Snow Trail (1947)
Ein Film von Senkichi Taniguchi
Bewertung: 8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Hokuriku dairi senso
Genre: Gendai-geki, Action-Film, Bergfilm, Gendai-geki
Regie: Senkichi Taniguchi
Darsteller: Toshiro Mifune (Eijima), Takashi Shimura (Nojiro), Yoshio Kosugi (Takasugi), Akitake Kono (Honda), Setsuko Wakayama (Haruko), Kokuten Kodo (Haruko's Grandfather), Fusataro Ishijima (Shikanoyu Hotel Owner), Haruko Toyama (Maid A), Chizuko Okamura (Maid B), Toshio Kasai (Student), Ko Ishida (Student), Eisaburo Sakauchi (Investigation Chief), Taizo Fukami (Police Chief), Fumio Omachi (Detective), Kenzo Asada (Reporter), Nobumitsu Morozuki (Kiuemon), Tokubei Hanazawa (Lumberjack), Fumiyoshi Kumagawa (Lumberjack), Mitsuo Tsuda (Lumberjack)
Drehbuch: Akira Kurosawa, Senkichi Taniguchi
Kamera: Junichi Segawa
Musik: Akira Ifukube
Toho Company, 89 Minuten, S/W
Hokuriku dairi senso
Genre: Gendai-geki, Action-Film, Bergfilm, Gendai-geki
Regie: Senkichi Taniguchi
Darsteller: Toshiro Mifune (Eijima), Takashi Shimura (Nojiro), Yoshio Kosugi (Takasugi), Akitake Kono (Honda), Setsuko Wakayama (Haruko), Kokuten Kodo (Haruko's Grandfather), Fusataro Ishijima (Shikanoyu Hotel Owner), Haruko Toyama (Maid A), Chizuko Okamura (Maid B), Toshio Kasai (Student), Ko Ishida (Student), Eisaburo Sakauchi (Investigation Chief), Taizo Fukami (Police Chief), Fumio Omachi (Detective), Kenzo Asada (Reporter), Nobumitsu Morozuki (Kiuemon), Tokubei Hanazawa (Lumberjack), Fumiyoshi Kumagawa (Lumberjack), Mitsuo Tsuda (Lumberjack)
Drehbuch: Akira Kurosawa, Senkichi Taniguchi
Kamera: Junichi Segawa
Musik: Akira Ifukube
Toho Company, 89 Minuten, S/W
Bezogen auf seinen Cast ist Snow Trail gleich in mehrfacher
Hinsicht ein wichtiger Eckpfeiler in der japanischen Filmgeschichte. Nicht nur
der legendäre Toshiro Mifune, Hauptdarsteller beinahe aller Kurosawa-Filme der
1960er, spielte in diesem Film seine erste Rolle, auch der spätere
Godzilla-Komponist Akira Ifukube gab ihn dem zweiten Film des Regisseurs Senkichi Taniguchi sein Debüt. Als enger Freund von Akira Kurosawa war die frühe Karriere Taniguchis eng mit der von Kurosawa verbunden, indem letzterer den Filmen von Taniguchi mehrere Drehbücher beisteuerte.
Doch Snow Trail ist das außergewöhnlichste Ergebnis ihrer Zusammenarbeit. Ein japanischer Bergfilm in der Tradition der deutschen Genregenossen von Arnold Fanck oder Louis Trenker, angelegt auf den verschneiten Gipfeln der Kansai-Region, besser bekannt als die „japanischen Alpen“. In diesen für japanische Filme ungewöhnlichen und unwirtlichen Gefilden offenbart sich nicht nur Kurosawas charakteristischer Humanismus, sondern auch das inszenatorische Talent Senkichi Taniguchis, der wohl zu Unrecht sein Dasein im Schatten seines weltberühmten Freundes fristete.
Story:
Nach gelungenem Raubzug fliehen die drei Bankräuber Nojiro (Takashi Shimura), Eijima (Toshiro Mifune) und Takasugi (Yoshio Kosugi) vor der Polizei in die Berge der Kansei-Region. Doch die idyllische Berglandschaft erweist sich als tückisch und so kämpfen die drei unfreiwilligen Bergsteiger bald um ihr nacktes Überleben. Schließlich wird Takasugi unter einer Lawine begraben und die beiden Überlebenden retten sich halb tot in einer kleine Berghütte, welche von der bezaubernden Haruko (Setsuko Wakayama), ihrem Freund Honda (Akitake Kono) und dem Großvater (Kokuten Kodo) des Mädchens geführt wird. Ohne über die kriminelle Vergangenheit von Nojiro und Honda Bescheid zu wissen, empfangen die Inhaber der Herberge sie mit Freundlichkeit und Nojiro beginnt schon bald Freundschaft mit den Gastgebern zu schließen. Doch Eijima erweist sich schon bald als undankbar und beginnt zunehmend paranoid zu werden, insgeheim plant er den professionellen Bergsteiger Honda zu entführen und mit ihm den Heimweg über die Berge anzutreten.
Kritik:
Angefangen bei den wunderschönen Aufnahmen der majestätischen Gipfel und schneebefallenen Tannen der Berge, bis hin zu einem Schild in der Skihütte mit einer deutschen Aufschrift, in vielen Punkten mag Snow Trail wie ein typischer Bergfilm anmuten, doch er übertrifft die deutschen Genregenossen in vielen Aspekten bei weitem. Da wäre zum einen Senkichi Taniguchis Regie, der den Film jederzeit spannend und flott inszeniert und bemerkenswert viel Flair im Kreieren einer Atmosphäre beweist, besonders eindrucksvoll wenn man bedankt, dass es sich hierbei um sein Regiedebüt handelt.
Auch Kurosawas Drehbuch ist formal exzellent geskriptet und offenbart den Film als klassische Geschichte um die Möglichkeit eines Kriminellen, trotz seiner Verfehlungen aufrichtig und moralisch zu handeln – und dies im Gewand eines Bergfilms, in der die Natur nur auf den ersten Blick die größte Bedrohung darstellt. Oft wird im Zusammenhang mit Taniguchis Frühwerken von den Einflüssen amerikanischer Actionfilme auf sein Werk gesprochen, doch während dies stilistisch durchaus zutreffen mag, legt der Film deutlich mehr Wert auf seine Charaktere als es der durchschnittliche Gangsterfilm für nötig halten würde.
Anfangs ist der Film ein wenig konfus, da zu viele Nebencharaktere (z.b die Polizei) auftreten, die später keine Rolle in der Handlung mehr spielen, doch spätestens wenn die Räuber in der Berghütte antreffen, findet der Film zu seiner Meisterschaft, sowohl in einem ausgewogenen Tempo, als auch in der charakterlichen Vertiefung der verschiedenen Filmfiguren.
Nojiro, der im Beisein seiner neuen Freunde auf der Berghütte bald sein Gewissen entdeckt, wird mit dem hitzköpfigen Unmenschen Eijima kontrastiert, gespielt von Toshiro Mifune in seiner ersten Rolle. Schon hier zeigt er eine energetische Performance und bringt Tiefe in eine potentiell hassenswerte und platte Rolle als Bösewicht. Auch die anderen Darsteller um den charismatischen Akitake Kono und die sympathische Setsuko Wakayama zeigen bemerkenswerte Leistungen. Aber alle werden übertroffen von der fantastischen Screenpräsenz Takashi Shimuras, der eine sehr kraftvolle Figur mit einem entscheidenden Charakterwandel verkörpert und den Film schon fast allein tragen könnte.
Auch der Debütant in der Filmmusik Akira Ifukube feuert ein vor Energie beinahe platzendes, aber auch überraschend dezentes Repertoire an verschiedenen Musikstücken ab. Mal wird furiose klassische Musik gespielt, dann wieder eingängiger Jazz und in der Ski-Hütte wird sogar „My Kentucky Home“ angestimmt. Wenn die Charaktere dazu dann noch Sätze wie: „Theres no difference in human feelings in the west and in japan“ sagen, dann scheint auch ganz deutlich Akira Kurosawas universeller Humanismus durch.
Ich bin kein großer Fan dieses oft etwas aufdringlichen und moralistischen Humanismus und mochte etwa das sentimental-humanistische Ende von Rashomon nie sonderlich, doch Kurosawas Moral und die Liebe zu den handelnden Figuren kommt von Herzen und ist selten wirklich plakativ. Insofern wertet diese universelle Menschlichkeit und eine emotionale Poesie Snow Trail auf und sorgt für ein denkwürdiges und bewegendes Finale, indem Kurosawa die Kraft des Menschen, Gutes zu tun, zelebriert.
Letztendlich ist Kursawas Einfluss auf den jungen Taniguchi also deutlich zu spüren und manch einer wird dem Regisseur deshalb das Talent absprechen, doch in seiner Action, der Darstellung des strapazenreichen Kampfes gegen die Natur und in seinem perfekten dramaturgischen Aufbau ist Snow Trail eindeutig ein Taniguchi-Film.
Trotzdem wird Taniguchi wohl nicht so schnell hinter dem Schatten Kurosawas hervortreten, denn im Laufe der 1950er Jahre wurde seine charakteristische Handschrift zunehmend kleiner und seine Filme in der Masse der japanischen Genrefilme immer weniger hervorstechend.
Doch genau wie auch der Rest des Casts legt er hier ein bemerkenswertes Maß an Enthusiasmus und Lust für Innovationen an den Tag und fördert so ein tolles Werk zu Tage, welches dem deutschen Bergfilm in Sachen Action, Spannung, Schauspielern, Musik und Montage eine Lehrstunde erteilt.
Fazit:
Snow Trail ist eine prächtig fotografierte, wenn auch im Kern konventionelle Kriminalgeschichte, die von Taniguchi mit viel Energie und Drive inszeniert wird und zudem superbe Leistungen der gesamten Filmcrew, angefangen bei den prächtigen Schneeaufnahmen, zu den exzellenten Schauspielern, bis hin zur tollen Filmmusik zu Tage fördert.
8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 12. 04. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Doch Snow Trail ist das außergewöhnlichste Ergebnis ihrer Zusammenarbeit. Ein japanischer Bergfilm in der Tradition der deutschen Genregenossen von Arnold Fanck oder Louis Trenker, angelegt auf den verschneiten Gipfeln der Kansai-Region, besser bekannt als die „japanischen Alpen“. In diesen für japanische Filme ungewöhnlichen und unwirtlichen Gefilden offenbart sich nicht nur Kurosawas charakteristischer Humanismus, sondern auch das inszenatorische Talent Senkichi Taniguchis, der wohl zu Unrecht sein Dasein im Schatten seines weltberühmten Freundes fristete.
Story:
Nach gelungenem Raubzug fliehen die drei Bankräuber Nojiro (Takashi Shimura), Eijima (Toshiro Mifune) und Takasugi (Yoshio Kosugi) vor der Polizei in die Berge der Kansei-Region. Doch die idyllische Berglandschaft erweist sich als tückisch und so kämpfen die drei unfreiwilligen Bergsteiger bald um ihr nacktes Überleben. Schließlich wird Takasugi unter einer Lawine begraben und die beiden Überlebenden retten sich halb tot in einer kleine Berghütte, welche von der bezaubernden Haruko (Setsuko Wakayama), ihrem Freund Honda (Akitake Kono) und dem Großvater (Kokuten Kodo) des Mädchens geführt wird. Ohne über die kriminelle Vergangenheit von Nojiro und Honda Bescheid zu wissen, empfangen die Inhaber der Herberge sie mit Freundlichkeit und Nojiro beginnt schon bald Freundschaft mit den Gastgebern zu schließen. Doch Eijima erweist sich schon bald als undankbar und beginnt zunehmend paranoid zu werden, insgeheim plant er den professionellen Bergsteiger Honda zu entführen und mit ihm den Heimweg über die Berge anzutreten.
Kritik:
Angefangen bei den wunderschönen Aufnahmen der majestätischen Gipfel und schneebefallenen Tannen der Berge, bis hin zu einem Schild in der Skihütte mit einer deutschen Aufschrift, in vielen Punkten mag Snow Trail wie ein typischer Bergfilm anmuten, doch er übertrifft die deutschen Genregenossen in vielen Aspekten bei weitem. Da wäre zum einen Senkichi Taniguchis Regie, der den Film jederzeit spannend und flott inszeniert und bemerkenswert viel Flair im Kreieren einer Atmosphäre beweist, besonders eindrucksvoll wenn man bedankt, dass es sich hierbei um sein Regiedebüt handelt.
Auch Kurosawas Drehbuch ist formal exzellent geskriptet und offenbart den Film als klassische Geschichte um die Möglichkeit eines Kriminellen, trotz seiner Verfehlungen aufrichtig und moralisch zu handeln – und dies im Gewand eines Bergfilms, in der die Natur nur auf den ersten Blick die größte Bedrohung darstellt. Oft wird im Zusammenhang mit Taniguchis Frühwerken von den Einflüssen amerikanischer Actionfilme auf sein Werk gesprochen, doch während dies stilistisch durchaus zutreffen mag, legt der Film deutlich mehr Wert auf seine Charaktere als es der durchschnittliche Gangsterfilm für nötig halten würde.
Anfangs ist der Film ein wenig konfus, da zu viele Nebencharaktere (z.b die Polizei) auftreten, die später keine Rolle in der Handlung mehr spielen, doch spätestens wenn die Räuber in der Berghütte antreffen, findet der Film zu seiner Meisterschaft, sowohl in einem ausgewogenen Tempo, als auch in der charakterlichen Vertiefung der verschiedenen Filmfiguren.
Nojiro, der im Beisein seiner neuen Freunde auf der Berghütte bald sein Gewissen entdeckt, wird mit dem hitzköpfigen Unmenschen Eijima kontrastiert, gespielt von Toshiro Mifune in seiner ersten Rolle. Schon hier zeigt er eine energetische Performance und bringt Tiefe in eine potentiell hassenswerte und platte Rolle als Bösewicht. Auch die anderen Darsteller um den charismatischen Akitake Kono und die sympathische Setsuko Wakayama zeigen bemerkenswerte Leistungen. Aber alle werden übertroffen von der fantastischen Screenpräsenz Takashi Shimuras, der eine sehr kraftvolle Figur mit einem entscheidenden Charakterwandel verkörpert und den Film schon fast allein tragen könnte.
Auch der Debütant in der Filmmusik Akira Ifukube feuert ein vor Energie beinahe platzendes, aber auch überraschend dezentes Repertoire an verschiedenen Musikstücken ab. Mal wird furiose klassische Musik gespielt, dann wieder eingängiger Jazz und in der Ski-Hütte wird sogar „My Kentucky Home“ angestimmt. Wenn die Charaktere dazu dann noch Sätze wie: „Theres no difference in human feelings in the west and in japan“ sagen, dann scheint auch ganz deutlich Akira Kurosawas universeller Humanismus durch.
Ich bin kein großer Fan dieses oft etwas aufdringlichen und moralistischen Humanismus und mochte etwa das sentimental-humanistische Ende von Rashomon nie sonderlich, doch Kurosawas Moral und die Liebe zu den handelnden Figuren kommt von Herzen und ist selten wirklich plakativ. Insofern wertet diese universelle Menschlichkeit und eine emotionale Poesie Snow Trail auf und sorgt für ein denkwürdiges und bewegendes Finale, indem Kurosawa die Kraft des Menschen, Gutes zu tun, zelebriert.
Letztendlich ist Kursawas Einfluss auf den jungen Taniguchi also deutlich zu spüren und manch einer wird dem Regisseur deshalb das Talent absprechen, doch in seiner Action, der Darstellung des strapazenreichen Kampfes gegen die Natur und in seinem perfekten dramaturgischen Aufbau ist Snow Trail eindeutig ein Taniguchi-Film.
Trotzdem wird Taniguchi wohl nicht so schnell hinter dem Schatten Kurosawas hervortreten, denn im Laufe der 1950er Jahre wurde seine charakteristische Handschrift zunehmend kleiner und seine Filme in der Masse der japanischen Genrefilme immer weniger hervorstechend.
Doch genau wie auch der Rest des Casts legt er hier ein bemerkenswertes Maß an Enthusiasmus und Lust für Innovationen an den Tag und fördert so ein tolles Werk zu Tage, welches dem deutschen Bergfilm in Sachen Action, Spannung, Schauspielern, Musik und Montage eine Lehrstunde erteilt.
Fazit:
Snow Trail ist eine prächtig fotografierte, wenn auch im Kern konventionelle Kriminalgeschichte, die von Taniguchi mit viel Energie und Drive inszeniert wird und zudem superbe Leistungen der gesamten Filmcrew, angefangen bei den prächtigen Schneeaufnahmen, zu den exzellenten Schauspielern, bis hin zur tollen Filmmusik zu Tage fördert.
8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 12. 04. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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