The Thick-Walled Room (1953)
Ein Film von Masaki Kobayashi
Bewertung: 8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Kabe atsuki heya
Genre: Gendai-geki, Shakai-mono
Regie: Masaki Kobayashi
Darsteller: Ko Mishima (Yokota), Torahiko Hamada (Yamashita), Keiko Kishi (Yoshiko), Toshiko Kobayashi (Yamashita's sister), Eitaro Ozawa, Junko Anami, Tomio Aoki, Yoshiko Ashigawa, Tadashi Azuma, Shuichi Doki, Shigemichi Dosan, Shoichi Fujioka, Toshiro Hayano, Kan Hayashi, Michiya Higuchi, Hiroshi Hijikata, Chukan Inagawa, Akifumi Inoue, Yunosuke Ito, Takeshi Kato, Ryuji Kita, Koichi Kitami, Shoichi Kotoda, Shinichiro Minami, Koji Mitsui, Jo Mitsumura, Yuko Mochizuki, Tatsuo Nagai, Tomo'o Nagai, Binosuke Nagao, Tatsuya Nakadai Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Kobo Abe
Kamera: Hiroyuki Kusuda
Musik: Chuji Kinoshita
Shinei Productions, Shochiku Eiga, 110 Minuten, S/W
Kabe atsuki heya
Genre: Gendai-geki, Shakai-mono
Regie: Masaki Kobayashi
Darsteller: Ko Mishima (Yokota), Torahiko Hamada (Yamashita), Keiko Kishi (Yoshiko), Toshiko Kobayashi (Yamashita's sister), Eitaro Ozawa, Junko Anami, Tomio Aoki, Yoshiko Ashigawa, Tadashi Azuma, Shuichi Doki, Shigemichi Dosan, Shoichi Fujioka, Toshiro Hayano, Kan Hayashi, Michiya Higuchi, Hiroshi Hijikata, Chukan Inagawa, Akifumi Inoue, Yunosuke Ito, Takeshi Kato, Ryuji Kita, Koichi Kitami, Shoichi Kotoda, Shinichiro Minami, Koji Mitsui, Jo Mitsumura, Yuko Mochizuki, Tatsuo Nagai, Tomo'o Nagai, Binosuke Nagao, Tatsuya Nakadai Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Kobo Abe
Kamera: Hiroyuki Kusuda
Musik: Chuji Kinoshita
Shinei Productions, Shochiku Eiga, 110 Minuten, S/W
Im Jahre 1952 zogen die Amerikaner nach 7-jähriger Besatzung aus dem besiegten Japan ab und entließen das Land nach einer von kompromissloser Umerziehung und Widersprüchen geprägten Besatzungszeit wieder in die Unabhängigkeit.
Einerseits hatten die Besatzungsmächte versucht, den Japanern demokratische Werte und liberale Richtlinien einzutrichtern, andererseits orchestrierten sie in jenen Jahren brutale, als "Red Purge" bekannt gewordene Feldzüge gegen angebliche Kommunisten, die vielen linksorientierten Filmemachern wie Satsuo Yamamoto ihren Job und ihre Freiheit kosteten.
Auch der Umgang mit den Kriegsgefangenen, welche je nach Schwere ihrer Verbrechen in A-, B- und C-Kriminelle eingeteilt wurden, löste bei vielen Japanern Ratlosigkeit und Wut aus, da hohe Militärs und sonstige Befehlshaber nicht selten unbehelligt davonkamen, während B- und C-Kriminelle zu Sündenböcken gemacht wurden.
Auch ein junger Regisseur namens Masaki Kobayashi, der sich schon im Krieg als Soldat durch seinen Pazifismus und seine Weigerung, jede Beförderung anzunehmen, hervorgetan hatte, zeigte sich zutiefst befremdet von der Widersprüchlichkeit der amerikanischen Besatzungsmacht, aber besonders auch von der Heuchelei der japanischen Nachkriegsgesellschaft.
Waren seine ersten beiden Filme noch klassische Familiendramen, wie sie seine Shochiku-Studios favorisierten, drehte er bereits mit seinem dritten Werk und ein Jahr nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte den vorliegenden Film, der sich oben genannter Themengebiete mit ungekannter kritischer Schärfe annahm und im Nachkriegsjapan für Furore sorgte.
Wegen der politischen Brisanz ordnete Shochiku einige Schnitte an, doch als sich Kobayashi weigerte seinen Film zu verändern, wurde dieser schlichtweg nicht veröffentlicht und erst im Jahr 1956 freigegeben. Trotzdem sollte Kobayashi seinem regimekritischen Wesen treu bleiben und in den folgenden Jahrzehnten einige der schärfsten Attacken gegen die Heuchelei der japanischen Regierungen im Laufe der Jahrhunderte und gegen starre und korrupte politische Systeme inszenieren.
The Thick-Walled Room markiert in dieser Entwicklung den Anfangspunkt und auch wenn er nicht zu Kobayashis besten Filmen gehört, so bildet er doch den bemerkenswerten Auftakt einer legendären Karriere, die aus dem jungen Rebellen Kobayashi einen der gefeiertesten und mutigsten Regisseure des japanischen Kinos machen sollte.
Story:
Japan einige Jahre nach der Kapitulation: In einem von der amerikanischen Besatzungsmacht eingerichteten Gefängnis werden B- und C-Kriegsverbrecher gefangen gehalten, die nach Kriegsende für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden waren. Einer von ihnen ist Yamashita (Torahiko Hamada), der verzweifelt auf seine Freilassung wartet. Er will sich an seinem einstigen Vorgesetzten Hamada (Eitaro Ozawa) rächen, der ihm damals befahl, einen vermeintlichen Guerrilla-Kämpfer zu exekutieren und später gegen ihn vor Gericht aussagte, um nicht selbst bestraft zu werden. Die Lage wird zunehmend unerträglich für Yamashita, als dieser erfährt, dass Hamada unbehelligt in das gemeinsame Heimatdorf zurückgekehrt ist, um dort für ein politisches Amt zu kandidieren, während Yamashita an seiner Stelle innerhalb der Mauern des Gefängnisses ausharren muss...
Kritik:
The Thick-Walled Room war nicht der erste Nachkriegsfilm, der sich kritisch mit der amerikanischen Besatzungsmacht und dem Umgang mit den einstigen Soldaten des Kaiserreichs befasste: Schon kurz nach dem Abzug der amerikanischen Truppen machten sich zahlreiche, meist kommunistische Filmemacher wie Satsuo Yamamoto oder Hideo Sekigawa daran, anti-amerikanische und oftmals äußerst polemische „Anti-Amerika“-Filme zu drehen.
Derartige Tendenzen alarmierten die Shochiku-Studios und so wurde ausgerechnet Kobayashis dritter Film, zu einer denkbar ungünstigen Zeit fertiggestellt, das Opfer einer rigiden Zensur der Studioleitung. Ein definitiver Fehlgriff, denn trotz seines kontroversen Themas ist The Thick Walled Room einer der ehrlichsten und am wenigsten reaktionären Filme seiner Gattung.
Dabei würde das Thema um ehemalige Kriegsverbrecher, die in den Gefängnissen der Amerikaner vor sich hin vegetieren, eigentlich viel Gelegenheit zur propagandistischen Reinwaschung der japanischen Kriegsschuld bieten, doch Kobayashi macht von Anfang an klar, dass die Insassen des Gefängnisses sich zu Kriegszeiten schrecklicher Verbrechen schuldig gemacht haben.
In zahlreichen Flashbacks zeigt er die grausamen Verbrechen der einfachen Soldaten der japanischen Armee, macht aber zugleich deutlich, dass diese oftmals auf Befehl ihrer brutalen Vorgesetzten handelten, und entschuldigt damit zu einem gewissen Punkt die durch die einfachen Soldaten durchgeführten Exekutionen und Folterungen, zumal die Soldaten anschließend für ihre Taten im Gefängnis büßen müssen.
Im Gefängnis werden die einstigen Mörder nun von ihrer Kriegsschuld geplagt und verzweifeln zugleich an ihrer Isolation von der Außenwelt und der erstickenden Enge der dicken, grauen Mauern, die sie umgeben. Doch noch größer wiegt ihre Wut auf die bestehenden Zustände und die amerikanischen Behörden, was zusammengenommen dafür sorgt, dass einigen Gefangenen nur noch die Flucht in den Wahnsinn oder in den Tod bleibt.
Kameramann Hiroyuki Kusuda fängt das Leid der verzweifelten Insassen der amerikanischen Anstalten in bemerkenswert atmosphärischen Bildern ein. Jede Einstellung innerhalb des Gefängnisses vermittelt den Eindruck von erdrückender Enge und dröger Eintönigkeit, so dass der Zuschauer regelrecht aufatmet, wenn der Schauplatz zu einer Aufnahme im Freien wechselt. Auch der einsetzende Wahnsinn wird effektiv durch den immer vernehmbaren monotonen Klang des zur Zwangsarbeit verordnetem Steineklopfens dargestellt, welcher für ein stets beklemmendes Gefühl sorgt.
Mit diesen Stilmitteln und der Darstellung der Kriegsverbrecher als schuldgeplagte Menschen verfolgt Kobayashi aber mehr politische, als humanistische Ziele. Er will die Methoden der amerikanischen Militär-Gerichte anklagen, welche die einfachen B- und C-Kriminellen streng verurteilten, aber die Vorgesetzten dieser "einfachen" Kriegsverbrecher davonkommen ließen und sogar in Führungspositionen einsetzten.
Der politische Geist des Film manifestiert sich in den poetischen Gedanken eines der Insassen, welcher die politische Lage Japans bei Besuchen mit seinem nicht inhaftierten Bruder diskutiert. Durch diesen Bruder, einem potentiellen Mitglied der kommunistischen Partei Japans, schlägt der Film dann auch einen Bogen zu dem gerade einsetzenden Korea-Krieg, was Kobayashi ermöglicht, einige treffende Spitzen gegen die anti-kommunistische Haltung und Heuchelei der amerikanischen Regierung abzufeuern.
In manchen dieser Punkte verliert der Film aber auch bedeutend an Subtilität und macht keinen Hehl daraus, aus einem vorrangig politischen Grund entstanden zu sein. Vielleicht mag Kobayashi mit seiner Kritik nahe an der Wahrheit dran sein, doch manchmal schafft auch er es nicht der Polemik auszuweichen, etwa wenn die Hauptfigur Yamashita vor ein Militärgericht gestellt wird, in welcher sich der amerikanische Ankläger zugleich als Richter erweist und eine solche Vorgehensweise als Normalfall dargestellt wird.
An dieser Stelle sollte man sich einmal klar machen, wieso Kobayashis ebenfalls regimekritische Jidai-geki Harakiri und Samurai Rebellion so großen Meisterwerke werden konnten. Jene Filme verbanden ihre anti-feud6alistische Thematik mit einer großartigen Filmhandlung und bewegendem Humanismus. The Thick-Walled Room ist in erster Linie ein ideologischer Film, dessen politische Aussage die Handlung und die Charakterzeichnung zu reinen Erfüllungsgehilfen macht.
Trotzdem ist es sicherlich ein "sehr guter" Film. Die Schauspieler um so exzellente Charakterdarsteller wie Koji Mitsui oder Yunosuke Ito sorgen für hochwertige Performances, wobei besonders der Hauptdarsteller Torahiko Yamada vorbildliches in der komplexen Rolle eines Kriegsverbrechers und zugleich Sympathieträgers zeigt.
Aber auch die Kinematographie und die bedrückende Filmmusik von Chuji Kinoshita verleihen dem Film ein großes Maß an technischer Hochwertigkeit und Kobayashis spürbare Wut und seine Weigerung den Kriegsverbrechern ihre Menschlichkeit zu entziehen, gibt dem Film eine kraftvolle und pazifistische Note.
Trotz gelegentlicher Fragwürdigkeit des moralischen Standpunkts des Film - die Gräueltaten der einfachen Soldaten werden damit entschuldigt, dass diese auf Befehl ihrer Vorgesetzten gehandelt haben, aber macht das diese dann wirklich zu besseren Menschen? - muss man auch dem Mut des jungen Kobayashi seinen Respekt zollen.
Letztendlich mag er keine rechte Antwort auf die Frage finden, wer denn die Schuld an den Verbrechen und an der Nachkriegssituation hat, doch er traut sich unbequeme Fragen zu stellen und offenbart sich damit schon in seinem dritten Werk als einer der revolutionärsten und schärfsten Systemkritiker, den das japanischen Kino jemals hervorbringen sollte und ohne dessen Schaffen die Welt von einigen der stärksten Anti-Faschismus-Statements beraubt worden wäre.
Fazit:
The Thick-Walled Room ist ein atmosphärisch gefilmter, bedrückender und mutiger Film, dessen politische Ideen gelegentlich den Unterhaltungswert der Geschichte unterlaufen, wobei die guten Schauspieler und Kobayashis versierte Regie den Film meist vor allzu großer Polemik und vereinfachendem Gedankengut bewahren.
8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 13. 06. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Einerseits hatten die Besatzungsmächte versucht, den Japanern demokratische Werte und liberale Richtlinien einzutrichtern, andererseits orchestrierten sie in jenen Jahren brutale, als "Red Purge" bekannt gewordene Feldzüge gegen angebliche Kommunisten, die vielen linksorientierten Filmemachern wie Satsuo Yamamoto ihren Job und ihre Freiheit kosteten.
Auch der Umgang mit den Kriegsgefangenen, welche je nach Schwere ihrer Verbrechen in A-, B- und C-Kriminelle eingeteilt wurden, löste bei vielen Japanern Ratlosigkeit und Wut aus, da hohe Militärs und sonstige Befehlshaber nicht selten unbehelligt davonkamen, während B- und C-Kriminelle zu Sündenböcken gemacht wurden.
Auch ein junger Regisseur namens Masaki Kobayashi, der sich schon im Krieg als Soldat durch seinen Pazifismus und seine Weigerung, jede Beförderung anzunehmen, hervorgetan hatte, zeigte sich zutiefst befremdet von der Widersprüchlichkeit der amerikanischen Besatzungsmacht, aber besonders auch von der Heuchelei der japanischen Nachkriegsgesellschaft.
Waren seine ersten beiden Filme noch klassische Familiendramen, wie sie seine Shochiku-Studios favorisierten, drehte er bereits mit seinem dritten Werk und ein Jahr nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte den vorliegenden Film, der sich oben genannter Themengebiete mit ungekannter kritischer Schärfe annahm und im Nachkriegsjapan für Furore sorgte.
Wegen der politischen Brisanz ordnete Shochiku einige Schnitte an, doch als sich Kobayashi weigerte seinen Film zu verändern, wurde dieser schlichtweg nicht veröffentlicht und erst im Jahr 1956 freigegeben. Trotzdem sollte Kobayashi seinem regimekritischen Wesen treu bleiben und in den folgenden Jahrzehnten einige der schärfsten Attacken gegen die Heuchelei der japanischen Regierungen im Laufe der Jahrhunderte und gegen starre und korrupte politische Systeme inszenieren.
The Thick-Walled Room markiert in dieser Entwicklung den Anfangspunkt und auch wenn er nicht zu Kobayashis besten Filmen gehört, so bildet er doch den bemerkenswerten Auftakt einer legendären Karriere, die aus dem jungen Rebellen Kobayashi einen der gefeiertesten und mutigsten Regisseure des japanischen Kinos machen sollte.
Story:
Japan einige Jahre nach der Kapitulation: In einem von der amerikanischen Besatzungsmacht eingerichteten Gefängnis werden B- und C-Kriegsverbrecher gefangen gehalten, die nach Kriegsende für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden waren. Einer von ihnen ist Yamashita (Torahiko Hamada), der verzweifelt auf seine Freilassung wartet. Er will sich an seinem einstigen Vorgesetzten Hamada (Eitaro Ozawa) rächen, der ihm damals befahl, einen vermeintlichen Guerrilla-Kämpfer zu exekutieren und später gegen ihn vor Gericht aussagte, um nicht selbst bestraft zu werden. Die Lage wird zunehmend unerträglich für Yamashita, als dieser erfährt, dass Hamada unbehelligt in das gemeinsame Heimatdorf zurückgekehrt ist, um dort für ein politisches Amt zu kandidieren, während Yamashita an seiner Stelle innerhalb der Mauern des Gefängnisses ausharren muss...
Kritik:
The Thick-Walled Room war nicht der erste Nachkriegsfilm, der sich kritisch mit der amerikanischen Besatzungsmacht und dem Umgang mit den einstigen Soldaten des Kaiserreichs befasste: Schon kurz nach dem Abzug der amerikanischen Truppen machten sich zahlreiche, meist kommunistische Filmemacher wie Satsuo Yamamoto oder Hideo Sekigawa daran, anti-amerikanische und oftmals äußerst polemische „Anti-Amerika“-Filme zu drehen.
Derartige Tendenzen alarmierten die Shochiku-Studios und so wurde ausgerechnet Kobayashis dritter Film, zu einer denkbar ungünstigen Zeit fertiggestellt, das Opfer einer rigiden Zensur der Studioleitung. Ein definitiver Fehlgriff, denn trotz seines kontroversen Themas ist The Thick Walled Room einer der ehrlichsten und am wenigsten reaktionären Filme seiner Gattung.
Dabei würde das Thema um ehemalige Kriegsverbrecher, die in den Gefängnissen der Amerikaner vor sich hin vegetieren, eigentlich viel Gelegenheit zur propagandistischen Reinwaschung der japanischen Kriegsschuld bieten, doch Kobayashi macht von Anfang an klar, dass die Insassen des Gefängnisses sich zu Kriegszeiten schrecklicher Verbrechen schuldig gemacht haben.
In zahlreichen Flashbacks zeigt er die grausamen Verbrechen der einfachen Soldaten der japanischen Armee, macht aber zugleich deutlich, dass diese oftmals auf Befehl ihrer brutalen Vorgesetzten handelten, und entschuldigt damit zu einem gewissen Punkt die durch die einfachen Soldaten durchgeführten Exekutionen und Folterungen, zumal die Soldaten anschließend für ihre Taten im Gefängnis büßen müssen.
Im Gefängnis werden die einstigen Mörder nun von ihrer Kriegsschuld geplagt und verzweifeln zugleich an ihrer Isolation von der Außenwelt und der erstickenden Enge der dicken, grauen Mauern, die sie umgeben. Doch noch größer wiegt ihre Wut auf die bestehenden Zustände und die amerikanischen Behörden, was zusammengenommen dafür sorgt, dass einigen Gefangenen nur noch die Flucht in den Wahnsinn oder in den Tod bleibt.
Kameramann Hiroyuki Kusuda fängt das Leid der verzweifelten Insassen der amerikanischen Anstalten in bemerkenswert atmosphärischen Bildern ein. Jede Einstellung innerhalb des Gefängnisses vermittelt den Eindruck von erdrückender Enge und dröger Eintönigkeit, so dass der Zuschauer regelrecht aufatmet, wenn der Schauplatz zu einer Aufnahme im Freien wechselt. Auch der einsetzende Wahnsinn wird effektiv durch den immer vernehmbaren monotonen Klang des zur Zwangsarbeit verordnetem Steineklopfens dargestellt, welcher für ein stets beklemmendes Gefühl sorgt.
Mit diesen Stilmitteln und der Darstellung der Kriegsverbrecher als schuldgeplagte Menschen verfolgt Kobayashi aber mehr politische, als humanistische Ziele. Er will die Methoden der amerikanischen Militär-Gerichte anklagen, welche die einfachen B- und C-Kriminellen streng verurteilten, aber die Vorgesetzten dieser "einfachen" Kriegsverbrecher davonkommen ließen und sogar in Führungspositionen einsetzten.
Der politische Geist des Film manifestiert sich in den poetischen Gedanken eines der Insassen, welcher die politische Lage Japans bei Besuchen mit seinem nicht inhaftierten Bruder diskutiert. Durch diesen Bruder, einem potentiellen Mitglied der kommunistischen Partei Japans, schlägt der Film dann auch einen Bogen zu dem gerade einsetzenden Korea-Krieg, was Kobayashi ermöglicht, einige treffende Spitzen gegen die anti-kommunistische Haltung und Heuchelei der amerikanischen Regierung abzufeuern.
In manchen dieser Punkte verliert der Film aber auch bedeutend an Subtilität und macht keinen Hehl daraus, aus einem vorrangig politischen Grund entstanden zu sein. Vielleicht mag Kobayashi mit seiner Kritik nahe an der Wahrheit dran sein, doch manchmal schafft auch er es nicht der Polemik auszuweichen, etwa wenn die Hauptfigur Yamashita vor ein Militärgericht gestellt wird, in welcher sich der amerikanische Ankläger zugleich als Richter erweist und eine solche Vorgehensweise als Normalfall dargestellt wird.
An dieser Stelle sollte man sich einmal klar machen, wieso Kobayashis ebenfalls regimekritische Jidai-geki Harakiri und Samurai Rebellion so großen Meisterwerke werden konnten. Jene Filme verbanden ihre anti-feud6alistische Thematik mit einer großartigen Filmhandlung und bewegendem Humanismus. The Thick-Walled Room ist in erster Linie ein ideologischer Film, dessen politische Aussage die Handlung und die Charakterzeichnung zu reinen Erfüllungsgehilfen macht.
Trotzdem ist es sicherlich ein "sehr guter" Film. Die Schauspieler um so exzellente Charakterdarsteller wie Koji Mitsui oder Yunosuke Ito sorgen für hochwertige Performances, wobei besonders der Hauptdarsteller Torahiko Yamada vorbildliches in der komplexen Rolle eines Kriegsverbrechers und zugleich Sympathieträgers zeigt.
Aber auch die Kinematographie und die bedrückende Filmmusik von Chuji Kinoshita verleihen dem Film ein großes Maß an technischer Hochwertigkeit und Kobayashis spürbare Wut und seine Weigerung den Kriegsverbrechern ihre Menschlichkeit zu entziehen, gibt dem Film eine kraftvolle und pazifistische Note.
Trotz gelegentlicher Fragwürdigkeit des moralischen Standpunkts des Film - die Gräueltaten der einfachen Soldaten werden damit entschuldigt, dass diese auf Befehl ihrer Vorgesetzten gehandelt haben, aber macht das diese dann wirklich zu besseren Menschen? - muss man auch dem Mut des jungen Kobayashi seinen Respekt zollen.
Letztendlich mag er keine rechte Antwort auf die Frage finden, wer denn die Schuld an den Verbrechen und an der Nachkriegssituation hat, doch er traut sich unbequeme Fragen zu stellen und offenbart sich damit schon in seinem dritten Werk als einer der revolutionärsten und schärfsten Systemkritiker, den das japanischen Kino jemals hervorbringen sollte und ohne dessen Schaffen die Welt von einigen der stärksten Anti-Faschismus-Statements beraubt worden wäre.
Fazit:
The Thick-Walled Room ist ein atmosphärisch gefilmter, bedrückender und mutiger Film, dessen politische Ideen gelegentlich den Unterhaltungswert der Geschichte unterlaufen, wobei die guten Schauspieler und Kobayashis versierte Regie den Film meist vor allzu großer Polemik und vereinfachendem Gedankengut bewahren.
8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 13. 06. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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