Ikiru (1952)
Ein Film von Akira Kurosawa
Bewertung: 9 von 10 Punkten = Meisterwerk!
Ikiru
Genre: Gendai-geki, shomin-geki
Regie: Akira Kurosawa
Darsteller: Takashi Shimura (Kanji Watanabe), Shin'ichi Homori (Kimura), Haruo Tanaka (Sakai), Yunosuke Ito (The Novelist), Minoru Chiaki (Noguchi), Miki Odagiri (Toyo Odagiri), Bokuzen Hidari (Ohara), Minosuke Yamada (Saito), Kamatari Fujiwara (Ono), Makoto Kobori (Kiichi Watanabe) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto, Hideo Oguni
Kamera: Asakazu Nakai
Musik: Fumio Hayasaka
Toho Company, 143 Minuten, S/W
Ikiru
Genre: Gendai-geki, shomin-geki
Regie: Akira Kurosawa
Darsteller: Takashi Shimura (Kanji Watanabe), Shin'ichi Homori (Kimura), Haruo Tanaka (Sakai), Yunosuke Ito (The Novelist), Minoru Chiaki (Noguchi), Miki Odagiri (Toyo Odagiri), Bokuzen Hidari (Ohara), Minosuke Yamada (Saito), Kamatari Fujiwara (Ono), Makoto Kobori (Kiichi Watanabe) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto, Hideo Oguni
Kamera: Asakazu Nakai
Musik: Fumio Hayasaka
Toho Company, 143 Minuten, S/W
Als Akira Kurosawa im Jahre 1950 den goldenen Löwen der
Filmfestspiele von Venedig und zusätzlich noch einen Honorary Award bei den
Oscars für seinen Jidai-geki Rashomon erhielt, war der Filmemacher von heute
auf morgen der berühmteste Regisseur Japans und die westlichen Medien wurden
nicht müde, die Brillanz seines Films zu preisen. Kurosawa selbst
betrachtete diesen Hype aber mit Skepsis. Nach der Premiere lies er auf die
Frage eines Journalisten folgendes verlauten:
"Natürlich, nichts ist wie Zufriedenheit, deshalb bin ich zufrieden, aber wenn ich etwas gemacht hätte, was mehr das zeitgenössische Japan reflektiert hätte , einen Film wie "Die Fahrraddiebe", und dafür dann einen Preis erhalten hätte, würde dieser mehr Bedeutung erhalten und ich wäre glücklicher" (The Japanese Film: Arts and Industry; S. 224 - 225).
Ikiru ist dieser Film und Akira Kurosawas Antwort auf die oftmals etwas unreflektierten und durch Westler gnadenlos fehlinterpretierten Lobeshymnen auf seinen Film Rashomon. Und auch wenn Ikiru lang nicht so viel Aufmerksamkeit erfuhr wie letzterer, so gilt er doch heute als Akira Kurosawas bester Gendai-geki ("zeitgenößischer Film") und als einer der großen Klassiker der Filmgeschichte.
Doch der Film ist nicht nur ein unumstößliches Testament für das Genie Kurosawas, in eben so großem Maße verdankt er sein Gelingen dem Charakterdarsteller Takashi Shimura. Für einmal spielte nicht Toshiro Mifune, Star unzähliger Jidai-geki von Kurosawa, die Hauptrolle, sondern eben jener Stammdarsteller Kurosawas.
Sonst war Takashi Shimura eigentlich ein profilierter Nebendarsteller, der in seinen restlichen zwanzig Zusammenarbeiten mit Kurosawa immer nur Nebenrollen spielte. Bei aller Genialität von Ikiru, scheint diese Wahl des Hauptdarstellers schon fast die weiseste Entscheidung aller weisen Entscheidungen von Kurosawa beim Dreh gewesen zu sein.
Story:
Der biedere Salaryman Kanji Watanabe (Takashi Shimura) arbeitet als Sektions-Chef für öffentliche Kommunikation ("public liaison") in der örtlichen Stadtverwaltung. Sein Alltag ist geprägt von Routine und regressiver Bürokratie und Kanji Watanabe ist mit der Zeit zu einem langweiligen und pedantischen Paragrafenreiter verkümmert. Doch als er bei einem Arztbesuch unvermittelt die Diagnose "Magenkrebs" bekommt, erwacht er schlagartig aus seiner Lethargie und stellt bestürzt fest, dass er nichts in seinem Leben vollbracht hat. Verzweifelt stürzt er sich mit einem lakonischen Poeten (Yunosuke Ito) ins wilde Nachtleben und sucht in der Gesellschaft der aufgeweckten Toyo (Miki Odagiri) Ablenkung von seinen trüben Gedanken. Doch bald schon muss er feststellen, dass ihm Zerstreuung keinen Seelenfrieden bringen kann. Mit letzter Kraft packt er ein ambitioniertes Projekt an: In einem verschmutzten Viertel der Stadt will er den Bau eines Kinderspielplatzes durchsetzen und nimmt dafür den Kampf gegen die bornierte und umständliche örtliche Bürokratie auf.
Kritik:
Ein Film über einen biederen Mann, der in seinen letzten Lebenstagen nach dem Sinn des Lebens sucht? Wie kann ein Film mit einer derart abgedroschenen Grundhandlung auch noch heutzutage als Klassiker gelten? Ganz einfach: Weil er so viel mehr ist als ein sentimentales Rührstück, aber im Inneren doch ein tief bewegendes Melodram bleibt, welches auch noch in hundert Jahren die universelle Kraft haben wird, Menschen zu Tränen zu rühren.
Am Anfang wird unser Held (wie ihn der Off-Sprecher nennt) als ein armseliges und hoffnungslos biederes Fossil vorgestellt, dessen einzige Funktion in seinem absurd anspruchlosen Job ist, unzählige Papierstapel mit einem Stempel zu bearbeiten. Allein schon in der Benennung seines Stadtbüros mit "Public Liaison" ("öffentliche Kommunikation") versteckt sich eine sehr amüsante Spitze Kurosawas gegen den Bürokratismus, welcher gerade dem deutschen Zeitgenossen nur zu gut bekannt sein sollte.
Denn tatsächlich ist die Kommunikation die letzte Priorität in Watanabes Abteilung, vielmehr betreiben er und seine Arbeitskollegen einen wesentlich größeren Aufwand damit, verzweifelte Antragssteller von einer Behörde zur nächsten zu schicken und so einen stetigen, anspruchslos-gemütlichen Status Quo aufrecht zu erhalten.
Doch Akira Kurosawa ist mitnichten nur daran interessiert, die japanische Bürokratie zu parodieren, es geht ihm um die Menschwerdung seines Kanji Watanabe, der nach seiner tödlichen Krebserkrankung langsam aus seiner Apathie erwacht. Die Szenen, die ihn vor seinem Arztbesuch im Wartezimmer und unmittelbar nach seiner Krebs-Diagnose zeigen, sind wohl jene, die am ehesten den Stilmitteln eines Melodrams verpflichtet sind und doch gehören sie zu den bewegendsten Momenten der Filmgeschichte.
Etwa die Szene, in der Kanji im Wartezimmer in den Magenkrebs-Horrorgeschichten eines Patienten schockiert seine eigenen Symptome zu entdecken glaubt oder die Szene, nach seiner Diagnose, die ihn völlig stumm und in Gedanken versunken die Straße hinunterlaufen zeigt, bis ihn der Straßenlärm urplötzlich aus seiner Versenkung reißt, besonders aber auch jene Szene, in der er allein in seinem Kämmerchen seine Erinnerungen an seinen jetzt abweisenden Sohn Mitsuo Revue passieren lässt.
Speziell letztere Sequenz besitzt eine beinahe überbordende Fülle an tief bewegenden Eindrücken. Es sind die nostalgischen und sentimentalen Erinnerungen eines alten, vertrockneten Mannes, die Kanji an sich vorüberziehen lässt, während er mit seiner schwachen und heiseren Stimme immerzu "Mitsuo" flüstert und dabei von der traumhaft melancholischen Filmmusik von Fumio Hayasaka begleitet wird.
Die Szene endet mit einem tieftraurigen Kanji, der sich langsam in den Schlaf weint und mit diesem perfekt gesetzten Schlusspunkt endet auch der melodramatische Teil von Ikiru. Denn genau genommen ist die Struktur von Ikiru dreigeteilt, drei Akte, wenn man so will.
Der erste Teil ist jener gerade beschriebene, der sich mit Kanjis Leben vor und seiner Verzweiflung nach der Krebserkrankung befasst. Der zweite Teil handelt dann von Kanjis Suche nach Zerstreuung, welche er erst durch einen Partykönig und lakonischen Romancier (nuanciert gespielt von dem einzigartigen Yunosuke Ito) und dann durch die Gegenwart der lebenshungrigen und fröhlichen Toyo zu finden glaubt.
Der zweite Teil ist weniger melodramatisch und zeichnet sich durch feinfühlige Interaktionen und überraschend grausame Realitäten aus. Der Romancier versucht Kanji mit einer Führung durch das exzessive Partyleben der Großstadt von dessen harten Alltag abzulenken, doch er scheitert trotz bester Vorsätze gnadenlos.
Wenn er am Ende mit dem depressiven Kanji und zwei Prostituierten im Wagen sitzt und die schamlos taktlosen Frauenzimmer einen banalen Schlager anstimmen um "die Stimmung aufzubessern", dann erschafft Kurosawa bewusst den unerträglichsten und peinlichsten Moment des ganzen Films, so dass man nur Mitleid für den sich die Hand vor den Kopf schlagenden Romancier und den kranken Kanji empfinden kann.
Auch durch die lebensfrohe Toyo, die quasi das vor Leben sprühende Gegenteil von Kanji verkörpert, kann unser Held kein Seelenheil erlangen. Zuerst reagiert sie auf seine Avancen freundlich und verbringt bereitwillig Zeit mit ihm, doch bald schon langweilt sie der alte Mann und sie weigert sich weiterhin mit ihm auszugehen.
Selbst als Zuschauer, der Kanji inzwischen fest ins Herz geschlossen hat, können wir nicht anders, als ihr Verständnis entgegenzubringen. Kurosawa versteht es perfekt, die unangenehme Stimmung, verbreitet von einem alten Knacker, der die Gesellschaft eines jungen Mädchens sucht, einzufangen und enthüllt damit auch seine ganze Subversivität und sein Talent, verblüffend detaillierte und nuancierte Interaktionen zwischen zwei Charakteren zu inszenieren.
Letztendlich sind also die Bemühungen Kanjis, durch andere Menschen Erlösung zu erhalten, nicht von Erfolg gekrönt, doch immerhin bringt ihn ein Satz des Mädchens dazu, sein Leben noch einmal völlig umzukrempeln und als er mit dem Gesichtsausdruck eines aufgeweckten Geistes die Treppe aus dem Lokal, indem er und das Mädchen aßen, hinunterstürmt, ertönt von oben ein feierliches "Happy Birthday" einer ausgelassenen Studentengruppe.
Natürlich ist dieses nicht für ihn bestimmt, sondern für ein plötzlich ins Bild eilendes junges Mädchen, doch der Zuschauer weiß nur zu gut, dass dieses "Happy Birthday" auch Kanjis neue Geburt einläutet, die ihn im dritten Teil des Films dazu bringt, sein Leben zu ändern. Anstelle uns aber direkt an Kanjis Bemühungen, seinem Leben einen Sinn zu geben, teilhaben zu lassen, werden wir überraschend Zeuge eines Zeitsprunges zu Kanjis Beerdigung.
Diese Verschiebung der Zeitebenen ist es dann auch, die dem Film den letzten Rest der Sentimentalität entreißt und Akira Kurosawas ganze Genialität offenbart, auch wenn dieser letzte Teil durchaus einige kleine Probleme hat. Denn jetzt folgen wir nicht mehr Kanji, sondern seinen biederen Arbeitskollegen, die sich auf der Trauerfeier über ihn das Maul zerreißen.
Es stellt sich heraus, dass Kanji es tatsächlich geschafft hat, seinen Traum vom Kinderspielplatz zu verwirklichen, aber sein Ruhm ihm vom schmierigen Vize-Bürgermeister (Nobuo Nakamura) geklaut wurde, der den Bau des Spielplatzes zu einer gigantischen PR-Kampagne für die anstehenden Wahlen verkommen hat lassen. Zuerst negieren die anwesenden Trauergäste Kanjis Leistung und wollen nicht glauben, dass es tatsächlich er war, der das Projekt verwirklichte.
Doch je weiter sich die Konversationen zwischen den Trauergästen hinzieht (eine auch für den Zuschauer gefühlt ewige Zeit) und je mehr Sake im Spiel ist, desto mehr erinnern sie sich an einzelne Szenen mit Kanji, die sich während des Baus des Spielplatzes abspielten und die Kanjis Bemühungen und Heldenmut zeigten.
Auch hier könnte ich wieder ins Schwärmen von den einzelnen Rückblenden kommen (der Moment, wenn Kanji sich den Yakuza, die den Bau behinderten, todesmutig in den Weg stellt, der Moment, wenn die Sonne auf der Baustelle sein Gesicht berührt und sein Gesichtsausdruck plötzlich von einer erleuchteten Seelenruhe erfüllt ist (eine ähnliche und ebenso starke Szene wie in Ingmar Bergmanns "Wilde Erdbeeren")), aber ich überspringe diesen Teil lieber zugunsten einer zielgerichteteren Kritik (zu spät, ich weiß...).
Schließlich werden die betrunkenen Arbeitskollegen von regelrechten Begeisterungsstürmen für Kanji hinweggetragen und schwören sich lautstark, in Zukunft ehrenhaft nach Kanjis Vorbild zu handeln. Nur ein einziger Mann, der dem Treiben still beiwohnte und die Trauergäste für ihre anfängliche Negierung von Kanjis Taten kritisierte, geht schnurstracks an seinen saufenden Kumpanen vorbei und zollt Kanjis Schrein kniend Respekt.
Natürlich sind schon am nächsten Tag alle guten Vorsätze vergessen und Kanjis Arbeitskollegen fallen in ihre alltägliche Monotonie zurück, in der es weder Menschlichkeit, noch Zukunft geben kann. Nur der stille Mann auf der Trauerfeier (Kimura mit Namen) scheint sich noch immer an die große Tat von Kanji zu erinnern und es sieht so aus, als hätte Kanji zumindest sein Leben für immer verändert.
Für dieses Ende ist Ikiru sehr häufig als pessimistisch und zynisch kritisiert worden, doch ich muss diese Vorwürfe mit aller Kraft verneinen. Ja, die Endphase ist zäh und ja, sie enthält bittere Züge, weitaus mehr als pessimistisch ist sie jedoch von einer Art realistischem Optimismus geprägt. Denn ist es nicht Teil der menschlichen Natur, sich durch andere Menschen inspirieren zu lassen, aber jenen Tatendrang aus reiner Gemütlichkeit zu verdrängen? Ist es nicht leider so, dass ein allzu humanistisches Verhalten schon fast als unmenschlich betrachtet werden muss?
Doch für Kanji gibt es ein Happy End. Er erreicht sein Seelenheil, stirbt im vermutlich glücklichsten Moment seines Lebens und findet in dem jungen Kimura sogar noch einen Saatboden, in dem das von ihm gesäte Saatkorn sprießen kann. Insofern also ein optimistisches Ende, welches an die Kraft des Menschen, Gutes zu tun appelliert und dies einmal nicht mit Kurosawas manchmal etwas naivem und plakativem Humanismus macht, sondern seine Botschaft durch eine bestechend aufrichtige und subtile Weise vermittelt.
Es gibt so viel zu sagen über Ikiru und ich kann in diese (zugegeben schon stark ausgeuferte) Kritik nicht alles hineinpressen. Die wunderbare Filmmusik von Fumio Hayasaka habe ich nur in einem Nebensatz angeschnitten und Asakazu Nakais wunderbare Cinematographie mit keinem Wort erwähnt, doch trotzdem will ich lieber den Darstellern von Ikiru noch ein paar Worte widmen.
Akira Kurosawas beste Filme zeichnen sich durch ihre brillant gezeichneten Charaktere und sein einmaliges Talent zur Schauspielführung aus. In Ikiru vereint er ein überquellendes Sammelsurium an den markantesten und besten Charakterdarstellern Japans. Akira Kurosawas Stamm-Cast um Leute wie den von Alter und Lebensmüdigkeit gezeichneten Bokuzen Hidari oder solch expressive Charaktergesichter wie Kamatari Fujiwara oder Yunosuke Ito sind alle Schauspieler, die irgendwann zwischen 1890 und 1920 geboren sind.
Eine Generation also, deren frühes Leben von Krieg und Leid geprägt war und die alle seltsam ausgezehrt, hager und erschöpft wirken. Während diese Leute in den Jidai-geki von Kurosawa Bauern spielen würden, verkörpern sie hier passend Bürokraten und zeichnen damit das denkbar glaubhafteste und gerade deshalb erschütternste Bild einer Gesellschaft, die in Bürokratie und Lethargie erstarrt ist. Die Tatsache, dass sämtliche Darsteller in Ikiru bereits auf eine bemerkenswerte Karriere zurückblicken konnten oder noch eine bemerkenswerte Karriere-Zukunft vor sich haben sollten, spricht in Sachen Schauspiel eigentlich für sich.
Doch was ist jetzt eigentlich mit Takashi Shimura, dessen Schauspielleistungen ich in der Einführung so vollmundig gelobt habe? Nun ja, würde ich alle Facetten von Takashi Shimuras Performance und die großen Emotionen, die ich mit ihr verbinde auflisten, dann wäre dies keine Kritik von Ikiru, sondern die Charakter-Bio von Takashi Shimura in seinem Eintrag auf meiner Seite. Um seine geniale Performance zu würdigen, ziehe ich es lieber vor, die besten Szenen aus Ikiru heranzuziehen.
Seinen emotionalen Höhepunkt erreicht der Film nämlich in den zwei Szenen, in denen Shimura den Schlager "Gondola no uta" anstimmt. Einmal als er mit dem Romancier in einer Bar sitzt und gegen Ende, als er gedankenversunken bei Schneefall auf der Schaukel seines Spielplatzes wippt. Kurosawa sagte ihm, dass er das Lied "wie ein Fremder" singen sollte, der "in einer Welt lebt, in der niemand glaubt, dass er existiert".
Und exakt genauso hat es Takashi Shimura dann auch gesungen. Mit seiner rauen und leicht schrägen Stimme beschwört er mehr Einsamkeit und mehr existentielle Verzweiflung (und am Ende mehr tief bewegende Erlösung) als es je ein professioneller Sänger vermögen würde. Die Verwandlung dieses sentimentalen Schlagers zu Shimuras einzigartiger Version des Liedes, ist schließlich auch das ultimative Testament für die mit Worten kaum zu beschreibende Exzellenz von Shimuras Performance und Kurosawas Talent zur Schauspieler-Koordination.
Letztendlich glaube ich, dass Ikiru einer der Filme ist, die tatsächlich etwas verändern können. So wie Kanjis Arbeitskollegen wird auch der Zuschauer zweifellos tief bewegt werden und ich bin sicher, dass einige sogar gute Vorsätze für ihr weiteres Leben nach dem Ansehen von Ikiru treffen werden, doch die meisten werden ihrem täglichen Alltagstrott nicht entfliehen können und Ikiru schließlich nicht mehr als eine positive Randnotiz in ihrem Gedächtnis sein.
Doch so wie in Kimura kann auch ein Funke sich im Inneren eines einzelnen Zuschauers entzünden, der diesen Film dann tatsächlich zum Anlass nehmen wird, sein Leben in kleinen Schritten zum Positiven zu wenden. Ein therapeutischer Film also, für alle jene, die ihrem Leben nicht genug Wert beimessen und glauben, in ihrer Alltagsmonotonie festzustecken. Das ist die Kraft von Ikiru und nach meiner Definition ist das auch jene eigentümliche Kraft des Kinos, die aus dem Film die vielleicht größte aller Kunstformen macht.
Fazit:
Ikiru ist ein unsentimentales und dabei tief bewegendes Melodram, welches durch seine intelligent strukturierte Dreiteilung, die brillant gezeichneten Charaktere und nicht zuletzt Takashi Shimuras einmaliger Performance begeistert und berührt.
9 von 10 Punkten = Meisterwerk!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 04. 05. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
"Natürlich, nichts ist wie Zufriedenheit, deshalb bin ich zufrieden, aber wenn ich etwas gemacht hätte, was mehr das zeitgenössische Japan reflektiert hätte , einen Film wie "Die Fahrraddiebe", und dafür dann einen Preis erhalten hätte, würde dieser mehr Bedeutung erhalten und ich wäre glücklicher" (The Japanese Film: Arts and Industry; S. 224 - 225).
Ikiru ist dieser Film und Akira Kurosawas Antwort auf die oftmals etwas unreflektierten und durch Westler gnadenlos fehlinterpretierten Lobeshymnen auf seinen Film Rashomon. Und auch wenn Ikiru lang nicht so viel Aufmerksamkeit erfuhr wie letzterer, so gilt er doch heute als Akira Kurosawas bester Gendai-geki ("zeitgenößischer Film") und als einer der großen Klassiker der Filmgeschichte.
Doch der Film ist nicht nur ein unumstößliches Testament für das Genie Kurosawas, in eben so großem Maße verdankt er sein Gelingen dem Charakterdarsteller Takashi Shimura. Für einmal spielte nicht Toshiro Mifune, Star unzähliger Jidai-geki von Kurosawa, die Hauptrolle, sondern eben jener Stammdarsteller Kurosawas.
Sonst war Takashi Shimura eigentlich ein profilierter Nebendarsteller, der in seinen restlichen zwanzig Zusammenarbeiten mit Kurosawa immer nur Nebenrollen spielte. Bei aller Genialität von Ikiru, scheint diese Wahl des Hauptdarstellers schon fast die weiseste Entscheidung aller weisen Entscheidungen von Kurosawa beim Dreh gewesen zu sein.
Story:
Der biedere Salaryman Kanji Watanabe (Takashi Shimura) arbeitet als Sektions-Chef für öffentliche Kommunikation ("public liaison") in der örtlichen Stadtverwaltung. Sein Alltag ist geprägt von Routine und regressiver Bürokratie und Kanji Watanabe ist mit der Zeit zu einem langweiligen und pedantischen Paragrafenreiter verkümmert. Doch als er bei einem Arztbesuch unvermittelt die Diagnose "Magenkrebs" bekommt, erwacht er schlagartig aus seiner Lethargie und stellt bestürzt fest, dass er nichts in seinem Leben vollbracht hat. Verzweifelt stürzt er sich mit einem lakonischen Poeten (Yunosuke Ito) ins wilde Nachtleben und sucht in der Gesellschaft der aufgeweckten Toyo (Miki Odagiri) Ablenkung von seinen trüben Gedanken. Doch bald schon muss er feststellen, dass ihm Zerstreuung keinen Seelenfrieden bringen kann. Mit letzter Kraft packt er ein ambitioniertes Projekt an: In einem verschmutzten Viertel der Stadt will er den Bau eines Kinderspielplatzes durchsetzen und nimmt dafür den Kampf gegen die bornierte und umständliche örtliche Bürokratie auf.
Kritik:
Ein Film über einen biederen Mann, der in seinen letzten Lebenstagen nach dem Sinn des Lebens sucht? Wie kann ein Film mit einer derart abgedroschenen Grundhandlung auch noch heutzutage als Klassiker gelten? Ganz einfach: Weil er so viel mehr ist als ein sentimentales Rührstück, aber im Inneren doch ein tief bewegendes Melodram bleibt, welches auch noch in hundert Jahren die universelle Kraft haben wird, Menschen zu Tränen zu rühren.
Am Anfang wird unser Held (wie ihn der Off-Sprecher nennt) als ein armseliges und hoffnungslos biederes Fossil vorgestellt, dessen einzige Funktion in seinem absurd anspruchlosen Job ist, unzählige Papierstapel mit einem Stempel zu bearbeiten. Allein schon in der Benennung seines Stadtbüros mit "Public Liaison" ("öffentliche Kommunikation") versteckt sich eine sehr amüsante Spitze Kurosawas gegen den Bürokratismus, welcher gerade dem deutschen Zeitgenossen nur zu gut bekannt sein sollte.
Denn tatsächlich ist die Kommunikation die letzte Priorität in Watanabes Abteilung, vielmehr betreiben er und seine Arbeitskollegen einen wesentlich größeren Aufwand damit, verzweifelte Antragssteller von einer Behörde zur nächsten zu schicken und so einen stetigen, anspruchslos-gemütlichen Status Quo aufrecht zu erhalten.
Doch Akira Kurosawa ist mitnichten nur daran interessiert, die japanische Bürokratie zu parodieren, es geht ihm um die Menschwerdung seines Kanji Watanabe, der nach seiner tödlichen Krebserkrankung langsam aus seiner Apathie erwacht. Die Szenen, die ihn vor seinem Arztbesuch im Wartezimmer und unmittelbar nach seiner Krebs-Diagnose zeigen, sind wohl jene, die am ehesten den Stilmitteln eines Melodrams verpflichtet sind und doch gehören sie zu den bewegendsten Momenten der Filmgeschichte.
Etwa die Szene, in der Kanji im Wartezimmer in den Magenkrebs-Horrorgeschichten eines Patienten schockiert seine eigenen Symptome zu entdecken glaubt oder die Szene, nach seiner Diagnose, die ihn völlig stumm und in Gedanken versunken die Straße hinunterlaufen zeigt, bis ihn der Straßenlärm urplötzlich aus seiner Versenkung reißt, besonders aber auch jene Szene, in der er allein in seinem Kämmerchen seine Erinnerungen an seinen jetzt abweisenden Sohn Mitsuo Revue passieren lässt.
Speziell letztere Sequenz besitzt eine beinahe überbordende Fülle an tief bewegenden Eindrücken. Es sind die nostalgischen und sentimentalen Erinnerungen eines alten, vertrockneten Mannes, die Kanji an sich vorüberziehen lässt, während er mit seiner schwachen und heiseren Stimme immerzu "Mitsuo" flüstert und dabei von der traumhaft melancholischen Filmmusik von Fumio Hayasaka begleitet wird.
Die Szene endet mit einem tieftraurigen Kanji, der sich langsam in den Schlaf weint und mit diesem perfekt gesetzten Schlusspunkt endet auch der melodramatische Teil von Ikiru. Denn genau genommen ist die Struktur von Ikiru dreigeteilt, drei Akte, wenn man so will.
Der erste Teil ist jener gerade beschriebene, der sich mit Kanjis Leben vor und seiner Verzweiflung nach der Krebserkrankung befasst. Der zweite Teil handelt dann von Kanjis Suche nach Zerstreuung, welche er erst durch einen Partykönig und lakonischen Romancier (nuanciert gespielt von dem einzigartigen Yunosuke Ito) und dann durch die Gegenwart der lebenshungrigen und fröhlichen Toyo zu finden glaubt.
Der zweite Teil ist weniger melodramatisch und zeichnet sich durch feinfühlige Interaktionen und überraschend grausame Realitäten aus. Der Romancier versucht Kanji mit einer Führung durch das exzessive Partyleben der Großstadt von dessen harten Alltag abzulenken, doch er scheitert trotz bester Vorsätze gnadenlos.
Wenn er am Ende mit dem depressiven Kanji und zwei Prostituierten im Wagen sitzt und die schamlos taktlosen Frauenzimmer einen banalen Schlager anstimmen um "die Stimmung aufzubessern", dann erschafft Kurosawa bewusst den unerträglichsten und peinlichsten Moment des ganzen Films, so dass man nur Mitleid für den sich die Hand vor den Kopf schlagenden Romancier und den kranken Kanji empfinden kann.
Auch durch die lebensfrohe Toyo, die quasi das vor Leben sprühende Gegenteil von Kanji verkörpert, kann unser Held kein Seelenheil erlangen. Zuerst reagiert sie auf seine Avancen freundlich und verbringt bereitwillig Zeit mit ihm, doch bald schon langweilt sie der alte Mann und sie weigert sich weiterhin mit ihm auszugehen.
Selbst als Zuschauer, der Kanji inzwischen fest ins Herz geschlossen hat, können wir nicht anders, als ihr Verständnis entgegenzubringen. Kurosawa versteht es perfekt, die unangenehme Stimmung, verbreitet von einem alten Knacker, der die Gesellschaft eines jungen Mädchens sucht, einzufangen und enthüllt damit auch seine ganze Subversivität und sein Talent, verblüffend detaillierte und nuancierte Interaktionen zwischen zwei Charakteren zu inszenieren.
Letztendlich sind also die Bemühungen Kanjis, durch andere Menschen Erlösung zu erhalten, nicht von Erfolg gekrönt, doch immerhin bringt ihn ein Satz des Mädchens dazu, sein Leben noch einmal völlig umzukrempeln und als er mit dem Gesichtsausdruck eines aufgeweckten Geistes die Treppe aus dem Lokal, indem er und das Mädchen aßen, hinunterstürmt, ertönt von oben ein feierliches "Happy Birthday" einer ausgelassenen Studentengruppe.
Natürlich ist dieses nicht für ihn bestimmt, sondern für ein plötzlich ins Bild eilendes junges Mädchen, doch der Zuschauer weiß nur zu gut, dass dieses "Happy Birthday" auch Kanjis neue Geburt einläutet, die ihn im dritten Teil des Films dazu bringt, sein Leben zu ändern. Anstelle uns aber direkt an Kanjis Bemühungen, seinem Leben einen Sinn zu geben, teilhaben zu lassen, werden wir überraschend Zeuge eines Zeitsprunges zu Kanjis Beerdigung.
Diese Verschiebung der Zeitebenen ist es dann auch, die dem Film den letzten Rest der Sentimentalität entreißt und Akira Kurosawas ganze Genialität offenbart, auch wenn dieser letzte Teil durchaus einige kleine Probleme hat. Denn jetzt folgen wir nicht mehr Kanji, sondern seinen biederen Arbeitskollegen, die sich auf der Trauerfeier über ihn das Maul zerreißen.
Es stellt sich heraus, dass Kanji es tatsächlich geschafft hat, seinen Traum vom Kinderspielplatz zu verwirklichen, aber sein Ruhm ihm vom schmierigen Vize-Bürgermeister (Nobuo Nakamura) geklaut wurde, der den Bau des Spielplatzes zu einer gigantischen PR-Kampagne für die anstehenden Wahlen verkommen hat lassen. Zuerst negieren die anwesenden Trauergäste Kanjis Leistung und wollen nicht glauben, dass es tatsächlich er war, der das Projekt verwirklichte.
Doch je weiter sich die Konversationen zwischen den Trauergästen hinzieht (eine auch für den Zuschauer gefühlt ewige Zeit) und je mehr Sake im Spiel ist, desto mehr erinnern sie sich an einzelne Szenen mit Kanji, die sich während des Baus des Spielplatzes abspielten und die Kanjis Bemühungen und Heldenmut zeigten.
Auch hier könnte ich wieder ins Schwärmen von den einzelnen Rückblenden kommen (der Moment, wenn Kanji sich den Yakuza, die den Bau behinderten, todesmutig in den Weg stellt, der Moment, wenn die Sonne auf der Baustelle sein Gesicht berührt und sein Gesichtsausdruck plötzlich von einer erleuchteten Seelenruhe erfüllt ist (eine ähnliche und ebenso starke Szene wie in Ingmar Bergmanns "Wilde Erdbeeren")), aber ich überspringe diesen Teil lieber zugunsten einer zielgerichteteren Kritik (zu spät, ich weiß...).
Schließlich werden die betrunkenen Arbeitskollegen von regelrechten Begeisterungsstürmen für Kanji hinweggetragen und schwören sich lautstark, in Zukunft ehrenhaft nach Kanjis Vorbild zu handeln. Nur ein einziger Mann, der dem Treiben still beiwohnte und die Trauergäste für ihre anfängliche Negierung von Kanjis Taten kritisierte, geht schnurstracks an seinen saufenden Kumpanen vorbei und zollt Kanjis Schrein kniend Respekt.
Natürlich sind schon am nächsten Tag alle guten Vorsätze vergessen und Kanjis Arbeitskollegen fallen in ihre alltägliche Monotonie zurück, in der es weder Menschlichkeit, noch Zukunft geben kann. Nur der stille Mann auf der Trauerfeier (Kimura mit Namen) scheint sich noch immer an die große Tat von Kanji zu erinnern und es sieht so aus, als hätte Kanji zumindest sein Leben für immer verändert.
Für dieses Ende ist Ikiru sehr häufig als pessimistisch und zynisch kritisiert worden, doch ich muss diese Vorwürfe mit aller Kraft verneinen. Ja, die Endphase ist zäh und ja, sie enthält bittere Züge, weitaus mehr als pessimistisch ist sie jedoch von einer Art realistischem Optimismus geprägt. Denn ist es nicht Teil der menschlichen Natur, sich durch andere Menschen inspirieren zu lassen, aber jenen Tatendrang aus reiner Gemütlichkeit zu verdrängen? Ist es nicht leider so, dass ein allzu humanistisches Verhalten schon fast als unmenschlich betrachtet werden muss?
Doch für Kanji gibt es ein Happy End. Er erreicht sein Seelenheil, stirbt im vermutlich glücklichsten Moment seines Lebens und findet in dem jungen Kimura sogar noch einen Saatboden, in dem das von ihm gesäte Saatkorn sprießen kann. Insofern also ein optimistisches Ende, welches an die Kraft des Menschen, Gutes zu tun appelliert und dies einmal nicht mit Kurosawas manchmal etwas naivem und plakativem Humanismus macht, sondern seine Botschaft durch eine bestechend aufrichtige und subtile Weise vermittelt.
Es gibt so viel zu sagen über Ikiru und ich kann in diese (zugegeben schon stark ausgeuferte) Kritik nicht alles hineinpressen. Die wunderbare Filmmusik von Fumio Hayasaka habe ich nur in einem Nebensatz angeschnitten und Asakazu Nakais wunderbare Cinematographie mit keinem Wort erwähnt, doch trotzdem will ich lieber den Darstellern von Ikiru noch ein paar Worte widmen.
Akira Kurosawas beste Filme zeichnen sich durch ihre brillant gezeichneten Charaktere und sein einmaliges Talent zur Schauspielführung aus. In Ikiru vereint er ein überquellendes Sammelsurium an den markantesten und besten Charakterdarstellern Japans. Akira Kurosawas Stamm-Cast um Leute wie den von Alter und Lebensmüdigkeit gezeichneten Bokuzen Hidari oder solch expressive Charaktergesichter wie Kamatari Fujiwara oder Yunosuke Ito sind alle Schauspieler, die irgendwann zwischen 1890 und 1920 geboren sind.
Eine Generation also, deren frühes Leben von Krieg und Leid geprägt war und die alle seltsam ausgezehrt, hager und erschöpft wirken. Während diese Leute in den Jidai-geki von Kurosawa Bauern spielen würden, verkörpern sie hier passend Bürokraten und zeichnen damit das denkbar glaubhafteste und gerade deshalb erschütternste Bild einer Gesellschaft, die in Bürokratie und Lethargie erstarrt ist. Die Tatsache, dass sämtliche Darsteller in Ikiru bereits auf eine bemerkenswerte Karriere zurückblicken konnten oder noch eine bemerkenswerte Karriere-Zukunft vor sich haben sollten, spricht in Sachen Schauspiel eigentlich für sich.
Doch was ist jetzt eigentlich mit Takashi Shimura, dessen Schauspielleistungen ich in der Einführung so vollmundig gelobt habe? Nun ja, würde ich alle Facetten von Takashi Shimuras Performance und die großen Emotionen, die ich mit ihr verbinde auflisten, dann wäre dies keine Kritik von Ikiru, sondern die Charakter-Bio von Takashi Shimura in seinem Eintrag auf meiner Seite. Um seine geniale Performance zu würdigen, ziehe ich es lieber vor, die besten Szenen aus Ikiru heranzuziehen.
Seinen emotionalen Höhepunkt erreicht der Film nämlich in den zwei Szenen, in denen Shimura den Schlager "Gondola no uta" anstimmt. Einmal als er mit dem Romancier in einer Bar sitzt und gegen Ende, als er gedankenversunken bei Schneefall auf der Schaukel seines Spielplatzes wippt. Kurosawa sagte ihm, dass er das Lied "wie ein Fremder" singen sollte, der "in einer Welt lebt, in der niemand glaubt, dass er existiert".
Und exakt genauso hat es Takashi Shimura dann auch gesungen. Mit seiner rauen und leicht schrägen Stimme beschwört er mehr Einsamkeit und mehr existentielle Verzweiflung (und am Ende mehr tief bewegende Erlösung) als es je ein professioneller Sänger vermögen würde. Die Verwandlung dieses sentimentalen Schlagers zu Shimuras einzigartiger Version des Liedes, ist schließlich auch das ultimative Testament für die mit Worten kaum zu beschreibende Exzellenz von Shimuras Performance und Kurosawas Talent zur Schauspieler-Koordination.
Letztendlich glaube ich, dass Ikiru einer der Filme ist, die tatsächlich etwas verändern können. So wie Kanjis Arbeitskollegen wird auch der Zuschauer zweifellos tief bewegt werden und ich bin sicher, dass einige sogar gute Vorsätze für ihr weiteres Leben nach dem Ansehen von Ikiru treffen werden, doch die meisten werden ihrem täglichen Alltagstrott nicht entfliehen können und Ikiru schließlich nicht mehr als eine positive Randnotiz in ihrem Gedächtnis sein.
Doch so wie in Kimura kann auch ein Funke sich im Inneren eines einzelnen Zuschauers entzünden, der diesen Film dann tatsächlich zum Anlass nehmen wird, sein Leben in kleinen Schritten zum Positiven zu wenden. Ein therapeutischer Film also, für alle jene, die ihrem Leben nicht genug Wert beimessen und glauben, in ihrer Alltagsmonotonie festzustecken. Das ist die Kraft von Ikiru und nach meiner Definition ist das auch jene eigentümliche Kraft des Kinos, die aus dem Film die vielleicht größte aller Kunstformen macht.
Fazit:
Ikiru ist ein unsentimentales und dabei tief bewegendes Melodram, welches durch seine intelligent strukturierte Dreiteilung, die brillant gezeichneten Charaktere und nicht zuletzt Takashi Shimuras einmaliger Performance begeistert und berührt.
9 von 10 Punkten = Meisterwerk!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 04. 05. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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