Samurai Vendetta (1959)
Ein Film von Kazuo Mori
Bewertung: 7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Hakuoki
Genre: Jidai-geki, Chambara
Regie: Kazuo Mori
Darsteller: Raizo Ichikawa (Tange Tenzen), Shintaro Katsu (Yasubei Horibe/Nakayama), Chitose Maki (Chiharu), Ryosuke Kagawa, Saburo Date, Reiko Fujiwara, Tokiko Mita, Fujio Suga
Drehbuch: Daisuke Ito (Buch: Kosuke Gomi)
Kamera: Shozo Honda
Musik: Ichiro Saito
Daiei Studios, 109 Minuten, Color
Hakuoki
Genre: Jidai-geki, Chambara
Regie: Kazuo Mori
Darsteller: Raizo Ichikawa (Tange Tenzen), Shintaro Katsu (Yasubei Horibe/Nakayama), Chitose Maki (Chiharu), Ryosuke Kagawa, Saburo Date, Reiko Fujiwara, Tokiko Mita, Fujio Suga
Drehbuch: Daisuke Ito (Buch: Kosuke Gomi)
Kamera: Shozo Honda
Musik: Ichiro Saito
Daiei Studios, 109 Minuten, Color
Während „Samurai Vendetta“ auf den ersten Blick nur wie ein weiterer Film im Kanon der typisch qualitativ hochwertigen Jidai-geki der späten 1950er Jahre, wie sie die Daiei-Studios am Fließband produzierten, erscheint, ist seine Bedeutung für die Zukunft des gesamten Genres des japanischen Historienfilms nicht zu unterschätzen.
Der zum Zeitpunkt 28-jährige Jungdarsteller Shintaro Katsu feierte mit diesem Film seinen Durchbruch zum Darsteller von heroischen Hauptcharakteren und markierte damit den ersten Wendepunkt hin zu einer beispiellosen Karriere, in deren Verlauf er mit seiner Darstellung von Underdog-Charakteren, allen voran natürlich Zatoichi in der gleichnamigen Reihe, zu einem der wichtigsten Schauspieler des Chambara eiga („ Schwertkampf-Film“) aufsteigen sollte.
Neben ihm spielt Raizo Ichikawa, der zwar zur selben Zeit wie Katsu den Daiei-Studios beitrat, aber im Gegensatz zu ihm gleich von Anfang an ein großer Star und eine Legende im Chambara-Himmel wurde, während sich Shintaro Katsu vor allem mit Nebenrollen begnügen musste.
Als gleichwertiger Co-Star von Raizo nutzte er dann auch die Chance, die sich ihm bot und gab eine Performance, die ihm nicht nur eine neue Horde begeisterter Fans einbrachte, sondern auch die Daiei-Studios in ihrem Eindruck verstärkte, dass in dem jungen Darsteller doch ein gewisses Potential für Hauptrollen stecken könnte.
Und auch wenn Katsus Rolle noch wenig von seinem unnachahmlich rebellischen Charme vorwegnimmt und nicht wirklich zu seinem späteren Rollenprofil passt, so stellt sie doch einen bedeutenden Schritt zu Katsus Legendenwerdung dar, welche aus dem brillanten Darsteller einen der größten Stars des Jidai-geki machen sollte.
Story:
Das Jahr 1701: Während sich die rachsüchtigen 47 Ronin auf dem Weg zum Anwesen ihres Erzfeindes Kira befinden, erinnert sich eines ihrer Mitglieder, Yasubei Nakayama (Shintaro Katsu), an seine folgenschwere Begegnung mit dem Ronin Tange Tenzen (Raizo Ichikawa). Einige Jahre zuvor hatte der junge Inspektor des Shogunats dem damals noch als Yasubei Horibe bekannten Samurai den Weg zur dem Örtchen Takadanobaba gezeigt, wo Horibes Onkel und seine Getreuen, Mitglieder der Horiguchi-Itto-Schule, sich gerade ein Duell mit den berüchtigten Murakami-Brüdern, Mitgliedern der Chishu Shinden, lieferten. Dank Horibes Eintreffen konnte die Horiguchi Itto-Schule den Kampf für sich entscheiden, doch dieser Sieg erweist sich als fatal für Tange Tenzen, der ebenfalls ein Mitglied der Chishu Shinden-Schule ist. Da er in der Menge gesehen wird, wird er der Schule verwiesen und die Mitglieder der Chishu Shinden-Schule, wütend über den vermeintliche Verrat ihres Dojo-Bruders, sinnen auf Rache. Zwar können sie mit Waffengewalt nichts gegen die überragenden Schwertkünste Tange Tenzens ausrichten, doch sie betäuben und vergewaltigen dafür Tenzens Frau Chiharu (Chitose Maki). Während Tange Tenzen nun versucht, seinerseits Rache an den Peinigern seiner Frau zu üben, entdeckt Horibe plötzlich, dass er heimlich in Chiharu verliebt ist. Durch diese verhängnisvolle Situation wird die intuitive Freundschaft der beiden Ehrenmänner Tange Tenzen und Yasubei Horibe auf eine harte Probe gestellt.
Kritik:
Wie viele Jidai-geki der goldenen Ära des japanischen Films ist auch die Handlung von „Samurai Vendetta“ tief in der japanischen Geschichte verwurzelt. Die Handlung spielt vor dem Hintergrund des historischen Anschlages der 47 Ronin (Chushingura), die, um den Tod ihres Lords zu rächen, das Anwesen des Lord Kira angriffen, diesen töteten und anschließend gemeinsam Harakiri, den „ehrenvollen“ Selbstmord der Samurai, begingen.
Während die 47 Ronin sich also auf dem Weg zum Haus des intriganten Kira befinden, sinniert einer von ihnen, Shintaro Katsus Filmfigur Yasubei Horibe, über seine schicksalhafte Begegnung mit dem Samurai Tange Tenzen nach, dessen Leben und Niedergang den zentralen Angelpunkt der Handlung des Films darstellen.
Wie das ihn umgebende Ereignis der Chushingura ist auch Yasubei Horibe eine historische Figur und sein Duell am Anfang des Films war ein als „Duell bei Takadanobaba“ (Takadanobaba Ketto, 1694) bekanntes, real stattfindendes Ereignis. Der zentrale Charakter des Tange Tenzen hingegen scheint eine Erfindung des Autors der Buchvorlage Kosuke Gomi gewesen zu sein und ist deutlich ersichtlich an der populären Figur des einarmigen, einäugigen Ronin Tange Sazen angelehnt.
Der Marsch des treuen Ako-Clan-Vasallen Yasubei Horibe bildet im Film einen überaus effektiven Aufhänger für den Plot, da dessen Erinnerungen vor dem Hintergrund des blutigen Racheakts und des tragischen Todes der 47 Ronin eine fatalistische Poesie und einen melancholischen Pathos entfalten, welcher sich auch auf die Atmosphäre des restlichen Films überträgt.
Denn während die Chushingura den Rahmen bildet, ist der primäre Antrieb der Handlung ebenfalls Rache, welche mit ihren verhängnisvollen Folgen das Schicksal unserer Hauptfiguren besiegelt. Im Zentrum steht hierbei ein Liebesdreieck zwischen Yasubei Horibe, seiner großen Liebe Chiharu und deren Ehemann Tange Tenzen.
Die komplexe und dichte Handlung, die sich aus diesem Wirrwarr aus tragischer Rache und unerwiderter Liebe ergibt, erfordert die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers und stammt aus der Feder von niemand geringerem als
Daisuke Ito, der oft als Schöpfer des Jidai-geki bezeichnet wird.
Gerade in Anbetracht dieser historischen Dichte erscheint die Veröffentlichung von „Samurai Vendetta“ im westlichen Raum durch das DVD-Label "Animeigo" merkwürdig, da ein gewisses historisches Grundwissen der japanischen Geschichte obligatorisch ist, welches den meisten Westlern fehlt. Zwar werden obskurere Zusammenhänge (etwa der Sub-Plot um den „Hunde-Shogun“ Tsunayoshi Tokugawa) kurz erklärt, wirklich genießen kann man den Film aber erst, wenn sich einem die komplexen Zusammenhänge aus Historie und Fiktion vollends erschließen.
Stilistisch ist der Film noch näher an die visuell überbordenden und altmodischen Jidai-geki der Daiei-Studios wie The Gate of Hell, als an die düsteren und realistischeren Chambara eiga der 1960er Jahre wie etwa der Zatoichi-Reihe angelehnt. Die Handlung spielt meist auf aufwändigen, stilisierten Sets vor artifiziellen Hintergründen und expressionistischen Silhouetten, die der visuellen Komponente des Films eine psychedelische Note und eine lyrische, wenn auch dramaturgisch zwiespältige Schönheit verleihen.
Denn einerseits überhöht diese klassische Stilisierung die atypische Handlung um Rache, Ehre und Freundschaft ins Mythische, andererseits raubt diese Künstlichkeit dem Film auch etwas von seiner emotionalen Wucht. So beeindrucken etwa die Schwertkämpfe zwar mit ihrer eleganten, ballettartigen Choreographie, vermitteln aber wenig von der Tragik und Brutalität jener blutigen Rache, die der Film darzustellen versucht.
In seiner archaischen Porträtierung der weiblichen Hauptrolle schrammt der Film mit seiner Zelebrierung der Melodramatik zudem an der Eindimensionalität vorbei. Der Subplot, um Chiharus Sehnsucht nach ihrem Mann Tange Tenzen ist sentimental und der Charakter der Frau schwach und passiv gezeichnet, weshalb dem Zuschauer ein großer emotionaler Zugang zu ihrer Rolle erschwert wird.
Die durchwegs guten schauspielerischen Leistungen retten „Samurai Venedetta“ schließlich davor in dieser archaischen Sentimentalität zu ertrinken. Mit souveränem Spiel verleibt Raizo Ichikawa der Tragik seiner geschundenen Heldenfigur viel Kraft ein und verleiht dem typischen lyrischen Pathos des klassischen Jidai-geki der Daiei-Studios allein schon durch seine eindrucksvolle Präsenz ein Gesicht.
Shintaro Katsus legendäres Underdog-Charisma kommt in seiner Rolle als ehrenvoller Samurais noch nicht vollends zur Geltung, wobei er mit seinem nuancierten und vielschichtigen Spiel aber jederzeit ein würdiges Gegenüber für Raizo darstellt.
Regisseur Kazuo Mori inszeniert den Film dabei mit der Routine eines erfahrenen Handwerkers. Nur bei einer kurzen Szene, in der ein mies inszenierter Hunde-Angriff zu sehen ist (die Hunde werden sichtlich auf das Opfer geworfen und lassen keinerlei Drohgebärden erkennen), gerät er inszenatorisch kurz ins Wanken.
Ansonsten ist sein unnachahmliches Talent für das Kreieren einer dichten Atmosphäre und präzises Geschichtenerzählen aber stets zu erkennen, so dass die zahlreichen dialoglastigen Szenen selten langatmig werden und immer von jenem eigentümlichen Pathos erfüllt sind, wie ihn nur der Jidai-geki (und vielleicht sein Kompagnon der Ninkyo eiga) erschaffen kann.
„Samurai Vendetta“ mag einige Schwächen haben, er ist ein wenig zu lang, zu gesprächig und wirkt antiquiert in seiner Charakterzeichung und seiner Stilisierung, als Ganzes betrachtet stellt er aber eine durchaus „sehr sehenswerte“ Randnotiz der Jidai-geki-Geschichte dar.
Ein Film, der jenen einzigartigen Pathos des Genres erweckt und Shintaro Katsu in einer seiner frühen Paraderollen zeigt, welche jedoch nicht mehr als den Aufhänger für die großartigen Filmfiguren darstellt, die er in der Folgezeit als frischgebackener Star der Daiei-Studios erschaffen sollte.
Fazit:
„Samurai Vendetta“ ist ein inhaltlich komplexer und atmosphärischer Jidai-geki, dessen altmodische, bisweilen visuell psychedelische Machart die Kraft der pathetischen Handlung gleichzeitig verstärken und schmälern, wobei die durchwegs guten Performances der Darsteller den Film letztlich vor übermäßiger Sentimentalität bewahren.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 05. 02. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Der zum Zeitpunkt 28-jährige Jungdarsteller Shintaro Katsu feierte mit diesem Film seinen Durchbruch zum Darsteller von heroischen Hauptcharakteren und markierte damit den ersten Wendepunkt hin zu einer beispiellosen Karriere, in deren Verlauf er mit seiner Darstellung von Underdog-Charakteren, allen voran natürlich Zatoichi in der gleichnamigen Reihe, zu einem der wichtigsten Schauspieler des Chambara eiga („ Schwertkampf-Film“) aufsteigen sollte.
Neben ihm spielt Raizo Ichikawa, der zwar zur selben Zeit wie Katsu den Daiei-Studios beitrat, aber im Gegensatz zu ihm gleich von Anfang an ein großer Star und eine Legende im Chambara-Himmel wurde, während sich Shintaro Katsu vor allem mit Nebenrollen begnügen musste.
Als gleichwertiger Co-Star von Raizo nutzte er dann auch die Chance, die sich ihm bot und gab eine Performance, die ihm nicht nur eine neue Horde begeisterter Fans einbrachte, sondern auch die Daiei-Studios in ihrem Eindruck verstärkte, dass in dem jungen Darsteller doch ein gewisses Potential für Hauptrollen stecken könnte.
Und auch wenn Katsus Rolle noch wenig von seinem unnachahmlich rebellischen Charme vorwegnimmt und nicht wirklich zu seinem späteren Rollenprofil passt, so stellt sie doch einen bedeutenden Schritt zu Katsus Legendenwerdung dar, welche aus dem brillanten Darsteller einen der größten Stars des Jidai-geki machen sollte.
Story:
Das Jahr 1701: Während sich die rachsüchtigen 47 Ronin auf dem Weg zum Anwesen ihres Erzfeindes Kira befinden, erinnert sich eines ihrer Mitglieder, Yasubei Nakayama (Shintaro Katsu), an seine folgenschwere Begegnung mit dem Ronin Tange Tenzen (Raizo Ichikawa). Einige Jahre zuvor hatte der junge Inspektor des Shogunats dem damals noch als Yasubei Horibe bekannten Samurai den Weg zur dem Örtchen Takadanobaba gezeigt, wo Horibes Onkel und seine Getreuen, Mitglieder der Horiguchi-Itto-Schule, sich gerade ein Duell mit den berüchtigten Murakami-Brüdern, Mitgliedern der Chishu Shinden, lieferten. Dank Horibes Eintreffen konnte die Horiguchi Itto-Schule den Kampf für sich entscheiden, doch dieser Sieg erweist sich als fatal für Tange Tenzen, der ebenfalls ein Mitglied der Chishu Shinden-Schule ist. Da er in der Menge gesehen wird, wird er der Schule verwiesen und die Mitglieder der Chishu Shinden-Schule, wütend über den vermeintliche Verrat ihres Dojo-Bruders, sinnen auf Rache. Zwar können sie mit Waffengewalt nichts gegen die überragenden Schwertkünste Tange Tenzens ausrichten, doch sie betäuben und vergewaltigen dafür Tenzens Frau Chiharu (Chitose Maki). Während Tange Tenzen nun versucht, seinerseits Rache an den Peinigern seiner Frau zu üben, entdeckt Horibe plötzlich, dass er heimlich in Chiharu verliebt ist. Durch diese verhängnisvolle Situation wird die intuitive Freundschaft der beiden Ehrenmänner Tange Tenzen und Yasubei Horibe auf eine harte Probe gestellt.
Kritik:
Wie viele Jidai-geki der goldenen Ära des japanischen Films ist auch die Handlung von „Samurai Vendetta“ tief in der japanischen Geschichte verwurzelt. Die Handlung spielt vor dem Hintergrund des historischen Anschlages der 47 Ronin (Chushingura), die, um den Tod ihres Lords zu rächen, das Anwesen des Lord Kira angriffen, diesen töteten und anschließend gemeinsam Harakiri, den „ehrenvollen“ Selbstmord der Samurai, begingen.
Während die 47 Ronin sich also auf dem Weg zum Haus des intriganten Kira befinden, sinniert einer von ihnen, Shintaro Katsus Filmfigur Yasubei Horibe, über seine schicksalhafte Begegnung mit dem Samurai Tange Tenzen nach, dessen Leben und Niedergang den zentralen Angelpunkt der Handlung des Films darstellen.
Wie das ihn umgebende Ereignis der Chushingura ist auch Yasubei Horibe eine historische Figur und sein Duell am Anfang des Films war ein als „Duell bei Takadanobaba“ (Takadanobaba Ketto, 1694) bekanntes, real stattfindendes Ereignis. Der zentrale Charakter des Tange Tenzen hingegen scheint eine Erfindung des Autors der Buchvorlage Kosuke Gomi gewesen zu sein und ist deutlich ersichtlich an der populären Figur des einarmigen, einäugigen Ronin Tange Sazen angelehnt.
Der Marsch des treuen Ako-Clan-Vasallen Yasubei Horibe bildet im Film einen überaus effektiven Aufhänger für den Plot, da dessen Erinnerungen vor dem Hintergrund des blutigen Racheakts und des tragischen Todes der 47 Ronin eine fatalistische Poesie und einen melancholischen Pathos entfalten, welcher sich auch auf die Atmosphäre des restlichen Films überträgt.
Denn während die Chushingura den Rahmen bildet, ist der primäre Antrieb der Handlung ebenfalls Rache, welche mit ihren verhängnisvollen Folgen das Schicksal unserer Hauptfiguren besiegelt. Im Zentrum steht hierbei ein Liebesdreieck zwischen Yasubei Horibe, seiner großen Liebe Chiharu und deren Ehemann Tange Tenzen.
Die komplexe und dichte Handlung, die sich aus diesem Wirrwarr aus tragischer Rache und unerwiderter Liebe ergibt, erfordert die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers und stammt aus der Feder von niemand geringerem als
Daisuke Ito, der oft als Schöpfer des Jidai-geki bezeichnet wird.
Gerade in Anbetracht dieser historischen Dichte erscheint die Veröffentlichung von „Samurai Vendetta“ im westlichen Raum durch das DVD-Label "Animeigo" merkwürdig, da ein gewisses historisches Grundwissen der japanischen Geschichte obligatorisch ist, welches den meisten Westlern fehlt. Zwar werden obskurere Zusammenhänge (etwa der Sub-Plot um den „Hunde-Shogun“ Tsunayoshi Tokugawa) kurz erklärt, wirklich genießen kann man den Film aber erst, wenn sich einem die komplexen Zusammenhänge aus Historie und Fiktion vollends erschließen.
Stilistisch ist der Film noch näher an die visuell überbordenden und altmodischen Jidai-geki der Daiei-Studios wie The Gate of Hell, als an die düsteren und realistischeren Chambara eiga der 1960er Jahre wie etwa der Zatoichi-Reihe angelehnt. Die Handlung spielt meist auf aufwändigen, stilisierten Sets vor artifiziellen Hintergründen und expressionistischen Silhouetten, die der visuellen Komponente des Films eine psychedelische Note und eine lyrische, wenn auch dramaturgisch zwiespältige Schönheit verleihen.
Denn einerseits überhöht diese klassische Stilisierung die atypische Handlung um Rache, Ehre und Freundschaft ins Mythische, andererseits raubt diese Künstlichkeit dem Film auch etwas von seiner emotionalen Wucht. So beeindrucken etwa die Schwertkämpfe zwar mit ihrer eleganten, ballettartigen Choreographie, vermitteln aber wenig von der Tragik und Brutalität jener blutigen Rache, die der Film darzustellen versucht.
In seiner archaischen Porträtierung der weiblichen Hauptrolle schrammt der Film mit seiner Zelebrierung der Melodramatik zudem an der Eindimensionalität vorbei. Der Subplot, um Chiharus Sehnsucht nach ihrem Mann Tange Tenzen ist sentimental und der Charakter der Frau schwach und passiv gezeichnet, weshalb dem Zuschauer ein großer emotionaler Zugang zu ihrer Rolle erschwert wird.
Die durchwegs guten schauspielerischen Leistungen retten „Samurai Venedetta“ schließlich davor in dieser archaischen Sentimentalität zu ertrinken. Mit souveränem Spiel verleibt Raizo Ichikawa der Tragik seiner geschundenen Heldenfigur viel Kraft ein und verleiht dem typischen lyrischen Pathos des klassischen Jidai-geki der Daiei-Studios allein schon durch seine eindrucksvolle Präsenz ein Gesicht.
Shintaro Katsus legendäres Underdog-Charisma kommt in seiner Rolle als ehrenvoller Samurais noch nicht vollends zur Geltung, wobei er mit seinem nuancierten und vielschichtigen Spiel aber jederzeit ein würdiges Gegenüber für Raizo darstellt.
Regisseur Kazuo Mori inszeniert den Film dabei mit der Routine eines erfahrenen Handwerkers. Nur bei einer kurzen Szene, in der ein mies inszenierter Hunde-Angriff zu sehen ist (die Hunde werden sichtlich auf das Opfer geworfen und lassen keinerlei Drohgebärden erkennen), gerät er inszenatorisch kurz ins Wanken.
Ansonsten ist sein unnachahmliches Talent für das Kreieren einer dichten Atmosphäre und präzises Geschichtenerzählen aber stets zu erkennen, so dass die zahlreichen dialoglastigen Szenen selten langatmig werden und immer von jenem eigentümlichen Pathos erfüllt sind, wie ihn nur der Jidai-geki (und vielleicht sein Kompagnon der Ninkyo eiga) erschaffen kann.
„Samurai Vendetta“ mag einige Schwächen haben, er ist ein wenig zu lang, zu gesprächig und wirkt antiquiert in seiner Charakterzeichung und seiner Stilisierung, als Ganzes betrachtet stellt er aber eine durchaus „sehr sehenswerte“ Randnotiz der Jidai-geki-Geschichte dar.
Ein Film, der jenen einzigartigen Pathos des Genres erweckt und Shintaro Katsu in einer seiner frühen Paraderollen zeigt, welche jedoch nicht mehr als den Aufhänger für die großartigen Filmfiguren darstellt, die er in der Folgezeit als frischgebackener Star der Daiei-Studios erschaffen sollte.
Fazit:
„Samurai Vendetta“ ist ein inhaltlich komplexer und atmosphärischer Jidai-geki, dessen altmodische, bisweilen visuell psychedelische Machart die Kraft der pathetischen Handlung gleichzeitig verstärken und schmälern, wobei die durchwegs guten Performances der Darsteller den Film letztlich vor übermäßiger Sentimentalität bewahren.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 05. 02. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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