und sehr unterkühlt.
Dies macht den Film überaus anstrengend, wobei Yoshida die Zugänglichkeit durch seine unkonventionelle Herangehensweise mit seinen vielen Meta-Dialogen und wenig Action noch zusätzlich erschwert. Man braucht Geduld und volle Konzentrationsfähigkeit um den Film genießen zu können, dann entkräftigt sich auch das Argument der emotionalen Kälte.
Einem so genauen und zugleich individuellen Techniker wie Yoshishige Yoshida kann man leicht eine vermeintliche Kälte und leblose Stimmung seiner Filme vorwerfen, doch Coup D'Etat ist sogar sehr emotional, wie zum Beispiel Szenen von Ikkis Verzweiflung über seine kinderlose Ehefrau und über seinen Sadomasochismus, der ihm nur erlaubt, durch das Schmerzen zugefügt bekommen, von einer anderen, scheinbar unerreichbaren Macht Befriedigung zu erlangen oder auch den Subplot um den jungen Soldaten, welcher an seinem eigenen Fanatismus zu Grunde geht.
Doch Yoshida zwingt dem Zuschauer dieses Drama nicht auf, sondern behandelt es artifiziell und manchmal auch etwas prätentiös. Bewegend wird der Film für all jene sein, die keine plakative Darstellung von Emotionen und Materialschlachten brauchen um berührt zu werden, sondern die auch von einer tragischen Situation an sich bewegt werden können, selbst wenn der Regisseur sie nicht plakativ überbetont. Für die wird sich Coup D` Etat als ein „sehr guter“ Film erweisen, während er für viele Andere sicher nur das Produkt eines faszinierenden, aber unzugänglichen Regisseur darstellen wird.
Übrigens: Der Film war im Jahr 1973 Japans offizielle Einsendung für den Oscar in der Kategorie „bester fremdsprachiger Film“, doch kam nicht auf die Nominierungsliste. Eine weitere, leider verpasste Chance Yoshishige Yoshida einem westlichen Publikum bekannt zu machen.
Fazit:
Aufgrund seines formal sehr strengen und ungewöhnlichen Stils und der Reduzierung der Handlung auf das subjektive Seelenleben des japanischen Nationalisten Ikki Kita wird der Film für viele ein unzugängliches und unterkühltes Werk darstellen, während er für einige Andere seine ganze Subversivität und Tragik enthüllen kann, welche sorgsam mit der artifiziellen Bildersprache verbunden ist.
Erstveröffentlichung auf "zelluloid.de" am 17. 03. 2013
Zweitveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 03. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Dies ist einerseits ein weiterer Beweis für die Willkür mit welcher japanische Filme im Westen noch immer „entdeckt werden“, und solche großen Regisseure wie Hiroshi Shimizu oder Keisuke Kinoshita sträflich übersehen hat, aber andererseits hat es in Yoshishige Yoshidas Fall sicher auch seine Gründe. Das Problem lässt sich so ausdrücken. Wenn Yasuzo Masumuras Filme, welche blendende Unterhaltung mit aggressiver Sozialkritik vermischten, die zugänglichsten aller generell recht unzugänglichen New-Wave-Werke waren, so sind Yoshidas Filme die sperrigsten und experimentellsten.
Die Spezialität seiner radikalen und sehr politischen Arthouse-Filme war es Zeitebenen zu verschieben, herkömmliche Erzählstrukturen außer Kraft zu setzen und dem Zuschauer nebenbei noch ein sehr großes Grundwissen an japanischer Geschichte abzuverlangen. In dieser Hinsicht stellt Coup D'Etat, der dritte Teil seine lose verknüpften „Sex und Politik“-Trilogie (die anderen beiden Teile sind „Heroic Purgatory“ und sein bekanntester Film „Eros and Massacre“), einen seiner zugänglicheren Filme dar.
Obwohl auch dieser durchaus als sehr komplex zu beschreiben ist, stellt er doch aufgrund seiner relativ linearen Filmstruktur einen guten Einstiegspunkt in das Werk des hochinteressanten Regisseurs dar.
Story:
Beeinflusst von den nationalistischen Theorien seines Bruders, ermordet Arashi Heigo (Kazunaga Tsuji) den leitenden Geschäftsführer eines großen Unternehmens und begeht anschließend Selbstmord. Als Kita Ikki (Rentaro Mikuni), ein revolutionärer, sozialistischer Schriftsteller und radikaler Systemkritiker, die blutige Kleidung seines Bruder erhält, fühlt er sich zu gleich eigentümlich verstört, aber auch inspiriert von der Tat. Immer auf der Hut vor der Geheimpolizei des japanischen Reiches versucht er nun mit aller Macht seinen geplanten Staatsreich voranzutreiben, welcher Japan zu einem nationalistischen Einheitsstaat machen soll. Doch dabei sind ihm auch private Probleme im Weg. Seine Frau Suzu (Yasuyo Matsumura) bleibt kinderlos, ein besessener junger Soldat (Yasuo Miyake) bettelt ihn um seine Führung an und zu allem Überfluss scheint auch der aus China adoptierter Sohn sich immer mehr in die Richtung Kitas, welcher sadomasochistische Tendenzen pflegt, zu entwickeln...
Kritik:
Ikki Kita war ein radikaler Nationalist und Sozialist, der seine oft faschistischen Theorien über die unbedingte Dringlichkeit, Japan zu einem imperialistischen und nationalistischen Staat zu machen, in diversen Schriften festhielt, welche einen großen Einfluss auf das damalige japanische Militär hatten.
Sie führten nicht zuletzt zum sogenannten Februarputsch von 1936, in welchem Angehörige der kaiserlichen Armee das Parlament besetzten und mehrere führende Politiker töteten, die ihrer Meinung nach die japanische Eroberung Asiens nicht aggressiv genug vorantrieben.
Der Aufstand schlug fehl und Kita wurde hingerichtet, doch mit seiner radikalen Ideologie legte er einen Grundstein für den Wandel Japans zur nationalistischen Expansionsmacht, welche im zweiten Weltkrieg an der Seite von Nazideutschland kämpfen sollte.
Eine höchst polarisierende Persönlichkeit also, die in jedem deutschen Film zur unreflektiert herumschreienden Karikatur verkommen würde. Doch Yoshida wäre kein ambitionierter New-Wave-Regisseur, wenn er nur eine normale Filmbiografie hätte drehen wollen.
Stattdessen blendet er beinahe alle historisch wichtigen Geschehnisse, bis hin zum bezeichnenden Februarputsch, einfach aus. Nur in kurzen Ausschnitten sehen wir Szenen des Putsches und andere Konsequenzen von Kita Taten, stattdessen bleibt der Film ganz auf seiner Hauptfigur des Ikki Kita konzentriert. Meist befinden wir uns bei ihm zu Hause und wohnen seinem Seelenleben bei, beobachten seine Zweifel, die Versuche an seinen Sohn, der grundlos Tiere zu töten beginnt, heranzukommen und den Kampf gegen seinen eigenen Sadomasochismus.
Es ist bemerkenswert wie unaufgeregt und unvoreingenommen Yoshida mit einer solchen Figur umgeht. Er scheint nicht daran interessiert didaktisch über die Taten des Mannes zu urteilen oder eine moralische Wertung vorzunehmen, wie jeder schlechtere Regisseur es getan hätte, sondern konzentriert sich ganz auf den Menschen Ikki Kita.
Verkörpert wird dieser zurückhaltend, aber sehr eindringlich von Rentaro Mikuni, einem gefeierten Star aus Filmen wie Kon Ichikawas „die Harfe von Burma“. Das heißt aber keinesfalls, dass Yoshida keine Stellung beziehen würde, er macht dies nur sehr subversiv. Zum Beispiel in Szenen in welchen Kita versucht seinen Sohn zu erreichen und ihm seine Ideologie beibringen will, wobei er sich selbst geradezu ins Ekstase redet, während er sich letztendlich nur für seinen eigenen Belange interessiert und die Gefühlslage seines Sohnes überhaupt nicht wahrnimmt. Das Bild eines unnahbaren Mannes wird gezeichnet, welcher von seiner Ideologie geblendet, nur noch in seiner eigenen Welt lebt.
Dieses Porträt bettet Yoshida in einen formal so strengen wie faszinierenden Stil ein. Jeder Gegenstand, jede Textur scheint genau platziert, jeder Kamerawinkel genau durchdacht worden sein und die Belichtung des S/W-Films spielt mit extremen Kontrasten.
Selten ist eine Szenerie voll ausgeleuchtet, oft sind einige Teile des Bildes geradezu überbeleuchtet, während andere Bildabschnitte nahezu im Dunkeln liegen. Die Kamera des unterdurchschnittlich aktiven Motokichi Hasegawa filmt aus extremen Winkeln oftmals an scheinbar endlos langen Mauern entlang, um dann plötzlich einer folgenden Szene auf extreme Nahaufnahmen überzuschwenken und die Szenerie oftmals sogar durch Gegenstände, wie einen Ventilator, aufzunehmen. Einerseits erscheint dieser Stil, welcher alles sehr sauber und glatt abfilmt minimalistisch und reduziert, andererseits scheint er gerade wegen seiner Ungewöhnlichkeit auf die volle Überwältigung der Sinne ausgerichtet.
Mit dieser charakteristisch expressionistischen Bildersprache erschafft Yoshida einen eigenen Mikrokosmos innerhalb seines Films, welcher das subjektive Seelenleben seines Protagonisten veranschaulicht. Unterstützt wird er dabei perfekt vom Score des Komponisten Sei Ichiyanagi, der mit seinen dissonanten und experimentellen Synthesizer-Soundtrack zugleich verstört, sowie den Zuschauer mit hypnotischer Präzision in den Film hineinzieht. Doch bei all der Faszination, welche dieser Stil auslöst, so erscheint er auch sperrig und sehr unterkühlt.
Dies macht den Film überaus anstrengend, wobei Yoshida die Zugänglichkeit durch seine unkonventionelle Herangehensweise mit seinen vielen Meta-Dialogen und wenig Action noch zusätzlich erschwert. Man braucht Geduld und volle Konzentrationsfähigkeit um den Film genießen zu können, dann entkräftigt sich auch das Argument der emotionalen Kälte.
Einem so genauen und zugleich individuellen Techniker wie Yoshishige Yoshida kann man leicht eine vermeintliche Kälte und leblose Stimmung seiner Filme vorwerfen, doch Coup D'Etat ist sogar sehr emotional, wie zum Beispiel Szenen von Ikkis Verzweiflung über seine kinderlose Ehefrau und über seinen Sadomasochismus, der ihm nur erlaubt, durch das Schmerzen zugefügt bekommen, von einer anderen, scheinbar unerreichbaren Macht Befriedigung zu erlangen oder auch den Subplot um den jungen Soldaten, welcher an seinem eigenen Fanatismus zu Grunde geht.
Doch Yoshida zwingt dem Zuschauer dieses Drama nicht auf, sondern behandelt es artifiziell und manchmal auch etwas prätentiös. Bewegend wird der Film für all jene sein, die keine plakative Darstellung von Emotionen und Materialschlachten brauchen um berührt zu werden, sondern die auch von einer tragischen Situation an sich bewegt werden können, selbst wenn der Regisseur sie nicht plakativ überbetont. Für die wird sich Coup D` Etat als ein „sehr guter“ Film erweisen, während er für viele Andere sicher nur das Produkt eines faszinierenden, aber unzugänglichen Regisseur darstellen wird.
Übrigens: Der Film war im Jahr 1973 Japans offizielle Einsendung für den Oscar in der Kategorie „bester fremdsprachiger Film“, doch kam nicht auf die Nominierungsliste. Eine weitere, leider verpasste Chance Yoshishige Yoshida einem westlichen Publikum bekannt zu machen.
Fazit:
Aufgrund seines formal sehr strengen und ungewöhnlichen Stils und der Reduzierung der Handlung auf das subjektive Seelenleben des japanischen Nationalisten Ikki Kita wird der Film für viele ein unzugängliches und unterkühltes Werk darstellen, während er für einige Andere seine ganze Subversivität und Tragik enthüllen kann, welche sorgsam mit der artifiziellen Bildersprache verbunden ist.
Erstveröffentlichung auf "zelluloid.de" am 17. 03. 2013
Zweitveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 03. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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