Duel of Blood and Sand (1963)
Ein Film von Sadatsugu Matsuda
Bewertung: 8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Chi to suna no ketto Genre: Jidai-geki, Toei Jidai-geki, Zankoku Jidai-geki Regie: Sadatsugu Matsuda Darsteller: Ryutaro Otomo (Gentaro Matsudaira), Jushiro Konoe (Ichibe Onizuka), Satomi Oka (Nana), Choichiro Karawasaki (Sasuke), Kamatari Fujiwara (Fujiheihei) Miyuki Sasa, Kinji Nakamura (Kashichi), Keiko Ogasawara (Osan), Toyo Takahashi (Okuma), Hideo Hongo (Kankichi) Gesamten Cast anzeigen... Drehbuch: Michihei Muramatsu Kamera: Nagaki Yamagishi Musik: Hajime Kaburagi Toei Company, 91 Minuten, S/W |
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In den 1950er Jahren war die Toei Company als "Das Königreich des Historienfilms" bekannt. Toei spezialisierte sich auf die Produktion von kleinbudgetierten Jidai-geki, die mit altbekannten Nacherzählungen populärer Heldengeschichten, zahlreichen großen Stars und einem Schuß Romantik und Komödie populäre Unterhaltung für die ganze Familie boten.
Doch in den 1960er Jahren begann Toeis selbsterklärtes Königreich ins Wanken zu geraten. Die Zeiten hatten sich geändert. Studentenproteste erschütterten Japan, extremistische Terrorgruppen traten ins Licht der Öffentlichkeit und die enthusiastische Periode des Aufbaus in den 1950er Jahren war einer Atmosphäre der politischen Agitation gewichen.
Auch das Fernsehen begann sich langsam in Japan durchzusetzen, so dass die realitätsfernen und trivialen Filme der Toei immer weniger passend für die Veröffentlichung auf der großen Leinwand erschienen. Toeis Reaktion war die Produktion einiger sogenannter Zankoku jidai-geki, "grausamer Historienfilme", nach dem Vorbild des zutiefst düsteren Meilensteins "Harakiri" (Seppuku, 1962).
Gefilmt in stark kontrastiertem Schwarzweiss boten diese Filme dem Zuschauer nicht nur einen kritischen Diskurs mit dem Bushido, dem archaischen Kodus der Samurai, sondern auch graphisches Heraustellen der Gewalt, die so im Fernsehen nicht gezeigt werden konnte.
Ein Großteil der Zankoku jidai-geki waren dabei Shudan koso jidai-geki, "kollektiver Kampf-Jidai-geki", die, basierend auf Akira Kurosawas legendärem "Seven Samurai" (Shichinin no samurai, 1954), den Kampf einer kleinen Gruppe gegen eine Übermacht an grausamen Samurai oder Banditen ins Zentrum stellten.
Selbst ein Regisseur wie Sadatsugu Matsuda, der mit seinen unzähligen trivialen Toei Jidai-geki der finanziell erfolgreichste Filmemacher der 1950er Jahre wurde, konnte sich der Popularität dieser neuen Art von düsteren Jidai-geki nicht lange entziehen. Sein "Duel of Blood and Sand" gehört zu den Vorzeigebeispielen von Toeis Shudan koso jidai-geki, die das "Das Königreich des Historienfilms" für eine kurze Zeit in eine Ära der Renaissance geleiteten.
Story:
Weil er sich von seinem Clan hintergangen fühlt, verlässt Yajuro Inaba (Ryutaro Otomo) seinen Posten als Samurai in den Rängen eines mächtigen Lords. Wutentbrannt schickt ihm der Lord vier seiner besten Samurai, darunter auch Yajuros engen Vertrauten Ichibe (Jushiro Konoe) hinterher, die den frisch-gewordenen Ronin töten sollen. Auf seiner Flucht gerät Yajuro in ein kleines Dorf, welches von einer Horde grausamer Banditen terrorisiert wird. Als Yajuro den betrunken Banditen Katsumaki (Kei Sato) tötet, um die Dorfhure Nana (Satomi Oka) vor einer Vergewaltigung zu bewahren, reagieren die Dorfbewohner nicht mit Dank, sondern mit Furcht und Argwohn. Doch Yajuro hat bereits eine Entscheidung gefasst: Er wird die Dorfbewohner zu einer Armee ausbilden, die den Angriffen der Banditen standhalten kann...
Kritik:
Obwohl düstere Jidai-geki ein höchst ungewöhnliches Feld für die Toei darstellten, war ihre Produktion auch mit einer großen Motivation verbunden. Mit dem Karriereende vor Augen steckten alle Schauspieler und Regisseure deutlich mehr Mühe in ihre Arbeit, was meist für exzellente Performances und technisch überdurchschnittliche Filme sorgte.
Dies gilt auch für Ryutaro Otomo, einem eher mittelmäßigen Darsteller, der in den 1950er Jahren für seine Verkörperung des einäugigen, einarmigen Ronin Tange Sazen in fünf Toei-Filmen berühmt geworden war. Als Yajuro Inaba gibt er eine seiner intensivsten Leistungen und glänzt mit seiner eindrucksvollen Statur und energetischem Spiel.
In seiner Handlung wandelt "Duel of Blood and Sand" ganz auf den Spuren von "Seven Samurai". In Zentrum ein einsamer Ronin, der den unterdrückten Bauern in ihrem Kampf gegen eine Horde brutaler Banditen zur Seite steht. Doch Drehbuchautor Michihei Muramatsu erhöht die Herausforderung für unseren Helden, indem ihm nicht nur die Banditen, sondern auch vier professionell ausgebildete Samurai nach dem Leben trachten.
Im Kontrast zu den sieben Ronin in "Die Sieben Samurai", denen Akira Kurosawa den Titel des Samurai aufgrund ihrer Ehrenhaftigkeit verleiht, sind die Samurai in "Duel of Blood and Sand" jedoch weitaus weniger tugendhaft. Um Yajuro aus seinem Versteck im Dorf herauszulocken, erklären sie sich sogar bereit, mit den Banditen zusammenzuarbeiten und das Dorf in Elend zu stürzen.
Zumindest Jushiro Konoes pflichtbewusster Anführer der Samurai muss sich dabei einem Giri-Ninjo-Konflikt, dem Konflikt zwischen seinen Pflichten als Samurai ("Giri") und seinen menschlichen Gefühlen ("Ninjo"), die er für seinen engen Freund Yajuro hegt, stellen. Er schafft es nicht, hinter die krude Ideologie der Samurai zu blicken und gehorcht letzten Endes dem grausamen Befehl seines Lords.
Die Lage scheint schließlich hoffnungslos. Die vier Samurai jagen Yajuro, die Banditen bereiten sich auf den Angriff vor und selbst die Bauern erweisen sich als ein erbärmlicher Haufen paranoider Feiglinge, deren Mob-Mentalität sich schließlich sogar gegen die Dorfhure Nana richtet, die sich heimlich in Yajuro verliebt hat.
Dann aber serviert Sadatsugu Matsuda einen cleveren Plot-Twist, den der Zuschauer am besten selbst erleben sollte. Nur soviel sei gesagt: Yajuro gelingt es mit einem gut kakulierten Schachzug die Fronten zu verschieben, was schließlich in einem epischen Showdown mit Verlusten auf allen Seiten mündet.
Stilistisch profitiert "Duel of Blood and Sand" von der düsteren Kinematographie des exzellenten Toei-Kameramanns Nagaki Yamagishi. Die stark kontrastierten S/W-Aufnahmen entstammen dabei ganz dem visuellen Muster der Zankoku jidai-geki.
Doch die prächtigen Widescreen-Aufnahmen von Wüstenlandschaften und den menschenleeren Hauptstraßen des Dorfes könnten genauso gut einem Italo-Western entstammen. Die Anleihen beim Italo-Western reichen dabei bis zum Soundtrack, der mit einer klassischen Fanfare beginnt und dann in dem wunderbaren "Twäääng" einer Flamenco-Gitarre mündet.
Letztendlich ist "Duel of Blood and Sand" kein regimekritisches Meisterwerk, welches den Ethos der Samurai mit individualistischen Ideen zu Grabe trägt, sondern nicht mehr oder weniger als ein hervorragender Unterhaltungsfilm. Die Spannung wird von der ersten bis zur letzten Minute aufrechterhalten und mit seiner Umkehrung der Plotmechanismen des Shudan koro jidai-geki wirkt "Duel of Blood and Sand" machmal fast zu intelligent für sein B-Film-Format.
Für den Veteranen Sadatsugu Matsuda sollte es eine seiner letzten Arbeiten als Regisseur sein. Nach mehr als 35 Jahren im Geschäft entschied er sich lieber den Ruhestand zu genießen, als Teil dieser neuen Produktionsweise von Jidai-geki zu werden. "Duel of Blood and Sand" mag nicht sein typischster Film gewesen sein, doch er stellt im Oeuvre dieses kompetenten Handwerkers zweifellos einen Höhepunkt dar.
Fazit:
"Duel of Blood and Sand" ist augenscheinlich ein generischer "Seven Samurai"-Klon, der sich jedoch mit seiner cleveren Umkehrung der Rollenverhältnisse eines Jidai-geki, motivierten Darstellern und spannender Handlung zu einem kleinen Juwel des frühen Zankoku jidai-geki aufschwingt.
8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 22. 03. 2015Geschrieben von Pablo Knote
Zweitveröffentlichung als englischsprachige Version dieser Kritik auf easternkicks.com am 13.04.2015
Geschrieben von Pablo Knote
In den 1950er Jahren war die Toei Company als "Das Königreich des Historienfilms" bekannt. Toei spezialisierte sich auf die Produktion von kleinbudgetierten Jidai-geki, die mit altbekannten Nacherzählungen populärer Heldengeschichten, zahlreichen großen Stars und einem Schuß Romantik und Komödie populäre Unterhaltung für die ganze Familie boten.
Doch in den 1960er Jahren begann Toeis selbsterklärtes Königreich ins Wanken zu geraten. Die Zeiten hatten sich geändert. Studentenproteste erschütterten Japan, extremistische Terrorgruppen traten ins Licht der Öffentlichkeit und die enthusiastische Periode des Aufbaus in den 1950er Jahren war einer Atmosphäre der politischen Agitation gewichen.
Auch das Fernsehen begann sich langsam in Japan durchzusetzen, so dass die realitätsfernen und trivialen Filme der Toei immer weniger passend für die Veröffentlichung auf der großen Leinwand erschienen. Toeis Reaktion war die Produktion einiger sogenannter Zankoku jidai-geki, "grausamer Historienfilme", nach dem Vorbild des zutiefst düsteren Meilensteins "Harakiri" (Seppuku, 1962).
Gefilmt in stark kontrastiertem Schwarzweiss boten diese Filme dem Zuschauer nicht nur einen kritischen Diskurs mit dem Bushido, dem archaischen Kodus der Samurai, sondern auch graphisches Heraustellen der Gewalt, die so im Fernsehen nicht gezeigt werden konnte.
Ein Großteil der Zankoku jidai-geki waren dabei Shudan koso jidai-geki, "kollektiver Kampf-Jidai-geki", die, basierend auf Akira Kurosawas legendärem "Seven Samurai" (Shichinin no samurai, 1954), den Kampf einer kleinen Gruppe gegen eine Übermacht an grausamen Samurai oder Banditen ins Zentrum stellten.
Selbst ein Regisseur wie Sadatsugu Matsuda, der mit seinen unzähligen trivialen Toei Jidai-geki der finanziell erfolgreichste Filmemacher der 1950er Jahre wurde, konnte sich der Popularität dieser neuen Art von düsteren Jidai-geki nicht lange entziehen. Sein "Duel of Blood and Sand" gehört zu den Vorzeigebeispielen von Toeis Shudan koso jidai-geki, die das "Das Königreich des Historienfilms" für eine kurze Zeit in eine Ära der Renaissance geleiteten.
Story:
Weil er sich von seinem Clan hintergangen fühlt, verlässt Yajuro Inaba (Ryutaro Otomo) seinen Posten als Samurai in den Rängen eines mächtigen Lords. Wutentbrannt schickt ihm der Lord vier seiner besten Samurai, darunter auch Yajuros engen Vertrauten Ichibe (Jushiro Konoe) hinterher, die den frisch-gewordenen Ronin töten sollen. Auf seiner Flucht gerät Yajuro in ein kleines Dorf, welches von einer Horde grausamer Banditen terrorisiert wird. Als Yajuro den betrunken Banditen Katsumaki (Kei Sato) tötet, um die Dorfhure Nana (Satomi Oka) vor einer Vergewaltigung zu bewahren, reagieren die Dorfbewohner nicht mit Dank, sondern mit Furcht und Argwohn. Doch Yajuro hat bereits eine Entscheidung gefasst: Er wird die Dorfbewohner zu einer Armee ausbilden, die den Angriffen der Banditen standhalten kann...
Kritik:
Obwohl düstere Jidai-geki ein höchst ungewöhnliches Feld für die Toei darstellten, war ihre Produktion auch mit einer großen Motivation verbunden. Mit dem Karriereende vor Augen steckten alle Schauspieler und Regisseure deutlich mehr Mühe in ihre Arbeit, was meist für exzellente Performances und technisch überdurchschnittliche Filme sorgte.
Dies gilt auch für Ryutaro Otomo, einem eher mittelmäßigen Darsteller, der in den 1950er Jahren für seine Verkörperung des einäugigen, einarmigen Ronin Tange Sazen in fünf Toei-Filmen berühmt geworden war. Als Yajuro Inaba gibt er eine seiner intensivsten Leistungen und glänzt mit seiner eindrucksvollen Statur und energetischem Spiel.
In seiner Handlung wandelt "Duel of Blood and Sand" ganz auf den Spuren von "Seven Samurai". In Zentrum ein einsamer Ronin, der den unterdrückten Bauern in ihrem Kampf gegen eine Horde brutaler Banditen zur Seite steht. Doch Drehbuchautor Michihei Muramatsu erhöht die Herausforderung für unseren Helden, indem ihm nicht nur die Banditen, sondern auch vier professionell ausgebildete Samurai nach dem Leben trachten.
Im Kontrast zu den sieben Ronin in "Die Sieben Samurai", denen Akira Kurosawa den Titel des Samurai aufgrund ihrer Ehrenhaftigkeit verleiht, sind die Samurai in "Duel of Blood and Sand" jedoch weitaus weniger tugendhaft. Um Yajuro aus seinem Versteck im Dorf herauszulocken, erklären sie sich sogar bereit, mit den Banditen zusammenzuarbeiten und das Dorf in Elend zu stürzen.
Zumindest Jushiro Konoes pflichtbewusster Anführer der Samurai muss sich dabei einem Giri-Ninjo-Konflikt, dem Konflikt zwischen seinen Pflichten als Samurai ("Giri") und seinen menschlichen Gefühlen ("Ninjo"), die er für seinen engen Freund Yajuro hegt, stellen. Er schafft es nicht, hinter die krude Ideologie der Samurai zu blicken und gehorcht letzten Endes dem grausamen Befehl seines Lords.
Die Lage scheint schließlich hoffnungslos. Die vier Samurai jagen Yajuro, die Banditen bereiten sich auf den Angriff vor und selbst die Bauern erweisen sich als ein erbärmlicher Haufen paranoider Feiglinge, deren Mob-Mentalität sich schließlich sogar gegen die Dorfhure Nana richtet, die sich heimlich in Yajuro verliebt hat.
Dann aber serviert Sadatsugu Matsuda einen cleveren Plot-Twist, den der Zuschauer am besten selbst erleben sollte. Nur soviel sei gesagt: Yajuro gelingt es mit einem gut kakulierten Schachzug die Fronten zu verschieben, was schließlich in einem epischen Showdown mit Verlusten auf allen Seiten mündet.
Stilistisch profitiert "Duel of Blood and Sand" von der düsteren Kinematographie des exzellenten Toei-Kameramanns Nagaki Yamagishi. Die stark kontrastierten S/W-Aufnahmen entstammen dabei ganz dem visuellen Muster der Zankoku jidai-geki.
Doch die prächtigen Widescreen-Aufnahmen von Wüstenlandschaften und den menschenleeren Hauptstraßen des Dorfes könnten genauso gut einem Italo-Western entstammen. Die Anleihen beim Italo-Western reichen dabei bis zum Soundtrack, der mit einer klassischen Fanfare beginnt und dann in dem wunderbaren "Twäääng" einer Flamenco-Gitarre mündet.
Letztendlich ist "Duel of Blood and Sand" kein regimekritisches Meisterwerk, welches den Ethos der Samurai mit individualistischen Ideen zu Grabe trägt, sondern nicht mehr oder weniger als ein hervorragender Unterhaltungsfilm. Die Spannung wird von der ersten bis zur letzten Minute aufrechterhalten und mit seiner Umkehrung der Plotmechanismen des Shudan koro jidai-geki wirkt "Duel of Blood and Sand" machmal fast zu intelligent für sein B-Film-Format.
Für den Veteranen Sadatsugu Matsuda sollte es eine seiner letzten Arbeiten als Regisseur sein. Nach mehr als 35 Jahren im Geschäft entschied er sich lieber den Ruhestand zu genießen, als Teil dieser neuen Produktionsweise von Jidai-geki zu werden. "Duel of Blood and Sand" mag nicht sein typischster Film gewesen sein, doch er stellt im Oeuvre dieses kompetenten Handwerkers zweifellos einen Höhepunkt dar.
Fazit:
"Duel of Blood and Sand" ist augenscheinlich ein generischer "Seven Samurai"-Klon, der sich jedoch mit seiner cleveren Umkehrung der Rollenverhältnisse eines Jidai-geki, motivierten Darstellern und spannender Handlung zu einem kleinen Juwel des frühen Zankoku jidai-geki aufschwingt.
8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 22. 03. 2015Geschrieben von Pablo Knote
Zweitveröffentlichung als englischsprachige Version dieser Kritik auf easternkicks.com am 13.04.2015
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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