Ghost of Oiwa (1961)
Ein Film von Tai Kato

Bewertung: 7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Kaidan Oiwa no borei
Genre: Jidai-geki, Kaidan eiga
Regie: Tai Kato
Darsteller: Tomisaburo Wakayama (Iemon Tamiya), Yoshiko Fujishiro (Oiwa), Hiroko Sakuramachi (Osode), Yumiko Mihara (Ume Ito), Jushiro Konoe (Naosuke), Totsusho Sawamura, Atsushi Watanabe (Takuetsu), Sentaro Fushimi (Yomoshichi)
Ushio Akashi (Samon Yotsuya) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Tai Kato (Kabuki-Stück: Nanboku Tsuruya IV)
Kamera: Osamu Furuya
Musik: Nakaba Takahashi
Toei Company, 94 Minuten, S/W
Kaidan Oiwa no borei
Genre: Jidai-geki, Kaidan eiga
Regie: Tai Kato
Darsteller: Tomisaburo Wakayama (Iemon Tamiya), Yoshiko Fujishiro (Oiwa), Hiroko Sakuramachi (Osode), Yumiko Mihara (Ume Ito), Jushiro Konoe (Naosuke), Totsusho Sawamura, Atsushi Watanabe (Takuetsu), Sentaro Fushimi (Yomoshichi)
Ushio Akashi (Samon Yotsuya) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Tai Kato (Kabuki-Stück: Nanboku Tsuruya IV)
Kamera: Osamu Furuya
Musik: Nakaba Takahashi
Toei Company, 94 Minuten, S/W
Read the English version of this review at easternkicks.com.
Verglichen mit anderen Filmstudios, insbesondere der Shintoho, produzierte die Toei Company in den 1950er Jahren nur wenige Yotsuya Kaidan-Adaptionen. Toei war auf leichtfüßige Jidai-geki spezialisiert, die dem Zuschauer mit bunten Kostümen, trivialer Handlung und Romantik etwas Realitätsflucht ermöglichten.
Adaptionen schauriger Geistergeschichten wie "Yotsuya Kaidan" erschienen damit als denkbar unpassender Stoff für eine Produktionsfirma, die sich dem leichten Unterhaltungsfilm für die ganze Familie verschrieben hatte. Erst gegen Anfang der 1960er Jahre, als die Zuschauer nach sensationalistischeren Stoffen gierten, entstanden die ersten bemerkenswerten Geisterfilme der Toei Company.
Einer davon war "Ghost of Oiwa", hinter dessen japanischem Titel, "Kaidan oiwa no borei", sich eine linientreue Verfilmung der alten Geistergeschichte verbirgt, die vorallem durch die Auswahl ihres Regisseurs Interesse weckt:
Tai Kato, ein exzentrischer Vertrags-Regisseur der Toei, der hier eine frühe Kostprobe seines später so eigenwilligen Inszenierungsstil gibt.
Story:
Weil er einen Mann getötet hat, muss der Ronin Iemon Tamiya (Tomisaburo Wakayama) seine Ehefrau Oiwa (Yoshiko Fujishiro) auf Geheiß ihres wütenden Vaters verlassen. Währendessen hat der fiese Naosuke (Jushiro Konoe) ein Auge auf Oiwas Schwester Sode (Hiroko Sakuramachi) geworfen, die in einem Bordell arbeitet. Schließlich verbünden sich Naosuke und Iemon und töten gemeinsam nicht nur Oiwas Vater, sondern auch Osodes Verlobten Yoshimichi (Sentaro Fushimi). Unter dem Vorwand die Ermordeten rächen zu wollen, kann Naosuke die verzweifelte Osode für sich gewinnen, während Iemon zu seiner Oiwa zurückkehrt. Doch bald schon wird er seiner treuen Ehefrau überdrüssig. Gemeinsam mit Naosuke plant er Oiwa zu beseitigen, um so in die einflussreiche Familie von Ume einheiraten zu können.
Kritik:
"Ghost of Oiwa" ist das perfekte Beispiel einer Verfilmung, die nicht durch ihren abgedroschenen Inhalt, aber durch ihren faszinierenden Inszenierungsstil überzeugt. Regisseur Tai Kato strukturiert die Geschichte ein wenig um, bleibt im Kern aber fest verankert in den gängigen Erzählmustern und Rollen-Klischees des Kabuki-Stücks.
Nicht einmal der Schauspieler des Iemon Tamiya ist neu. Nachdem er die Rolle bereits 1956 gespielt hatte, kehrt Tomisaburo Wakayama in den Part des fiesen Anti-Heldens zurück. Vom unbescholtenen Jung-Darsteller ist er inzwischen zu einem erfahrenen Charaktergesicht gereift, dessen Präsenz fast so gewaltig wie seine imposante Statur wirkt.
Mit seinem grobschlächtigen Äußeren war Wakayama schon damals eine eher untypische Besetzung für den meist als intriganten Schönling dargestellten Iemon, doch Wakayama überzeugt als tragischer Psychopath, dessen schändliche Taten durch seine immer wieder hervorblitzenden Anzeichen von Reue zumindest etwas abgemildert werden.
Die größte Überraschung ist die Besetzung des Naosuke mit dem Chambara-Star Jushiro Konoe. Traditionell ist die Figur des Naosuke von eher kleiner und dürrer Statur, kein kräftig gebauter Hüne wie Konoe, sondern ein verräterischer Manipulator. Tatsächlich ist Konoes Naosuke ebenfalls ein intriganter Ränkeschmied, wenn auch etwas lauter und grober als andere Verkörperungen der Rolle.
Viel interessanter als die routinierte Handlung bleibt jedoch Tai Katos Regie. Im Jahr 1962 hatte der Regisseur mit dem Kinnosuke Nakamura-Vehikel "In Search of Mother" seinen künstlerischen Durchbruch erlangt, hier entwickelt er seine inszenatorische Handschrift gezielt weiter.
Wie die wenigsten Regisseure besitzt Kato ein natürliches Verständnis für die Dreidimensionalität eines Raums. Mithilfe des präzisen Einsatzes von "Blocking" erschafft er ein zweigeteiltes Bild, indem sich sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund verschiedene Handlungen abspielen, die zum Beispiel dazu dienen, Atmosphäre aufzubauen oder die Reaktion eines Charakters auf die Worte seines Gegenübers zeitgleich zu vermitteln.
Ebenfalls vorhanden, wenn auch deutlich weniger exzessiv als in späteren Tai Kato-Filmen, ist die Präferenz des Regisseurs für lange Einstellungen, gefilmt in einer übersichtlichen Totalen aus einer ungewöhnlich niedrigen Kameraposition. So wird etwa die Ermordung von Oiwas Vater in einer einzigen Aufnahme aus der Distanz abgefilmt.
Am effektivsten ist jedoch Tai Katos Verzicht auf übermäßiges Make-Up. Dies verleiht der Mittelalter-Rekreation von Kato zusätzliche Authentizität und den Charakter-Köpfen wie Atsushi Watanabe oder Sonosuke Sawamura deutlich mehr Expressivität.
Letztendlich ist der Film aber kaum mehr als eine Stilprobe dieses großen Regisseurs. Spätere Tai Kato-Filme vereinten dessen akribische Bildersprache mit einer packenden Handlung. "Ghost of Oiwa" hingegen ist zweifellos faszinierend inszeniert, aber verglichen mit anderen Adaptionen von Japans berühmtester Geistergeschichte eher weniger reichhaltig.
Fazit:
"Ghost of Oiwa" ist eine linientreue Adaption der "Yotsuya Kaidan"-Geistergeschichte, die mehr durch die faszinierende und akribische Regie ihres Regisseur als durch die wenig innovative Nacherzählung der oftmals verfilmten Handlung des originalen Kabuki-Stücks begeistert.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 29. 06. 2015
Zweitveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf "easternkicks.com" am 19. 08. 2015
Zweitveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf "easternkicks.com" am 15. 07. 2015Geschrieben von Pablo Knote
Verglichen mit anderen Filmstudios, insbesondere der Shintoho, produzierte die Toei Company in den 1950er Jahren nur wenige Yotsuya Kaidan-Adaptionen. Toei war auf leichtfüßige Jidai-geki spezialisiert, die dem Zuschauer mit bunten Kostümen, trivialer Handlung und Romantik etwas Realitätsflucht ermöglichten.
Adaptionen schauriger Geistergeschichten wie "Yotsuya Kaidan" erschienen damit als denkbar unpassender Stoff für eine Produktionsfirma, die sich dem leichten Unterhaltungsfilm für die ganze Familie verschrieben hatte. Erst gegen Anfang der 1960er Jahre, als die Zuschauer nach sensationalistischeren Stoffen gierten, entstanden die ersten bemerkenswerten Geisterfilme der Toei Company.
Einer davon war "Ghost of Oiwa", hinter dessen japanischem Titel, "Kaidan oiwa no borei", sich eine linientreue Verfilmung der alten Geistergeschichte verbirgt, die vorallem durch die Auswahl ihres Regisseurs Interesse weckt:
Tai Kato, ein exzentrischer Vertrags-Regisseur der Toei, der hier eine frühe Kostprobe seines später so eigenwilligen Inszenierungsstil gibt.
Story:
Weil er einen Mann getötet hat, muss der Ronin Iemon Tamiya (Tomisaburo Wakayama) seine Ehefrau Oiwa (Yoshiko Fujishiro) auf Geheiß ihres wütenden Vaters verlassen. Währendessen hat der fiese Naosuke (Jushiro Konoe) ein Auge auf Oiwas Schwester Sode (Hiroko Sakuramachi) geworfen, die in einem Bordell arbeitet. Schließlich verbünden sich Naosuke und Iemon und töten gemeinsam nicht nur Oiwas Vater, sondern auch Osodes Verlobten Yoshimichi (Sentaro Fushimi). Unter dem Vorwand die Ermordeten rächen zu wollen, kann Naosuke die verzweifelte Osode für sich gewinnen, während Iemon zu seiner Oiwa zurückkehrt. Doch bald schon wird er seiner treuen Ehefrau überdrüssig. Gemeinsam mit Naosuke plant er Oiwa zu beseitigen, um so in die einflussreiche Familie von Ume einheiraten zu können.
Kritik:
"Ghost of Oiwa" ist das perfekte Beispiel einer Verfilmung, die nicht durch ihren abgedroschenen Inhalt, aber durch ihren faszinierenden Inszenierungsstil überzeugt. Regisseur Tai Kato strukturiert die Geschichte ein wenig um, bleibt im Kern aber fest verankert in den gängigen Erzählmustern und Rollen-Klischees des Kabuki-Stücks.
Nicht einmal der Schauspieler des Iemon Tamiya ist neu. Nachdem er die Rolle bereits 1956 gespielt hatte, kehrt Tomisaburo Wakayama in den Part des fiesen Anti-Heldens zurück. Vom unbescholtenen Jung-Darsteller ist er inzwischen zu einem erfahrenen Charaktergesicht gereift, dessen Präsenz fast so gewaltig wie seine imposante Statur wirkt.
Mit seinem grobschlächtigen Äußeren war Wakayama schon damals eine eher untypische Besetzung für den meist als intriganten Schönling dargestellten Iemon, doch Wakayama überzeugt als tragischer Psychopath, dessen schändliche Taten durch seine immer wieder hervorblitzenden Anzeichen von Reue zumindest etwas abgemildert werden.
Die größte Überraschung ist die Besetzung des Naosuke mit dem Chambara-Star Jushiro Konoe. Traditionell ist die Figur des Naosuke von eher kleiner und dürrer Statur, kein kräftig gebauter Hüne wie Konoe, sondern ein verräterischer Manipulator. Tatsächlich ist Konoes Naosuke ebenfalls ein intriganter Ränkeschmied, wenn auch etwas lauter und grober als andere Verkörperungen der Rolle.
Viel interessanter als die routinierte Handlung bleibt jedoch Tai Katos Regie. Im Jahr 1962 hatte der Regisseur mit dem Kinnosuke Nakamura-Vehikel "In Search of Mother" seinen künstlerischen Durchbruch erlangt, hier entwickelt er seine inszenatorische Handschrift gezielt weiter.
Wie die wenigsten Regisseure besitzt Kato ein natürliches Verständnis für die Dreidimensionalität eines Raums. Mithilfe des präzisen Einsatzes von "Blocking" erschafft er ein zweigeteiltes Bild, indem sich sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund verschiedene Handlungen abspielen, die zum Beispiel dazu dienen, Atmosphäre aufzubauen oder die Reaktion eines Charakters auf die Worte seines Gegenübers zeitgleich zu vermitteln.
Ebenfalls vorhanden, wenn auch deutlich weniger exzessiv als in späteren Tai Kato-Filmen, ist die Präferenz des Regisseurs für lange Einstellungen, gefilmt in einer übersichtlichen Totalen aus einer ungewöhnlich niedrigen Kameraposition. So wird etwa die Ermordung von Oiwas Vater in einer einzigen Aufnahme aus der Distanz abgefilmt.
Am effektivsten ist jedoch Tai Katos Verzicht auf übermäßiges Make-Up. Dies verleiht der Mittelalter-Rekreation von Kato zusätzliche Authentizität und den Charakter-Köpfen wie Atsushi Watanabe oder Sonosuke Sawamura deutlich mehr Expressivität.
Letztendlich ist der Film aber kaum mehr als eine Stilprobe dieses großen Regisseurs. Spätere Tai Kato-Filme vereinten dessen akribische Bildersprache mit einer packenden Handlung. "Ghost of Oiwa" hingegen ist zweifellos faszinierend inszeniert, aber verglichen mit anderen Adaptionen von Japans berühmtester Geistergeschichte eher weniger reichhaltig.
Fazit:
"Ghost of Oiwa" ist eine linientreue Adaption der "Yotsuya Kaidan"-Geistergeschichte, die mehr durch die faszinierende und akribische Regie ihres Regisseur als durch die wenig innovative Nacherzählung der oftmals verfilmten Handlung des originalen Kabuki-Stücks begeistert.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 29. 06. 2015
Zweitveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf "easternkicks.com" am 19. 08. 2015
Zweitveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf "easternkicks.com" am 15. 07. 2015Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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