Jitsuroku Chushingura (1928)
Ein Film von Shozo Makino
Bewertung: 7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Jitsuroku Chushingura
Genre: Jidai-geki
Regie: Shozo Makino
Darsteller: Yoho Ii (Kuranosuke Oishi), Kobunji Ichikawa (Konosuke Kira)
Yotaro Katsumi (Sakon Tachibana), Ryunosuke Tsukigata (Ikkaku Shimizu)
Tsuzuya Moroguchi (Takuminokami Asano), Yozo Kojima (Tsunayoshi)
Kanjuro Arashi, Chiezo Kataoka, Masahiro Makino, Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Shotaro Saijo (Buch: Itaro Yamagami)
Kamera: Juzo Tanaka
Musik: -
Toho Company, 64 Minuten, S/W, Stumm
Jitsuroku Chushingura
Genre: Jidai-geki
Regie: Shozo Makino
Darsteller: Yoho Ii (Kuranosuke Oishi), Kobunji Ichikawa (Konosuke Kira)
Yotaro Katsumi (Sakon Tachibana), Ryunosuke Tsukigata (Ikkaku Shimizu)
Tsuzuya Moroguchi (Takuminokami Asano), Yozo Kojima (Tsunayoshi)
Kanjuro Arashi, Chiezo Kataoka, Masahiro Makino, Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Shotaro Saijo (Buch: Itaro Yamagami)
Kamera: Juzo Tanaka
Musik: -
Toho Company, 64 Minuten, S/W, Stumm
Read the English version of this review at easternkicks.com.
Regisseur Shozo Makino gilt als der Vater des japanischen Kinos. Zusammen mit dem Kabuki-
Darsteller Matsunosuke Onoe drehte er ab 1909 sogennante Kyugeki, primitive Historienfilme,
nicht viel mehr als fotografiertes Kabuki-Theater. Onoe wurde so zum ersten Star des japanischen
Kinos, sah in diesem aber nichts weiter als ein Vehikel des Theaters.
Bis 1921 blieb die Kamera in Makinos Filmen fast ausnahmslos statisch, einzig cinematischer Trick
waren simple Jump-Cuts wie sie schon George Melies in den 1900er Jahren perfektioniert hatte. Im
selben Jahr beendete Makino seine Zusammenarbeit mit dem alternden Onoe und gründete seine
eigene Produktionsfirma. Als Produzent finanzierte Makino die Werke mutiger junger Regisseure,
die dem Jidai-geki schnell zu einer ersten Blüte verhalfen.
Während Makino jetzt technisch fortschrittliche, oft sogar revolutionäre Jidai-geki produzierte,
schämte er sich der Rolle seiner eigenen Filme als regressive Kabuki-Imitationen, welche die Reife
des japanischen Kinos so lange verhindert hatten. Zu seinem 50. Geburtstag fasste er deshalb den
Entschluss, ein Meisterwerk zu drehen. Basierend auf der Legende der 47 Ronin, inszenierte er
"Jitsuroku Chushinura". Ein Film, dessen Produktion große Folgen haben sollte...
Story:
Der treue Vasall des Shoguns, Asano Takuminokami (Tsuzuya Moroguchi) soll den hochrangigen
kaiserlichen Botschafters Kira Kozukenosuke (Kobunji Ichikawa) in seinem Anwesen beherbergen.
Bei dessen Ankunft erweist dieser sich als korrupter Schurke, der Asano bei jeder Gelegenheit
erniedrigt. Schließlich kann Asano die Zurechtweisungen des Botschafters nicht mehr ertragen und
verletzt diesen mit seinem Schwert. Ein schändliches Vergehen! Asano wird gezwungen, Seppuku
zu begehen und der Clan des Wakasama ("junger Lord") wird aufgelöst. Aber 47 der ehemaligen
Anwärter des Clans wollen diese Ungerechtigkeit nicht tolerieren. Angeführt von Kuranosuke Oishi
(Yoho Ii) planen sie ihre Rache an dem grausamen Kira.
Kritik:
"Jitsuroku Chushingura" ist einer dieser Filme, die zwar ein wichtiges Dokument des Filmschaffens
darstellen, aber aus kritischer Sicht kaum evaluiert werden können. Meine Bewertung des Films ist
also als rein formelle Punktevergabe zu verstehen. Letztlich ist dieses Review eine Beschreibung
der hochinteressanten Produktionsgeschichte und keine eine analytische Befassung mit dem Films.
"Es wird gesagt, dass es eine Schande ist nach 50 Jahren Lebenszeit keine hervorstehende Tat
vollbracht zu haben. Ich arbeite seit 20 Jahren in der Film-Industrie. Diese Jahr würde ich gerne
einen guten Film drehen!". Dieses Statement von Shozo Makino zeugt von den großen Ambitionen,
die dieser mit der Produktion von "Jitsuroku Chushingura" verband.
Technisch zeugt der Film von einem deutlich profunderen Verständnis Makinos für die
Möglichkeiten des Mediums: Flüssige Kamerafahrten, Close-Ups und schnelle Schnitte in den
sorgsam choreographierten Kampfszenen. All dies gehörte inzwischen zu den Standard-Praktiken
der Industrie, doch im Vergleich zu den Makino-Onoe-Produktion wirken diese Techniken geradezu
revolutionär.
Die aufwändigen Sets und prächtigen Kostüme zeugen dann auch von dem Aufwand, den Makino
in sein Meisterwerk investierte. Unterstützt wird der Regisseur auch von einem eindrucksvollen All-
Star-Cast. Es spielen solche späteren Giganten des Jidai-geki wie Kanjuro Arashi (hier noch als
Chosaburo Arashi), Chiezo Kataoka und sogar Makinos Sohn, Masahiro, ebenso die höchste
Authorität des Shinpa, einer frühen Form des zeitgenößischen Theaters, Yoho Ii als Held Oishi
Gerade letzterer enttäuschte Makino jedoch: Für die Darstellung eines Jidai-geki-Kyokaku empfand
er den nur im modernen Theater bewanderte Ii als zu unnatürlich. Für heutige Rezipienten ist es
hingegen nicht mehr möglich, solche Urteile zu treffen, denn die epische Produktion exisitert heute
nur mehr als Fragment von 64 Minuten.
Die überlebenden Szenen lassen vermuten, dass "Jitsuroku Chushingura" der äußerst populären
Vorlage weitgehendst linientreu folgt, doch selbst die Handlung ist heute schwierig zu
rekonstruieren: Während der Post-Produktion brach ein Feuer im Studio aus und vernichtete große
Teile von Makinos Version. Der Film wurde schließlich von Makinos Söhnen Masahiro und
Sadatsugu Matsuda mit neu gedrehten Szenen in den Kinos veröffentlicht. Wie viel von Shozo
Makinos urprünglichem Film in der heutigen Fassung zu sehen ist, bleibt unklar.
Ob der Film wirklich Makinos Meisterwerk war lässt sich heute also nicht mehr beurteilen. Die
Version seiner Söhne jedoch war ein großer Erfolg an den Kinokassen. Unglücklicherweise kam es
kurz danach zu einem großen Streit zwischen den Schauspielern und dem Management. In der
Folge verliessen über 50 Darsteller Makinos Produktionsfirma, darunter auch Kanjuro Arashi und
Chiezo Kataoka. Im Jahr 1933 musste "Makino Kinema Toijin Film Studio" dann seine Pforten für
immer schließen.
Der Niedergang der Produktionsfirma markierte auch das Ende der "Golden Ära des Jidai-geki"
(1924 - 1931). Makinos Mitarbeiter, selbst seine Kinder heuerten bei anderen Studios an oder
gründeten eigene Unternehmen, oftmals mit großem Erfolg. Aber erst in den Nachkriegs-Jahren
fand der Jidai-geki zu seiner alten Größe zurück.
Makino freilich bekam von all dem nichts mehr mit. Er starb am 25. Juli, 1929 an einem
Herzinfarkt - ohne sein 50. Lebensjahr zu beenden.
Fazit:
"Jitsuroku Chushingura" ist ein bemerkenswertes, aufwändig inszeniertes Dokument des stummen
Jidai-geki mit faszinierender Produktionsgeschichte, dessen fragmentarische Natur eine analytische
Evaluation schwierig gestaltet.
7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffnlichung in englischer Sprache auf "easternkicks.net" am 19.09.2916
Zweitveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 22.10.2016
Geschrieben von Pablo Knote
Regisseur Shozo Makino gilt als der Vater des japanischen Kinos. Zusammen mit dem Kabuki-
Darsteller Matsunosuke Onoe drehte er ab 1909 sogennante Kyugeki, primitive Historienfilme,
nicht viel mehr als fotografiertes Kabuki-Theater. Onoe wurde so zum ersten Star des japanischen
Kinos, sah in diesem aber nichts weiter als ein Vehikel des Theaters.
Bis 1921 blieb die Kamera in Makinos Filmen fast ausnahmslos statisch, einzig cinematischer Trick
waren simple Jump-Cuts wie sie schon George Melies in den 1900er Jahren perfektioniert hatte. Im
selben Jahr beendete Makino seine Zusammenarbeit mit dem alternden Onoe und gründete seine
eigene Produktionsfirma. Als Produzent finanzierte Makino die Werke mutiger junger Regisseure,
die dem Jidai-geki schnell zu einer ersten Blüte verhalfen.
Während Makino jetzt technisch fortschrittliche, oft sogar revolutionäre Jidai-geki produzierte,
schämte er sich der Rolle seiner eigenen Filme als regressive Kabuki-Imitationen, welche die Reife
des japanischen Kinos so lange verhindert hatten. Zu seinem 50. Geburtstag fasste er deshalb den
Entschluss, ein Meisterwerk zu drehen. Basierend auf der Legende der 47 Ronin, inszenierte er
"Jitsuroku Chushinura". Ein Film, dessen Produktion große Folgen haben sollte...
Story:
Der treue Vasall des Shoguns, Asano Takuminokami (Tsuzuya Moroguchi) soll den hochrangigen
kaiserlichen Botschafters Kira Kozukenosuke (Kobunji Ichikawa) in seinem Anwesen beherbergen.
Bei dessen Ankunft erweist dieser sich als korrupter Schurke, der Asano bei jeder Gelegenheit
erniedrigt. Schließlich kann Asano die Zurechtweisungen des Botschafters nicht mehr ertragen und
verletzt diesen mit seinem Schwert. Ein schändliches Vergehen! Asano wird gezwungen, Seppuku
zu begehen und der Clan des Wakasama ("junger Lord") wird aufgelöst. Aber 47 der ehemaligen
Anwärter des Clans wollen diese Ungerechtigkeit nicht tolerieren. Angeführt von Kuranosuke Oishi
(Yoho Ii) planen sie ihre Rache an dem grausamen Kira.
Kritik:
"Jitsuroku Chushingura" ist einer dieser Filme, die zwar ein wichtiges Dokument des Filmschaffens
darstellen, aber aus kritischer Sicht kaum evaluiert werden können. Meine Bewertung des Films ist
also als rein formelle Punktevergabe zu verstehen. Letztlich ist dieses Review eine Beschreibung
der hochinteressanten Produktionsgeschichte und keine eine analytische Befassung mit dem Films.
"Es wird gesagt, dass es eine Schande ist nach 50 Jahren Lebenszeit keine hervorstehende Tat
vollbracht zu haben. Ich arbeite seit 20 Jahren in der Film-Industrie. Diese Jahr würde ich gerne
einen guten Film drehen!". Dieses Statement von Shozo Makino zeugt von den großen Ambitionen,
die dieser mit der Produktion von "Jitsuroku Chushingura" verband.
Technisch zeugt der Film von einem deutlich profunderen Verständnis Makinos für die
Möglichkeiten des Mediums: Flüssige Kamerafahrten, Close-Ups und schnelle Schnitte in den
sorgsam choreographierten Kampfszenen. All dies gehörte inzwischen zu den Standard-Praktiken
der Industrie, doch im Vergleich zu den Makino-Onoe-Produktion wirken diese Techniken geradezu
revolutionär.
Die aufwändigen Sets und prächtigen Kostüme zeugen dann auch von dem Aufwand, den Makino
in sein Meisterwerk investierte. Unterstützt wird der Regisseur auch von einem eindrucksvollen All-
Star-Cast. Es spielen solche späteren Giganten des Jidai-geki wie Kanjuro Arashi (hier noch als
Chosaburo Arashi), Chiezo Kataoka und sogar Makinos Sohn, Masahiro, ebenso die höchste
Authorität des Shinpa, einer frühen Form des zeitgenößischen Theaters, Yoho Ii als Held Oishi
Gerade letzterer enttäuschte Makino jedoch: Für die Darstellung eines Jidai-geki-Kyokaku empfand
er den nur im modernen Theater bewanderte Ii als zu unnatürlich. Für heutige Rezipienten ist es
hingegen nicht mehr möglich, solche Urteile zu treffen, denn die epische Produktion exisitert heute
nur mehr als Fragment von 64 Minuten.
Die überlebenden Szenen lassen vermuten, dass "Jitsuroku Chushingura" der äußerst populären
Vorlage weitgehendst linientreu folgt, doch selbst die Handlung ist heute schwierig zu
rekonstruieren: Während der Post-Produktion brach ein Feuer im Studio aus und vernichtete große
Teile von Makinos Version. Der Film wurde schließlich von Makinos Söhnen Masahiro und
Sadatsugu Matsuda mit neu gedrehten Szenen in den Kinos veröffentlicht. Wie viel von Shozo
Makinos urprünglichem Film in der heutigen Fassung zu sehen ist, bleibt unklar.
Ob der Film wirklich Makinos Meisterwerk war lässt sich heute also nicht mehr beurteilen. Die
Version seiner Söhne jedoch war ein großer Erfolg an den Kinokassen. Unglücklicherweise kam es
kurz danach zu einem großen Streit zwischen den Schauspielern und dem Management. In der
Folge verliessen über 50 Darsteller Makinos Produktionsfirma, darunter auch Kanjuro Arashi und
Chiezo Kataoka. Im Jahr 1933 musste "Makino Kinema Toijin Film Studio" dann seine Pforten für
immer schließen.
Der Niedergang der Produktionsfirma markierte auch das Ende der "Golden Ära des Jidai-geki"
(1924 - 1931). Makinos Mitarbeiter, selbst seine Kinder heuerten bei anderen Studios an oder
gründeten eigene Unternehmen, oftmals mit großem Erfolg. Aber erst in den Nachkriegs-Jahren
fand der Jidai-geki zu seiner alten Größe zurück.
Makino freilich bekam von all dem nichts mehr mit. Er starb am 25. Juli, 1929 an einem
Herzinfarkt - ohne sein 50. Lebensjahr zu beenden.
Fazit:
"Jitsuroku Chushingura" ist ein bemerkenswertes, aufwändig inszeniertes Dokument des stummen
Jidai-geki mit faszinierender Produktionsgeschichte, dessen fragmentarische Natur eine analytische
Evaluation schwierig gestaltet.
7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffnlichung in englischer Sprache auf "easternkicks.net" am 19.09.2916
Zweitveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 22.10.2016
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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