The Inheritance (1962)
Ein Film von Masaki Kobayashi

Bewertung: 7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Karami-ai
Genre: Gendai-geki, Noir-Thriller
Regie: Masaki Kobayashi
Darsteller: So Yamamura (Senzo Kawahara), Minoru Chiaki (Fujiii Junichi), Jun Hamamura, Mikijiro Hira, Atsuko Kawaguchi (Mayumi), Yusuke Kawazu (Sadao Narimune), Keiko Kishi (Yasuko Miyagawa), Fumie Kitahara, Koji Mitsui, Seiji Miyaguchi, Tatsuya Nakadai (Furukawa Kikuo), Kei Sato (Cop), Noriko Sengoku, Kinzo Shin, Kin Sugai, Osamu Takizawa, Toru Abe (Detective), Kunie Tanaka, Misako Watanabe (Satoe), Mari Yoshimura (Mariko aka Mari)
Drehbuch: Koichi Inagaki (Buch: Norio Nanjo)
Kamera: Takashi Kawamata
Musik: Toru Takemitsu
Shochiku Eiga, 107 Minuten, S/W
Karami-ai
Genre: Gendai-geki, Noir-Thriller
Regie: Masaki Kobayashi
Darsteller: So Yamamura (Senzo Kawahara), Minoru Chiaki (Fujiii Junichi), Jun Hamamura, Mikijiro Hira, Atsuko Kawaguchi (Mayumi), Yusuke Kawazu (Sadao Narimune), Keiko Kishi (Yasuko Miyagawa), Fumie Kitahara, Koji Mitsui, Seiji Miyaguchi, Tatsuya Nakadai (Furukawa Kikuo), Kei Sato (Cop), Noriko Sengoku, Kinzo Shin, Kin Sugai, Osamu Takizawa, Toru Abe (Detective), Kunie Tanaka, Misako Watanabe (Satoe), Mari Yoshimura (Mariko aka Mari)
Drehbuch: Koichi Inagaki (Buch: Norio Nanjo)
Kamera: Takashi Kawamata
Musik: Toru Takemitsu
Shochiku Eiga, 107 Minuten, S/W
Die ersten Werke von Masaki Kobayashi waren neben den obligatorischen Standard-Familiendramen seiner Shochiku Studios, einige äußerst kritische Filme, die es wagten, die japanische Gesellschaft erbarmungslos zu attackieren und dies mit großem Engagement taten, auch wenn sie in ihrer Machart noch wenig von dem späteren Perfektionismus Kobayashis besaßen.
Dann bekam der Regisseur die Chance sein legendäres Anti-Kriegs-Epos „The Human Conditions“ zu inszenieren und erzählte in drei Filmen und mehr als 9 Stunden Laufzeit die tragische Geschichte des Soldaten Kaji, dessen Wandel vom linken Humanisten zum desillusionierten Kriegsverbrecher mit erbarmungsloser Kritik an dem Militarismus und Expansionswahn des japanischen Kaiserreichs chronologisiert wurde.
Die Strapazen der dreijährigen Dreharbeiten (von 1959 bis 1961) an dem revolutionären Meisterwerk und vielleicht auch die helfende Hand des Meister-Kameramanns Yoshio Miyajima, der die Trilogie in eine meisterlich expressive Bilderwelt tauchte, schärften Kobayashis visuelles Talent und machten ihn, nachdem er bereits 1959 mit dem zynischen Black River die Ausformulierung seiner Sozialkritik perfektionierte, zu einem vollwertigen Meisterregisseur.
„The Inheritance“ markiert damit seine Rückkehr zu den zeitgenössischen und sozialkritischen „Keiko-Eiga“ („Tendenzfilme“), die er in seinen Anfangsjahren drehte. Nachdem der Regisseur sich in seinen letzten Werken ausschließlich der japanischen Kriegsgeschichte gewidmet hatte, zeigt er mit eindrucksvoller Präzision seine inszenatorischen Fortschritte seit seinen ersten Keiko-Eiga aus den 1950er Jahren.
Es ist aber auch ein Film, der sehr deutlich die Schwächen Kobayashis aufzeigt, die er selbst nach seinem in vielen Kritikeraugen größtem Meisterwerk, der The Human Conditions-Trilogie, noch nicht völlig ausgemerzt haben sollte.
Story:
Der reiche Geschäftsmann Senzo Kawahara (So Yamamura) leidet an einer tödlichen Krebserkrankung und versammelt sein Umfeld zum Zweck der Erbverteilung um sein Sterbebett. Doch zur Überraschung der Anwesenden - und zum Ärger von Kawaharas geldgieriger Ehefrau Satoe (Misako Watanabe) - will er seiner zukünftigen Witwe nur einen kleinen Teil des Vermögens vermachen und beschließt stattdessen, den Großteil seines Geldes an seine drei unehelichen Kinder zu vermachen, deren Aufenthaltsorte ihm allerdings unbekannt sind. Aus diesem Grund beauftragt er seine Mitarbeiter und Anwälte, die Kinder ausfindig zu machen. Bald schon entbrennt hinter dem Rücken des Magnaten ein erbarmungsloser Wettkampf aus Intrigen, Betrügereien und dubiosen Allianzen zwischen den einzelnen Vertrauten Kawaharas, denn niemand scheint bereit, dass Geld an die rechtmäßigen Erben abzutreten. Geplagt von zunehmendem Misstrauen und seiner schmerzhaften Krankheit zieht sich Kawahara immer mehr zurück und sucht den intimen Kontakt mit seiner hübschen Assistentin Yasuko (Keiko Kishi). Diese lässt die Avancen des Geschäftsmanns scheinbar bereitwillig über sich ergehen, doch schnell erweist auch sie sich als geschickte Manipulatorin und hält schon bald unbehelligt alle Fäden in der Hand, während sich die anderen Vertrauten Kawaharas gegenseitig zerfleischen.
Kritik:
Auch wenn The Inheritance sicher nicht zu den besten Filmen Kobayashis gehört, zeigt er den Regisseur formal doch auf der Höhe seines Könnens. Seine Handlung bettet Kobayashi in eine äußerst stylische Bildersprache mit bestechender Klarheit und Präzision ein. Die Beleuchtung etwa zeichnet sich durch einen perfekt orchestrierten Licht- und Schattenfall aus, was der Atmosphäre das Feeling eines Film-Noir verleiht.
Zusätzlich verstärkt wird dieser Eindruck durch die zynischen und scharfzüngigen Off-Monologe von Keiko Kishis verschlagener Femme fatale, die besonders zu Anfang häufig erklingen und den Film effektiv einläuten. Doch Kobayashis persönlicher Regiestil kommt am besten in seiner großartigen Mise-en-scène zum Ausdruck, welche sich in genau platzierten, statischen Kameraeinstellungen, aber besonders auch in Kobayashis schlicht meisterlicher Anordnung und Betonung von Texturen des Umfelds ausdrückt.
Doch diese neue visuelle Meisterschaft Kobayashis zeigt auch sehr deutlich, dass dieser ein Regisseur war, der wenig Talent oder vielleicht eher zu wenig Motivation besaß, zweitklassiges Drehbuch-Material zu transzendieren.
In seinen frühen Filmen war sein visueller Stil noch relativ austauschbar und die Schwächen der Handlungen konnte man mit Kobayashis Unerfahrenheit entschuldigen, doch in dem vorliegenden Film war sein inszenatorisches Talent offenbar schon voll entwickelt, weshalb der Mangel an dramatischem Impakt auf die Durchschnittlichkeit der Handlung zurückzuführen ist.
Denn Kobayashi erzählt nicht viel mehr als eine typische Erbschleicherei-Geschichte, wie sie schon zuvor in unzähligen Werken von Regisseuren wie Alfred Hitchcock aufgetischt wurde. Dem typischen Themenkomplex um gierige Verwandte und betrügerische Machenschaften hat Kobayashi wenig hinzuzufügen, weshalb er die menschliche Gier und den moralischen Verfall mit viel Style, aber wenig echter Substanz inszeniert.
Wenn Yasuko Miyagawa an Anfang durch ein Geschäftsviertel streift und begierig die Wertgegenstände in den Schaufenstern beäugt, wird auch Kobayashis sozialkritische Aussage schnell offensichtlich: Solange Menschen im Kapitalismus und Konsumwahn leben, wird automatisch Gier und Missgunst kreiert, aus der dann zwangsläufig die Bereitwilligkeit zum Betrug und zur Täuschung erwächst.
Das einzige wirklich bemerkenswerte an dieser ebenfalls recht abgedroschenen Aussage ist immerhin, dass Kobayashi nie das kapitalistische System an sich anklagt, sondern immer die menschliche Natur als Ursache für den moralischen Verfall verantwortlich macht. Doch letztendlich enttäuscht Kobayashis beschränkte Themenvielfalt, so dass man es gar nicht glauben will, dass er hier wirklich nicht mehr zu sagen hat, als die altbekannte „Geld korrumpiert“-Phrase.
Durch die interessante Beziehung des reichen Geschäftsmanns Senzo Kawahara und seiner Assistentin - unsere Hauptfigur - Yasuko werden dem Film wenigstens auf Charakterebene einige Facetten hinzugegeben. Als Kawahara schafft es Veteran So Yamamura zugleich das verachtenswerte Bild eines gefühlskalten und geilen alten Mannes zu zeichnen, aber seinem Charakter auch gleichzeitig so viel Menschlichkeit zu verleihen, dass wir ihn für seine Krankheit und die Verschlagenheit seines Umfelds bemitleiden.
Keiko Kishis Figur als die unter seinen Anwerbeversuchen leidende Assistentin, ist aber noch interessanter. Obwohl wir schon in den ersten Minuten ahnen, dass sie weit weniger unschuldig ist, als es zuerst scheint, kommt ihre Kaltschnäuzigkeit im Finale als ein regelrechter Schock, da wir ihrer Figur während des ganzen Films immer mit einer Mischung aus Sympathie und Misstrauen gegenüberstanden.
Auch die anderen Figuren befinden sich im moralischen Graubereich, obwohl sich ihre Persönlichkeiten auf relativ eindimensionale Raffzähne und Betrüger beschränken, wobei ihre Figuren aber enorm von den exzellenten Schauspielern des Films aufgewertet werden. Es ist schon bezeichnend, wenn selbst kleinste Nebenrollen mit so profilierten Charakterdarstellern wie Koji Mitsui besetzt werden. Neben ihm kämpfen unter anderem Tatsuya Nakadai als teuflischer Frauenschwarm und Kurosawa-Veteranen wie Seiji Miyaguchi und Minoru Chiaki um das Erbe Kawaharas.
Zuletzt markiert The Inheritance auch die erste Zusammenarbeit Kobayashi mit dem Komponisten Toru Takemitsu, der den Film mit einem treibenden und melodischen Jazz-Soundtrack unterlegt. All diese Komponenten verleihen dem Film eine überaus hochwertige Oberfläche, die davon ablenkt, dass er bis zuletzt ohne großartige Höhepunkte verbleibt und ohne viel Fokus zwischen den betrügerischen Machenschaften der jeweiligen Parteien umherspringt.
Letztendlich ist The Inheritance sowieso mehr eine Stilprobe und kleine Fingerübung für den frischgebackenen Meisterregisseur Masaki Kobayashi. Im selben Jahr sollte er mit Harakiri schließlich sein größtes Meisterwerk und zugleich einen der kraftvollsten Filme des Jahrhunderts drehen, indem sowohl seine legendäre Mise-en-scène als auch der Soundtrack Toru Takemitsus in ein großartiges Drehbuch eingebettet werden sollten.
Fazit:
In The Inheritance präsentiert sich Masako Kobayashi auf der Höhe seines inszenatorischen Könnens und zeigt zugleich, wie sehr er auf ein gutes Drehbuch angewiesen war. In diesem Fall stehen der perfekten Kinematographie, den exzellenten Schauspielern und dem hochwertigen Soundtrack eine eher abgedroschene Botschaft und altbekannte Handlung gegenüber, weshalb der Film unter den Möglichkeiten des Regisseurs zurückbleibt.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 06. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Dann bekam der Regisseur die Chance sein legendäres Anti-Kriegs-Epos „The Human Conditions“ zu inszenieren und erzählte in drei Filmen und mehr als 9 Stunden Laufzeit die tragische Geschichte des Soldaten Kaji, dessen Wandel vom linken Humanisten zum desillusionierten Kriegsverbrecher mit erbarmungsloser Kritik an dem Militarismus und Expansionswahn des japanischen Kaiserreichs chronologisiert wurde.
Die Strapazen der dreijährigen Dreharbeiten (von 1959 bis 1961) an dem revolutionären Meisterwerk und vielleicht auch die helfende Hand des Meister-Kameramanns Yoshio Miyajima, der die Trilogie in eine meisterlich expressive Bilderwelt tauchte, schärften Kobayashis visuelles Talent und machten ihn, nachdem er bereits 1959 mit dem zynischen Black River die Ausformulierung seiner Sozialkritik perfektionierte, zu einem vollwertigen Meisterregisseur.
„The Inheritance“ markiert damit seine Rückkehr zu den zeitgenössischen und sozialkritischen „Keiko-Eiga“ („Tendenzfilme“), die er in seinen Anfangsjahren drehte. Nachdem der Regisseur sich in seinen letzten Werken ausschließlich der japanischen Kriegsgeschichte gewidmet hatte, zeigt er mit eindrucksvoller Präzision seine inszenatorischen Fortschritte seit seinen ersten Keiko-Eiga aus den 1950er Jahren.
Es ist aber auch ein Film, der sehr deutlich die Schwächen Kobayashis aufzeigt, die er selbst nach seinem in vielen Kritikeraugen größtem Meisterwerk, der The Human Conditions-Trilogie, noch nicht völlig ausgemerzt haben sollte.
Story:
Der reiche Geschäftsmann Senzo Kawahara (So Yamamura) leidet an einer tödlichen Krebserkrankung und versammelt sein Umfeld zum Zweck der Erbverteilung um sein Sterbebett. Doch zur Überraschung der Anwesenden - und zum Ärger von Kawaharas geldgieriger Ehefrau Satoe (Misako Watanabe) - will er seiner zukünftigen Witwe nur einen kleinen Teil des Vermögens vermachen und beschließt stattdessen, den Großteil seines Geldes an seine drei unehelichen Kinder zu vermachen, deren Aufenthaltsorte ihm allerdings unbekannt sind. Aus diesem Grund beauftragt er seine Mitarbeiter und Anwälte, die Kinder ausfindig zu machen. Bald schon entbrennt hinter dem Rücken des Magnaten ein erbarmungsloser Wettkampf aus Intrigen, Betrügereien und dubiosen Allianzen zwischen den einzelnen Vertrauten Kawaharas, denn niemand scheint bereit, dass Geld an die rechtmäßigen Erben abzutreten. Geplagt von zunehmendem Misstrauen und seiner schmerzhaften Krankheit zieht sich Kawahara immer mehr zurück und sucht den intimen Kontakt mit seiner hübschen Assistentin Yasuko (Keiko Kishi). Diese lässt die Avancen des Geschäftsmanns scheinbar bereitwillig über sich ergehen, doch schnell erweist auch sie sich als geschickte Manipulatorin und hält schon bald unbehelligt alle Fäden in der Hand, während sich die anderen Vertrauten Kawaharas gegenseitig zerfleischen.
Kritik:
Auch wenn The Inheritance sicher nicht zu den besten Filmen Kobayashis gehört, zeigt er den Regisseur formal doch auf der Höhe seines Könnens. Seine Handlung bettet Kobayashi in eine äußerst stylische Bildersprache mit bestechender Klarheit und Präzision ein. Die Beleuchtung etwa zeichnet sich durch einen perfekt orchestrierten Licht- und Schattenfall aus, was der Atmosphäre das Feeling eines Film-Noir verleiht.
Zusätzlich verstärkt wird dieser Eindruck durch die zynischen und scharfzüngigen Off-Monologe von Keiko Kishis verschlagener Femme fatale, die besonders zu Anfang häufig erklingen und den Film effektiv einläuten. Doch Kobayashis persönlicher Regiestil kommt am besten in seiner großartigen Mise-en-scène zum Ausdruck, welche sich in genau platzierten, statischen Kameraeinstellungen, aber besonders auch in Kobayashis schlicht meisterlicher Anordnung und Betonung von Texturen des Umfelds ausdrückt.
Doch diese neue visuelle Meisterschaft Kobayashis zeigt auch sehr deutlich, dass dieser ein Regisseur war, der wenig Talent oder vielleicht eher zu wenig Motivation besaß, zweitklassiges Drehbuch-Material zu transzendieren.
In seinen frühen Filmen war sein visueller Stil noch relativ austauschbar und die Schwächen der Handlungen konnte man mit Kobayashis Unerfahrenheit entschuldigen, doch in dem vorliegenden Film war sein inszenatorisches Talent offenbar schon voll entwickelt, weshalb der Mangel an dramatischem Impakt auf die Durchschnittlichkeit der Handlung zurückzuführen ist.
Denn Kobayashi erzählt nicht viel mehr als eine typische Erbschleicherei-Geschichte, wie sie schon zuvor in unzähligen Werken von Regisseuren wie Alfred Hitchcock aufgetischt wurde. Dem typischen Themenkomplex um gierige Verwandte und betrügerische Machenschaften hat Kobayashi wenig hinzuzufügen, weshalb er die menschliche Gier und den moralischen Verfall mit viel Style, aber wenig echter Substanz inszeniert.
Wenn Yasuko Miyagawa an Anfang durch ein Geschäftsviertel streift und begierig die Wertgegenstände in den Schaufenstern beäugt, wird auch Kobayashis sozialkritische Aussage schnell offensichtlich: Solange Menschen im Kapitalismus und Konsumwahn leben, wird automatisch Gier und Missgunst kreiert, aus der dann zwangsläufig die Bereitwilligkeit zum Betrug und zur Täuschung erwächst.
Das einzige wirklich bemerkenswerte an dieser ebenfalls recht abgedroschenen Aussage ist immerhin, dass Kobayashi nie das kapitalistische System an sich anklagt, sondern immer die menschliche Natur als Ursache für den moralischen Verfall verantwortlich macht. Doch letztendlich enttäuscht Kobayashis beschränkte Themenvielfalt, so dass man es gar nicht glauben will, dass er hier wirklich nicht mehr zu sagen hat, als die altbekannte „Geld korrumpiert“-Phrase.
Durch die interessante Beziehung des reichen Geschäftsmanns Senzo Kawahara und seiner Assistentin - unsere Hauptfigur - Yasuko werden dem Film wenigstens auf Charakterebene einige Facetten hinzugegeben. Als Kawahara schafft es Veteran So Yamamura zugleich das verachtenswerte Bild eines gefühlskalten und geilen alten Mannes zu zeichnen, aber seinem Charakter auch gleichzeitig so viel Menschlichkeit zu verleihen, dass wir ihn für seine Krankheit und die Verschlagenheit seines Umfelds bemitleiden.
Keiko Kishis Figur als die unter seinen Anwerbeversuchen leidende Assistentin, ist aber noch interessanter. Obwohl wir schon in den ersten Minuten ahnen, dass sie weit weniger unschuldig ist, als es zuerst scheint, kommt ihre Kaltschnäuzigkeit im Finale als ein regelrechter Schock, da wir ihrer Figur während des ganzen Films immer mit einer Mischung aus Sympathie und Misstrauen gegenüberstanden.
Auch die anderen Figuren befinden sich im moralischen Graubereich, obwohl sich ihre Persönlichkeiten auf relativ eindimensionale Raffzähne und Betrüger beschränken, wobei ihre Figuren aber enorm von den exzellenten Schauspielern des Films aufgewertet werden. Es ist schon bezeichnend, wenn selbst kleinste Nebenrollen mit so profilierten Charakterdarstellern wie Koji Mitsui besetzt werden. Neben ihm kämpfen unter anderem Tatsuya Nakadai als teuflischer Frauenschwarm und Kurosawa-Veteranen wie Seiji Miyaguchi und Minoru Chiaki um das Erbe Kawaharas.
Zuletzt markiert The Inheritance auch die erste Zusammenarbeit Kobayashi mit dem Komponisten Toru Takemitsu, der den Film mit einem treibenden und melodischen Jazz-Soundtrack unterlegt. All diese Komponenten verleihen dem Film eine überaus hochwertige Oberfläche, die davon ablenkt, dass er bis zuletzt ohne großartige Höhepunkte verbleibt und ohne viel Fokus zwischen den betrügerischen Machenschaften der jeweiligen Parteien umherspringt.
Letztendlich ist The Inheritance sowieso mehr eine Stilprobe und kleine Fingerübung für den frischgebackenen Meisterregisseur Masaki Kobayashi. Im selben Jahr sollte er mit Harakiri schließlich sein größtes Meisterwerk und zugleich einen der kraftvollsten Filme des Jahrhunderts drehen, indem sowohl seine legendäre Mise-en-scène als auch der Soundtrack Toru Takemitsus in ein großartiges Drehbuch eingebettet werden sollten.
Fazit:
In The Inheritance präsentiert sich Masako Kobayashi auf der Höhe seines inszenatorischen Könnens und zeigt zugleich, wie sehr er auf ein gutes Drehbuch angewiesen war. In diesem Fall stehen der perfekten Kinematographie, den exzellenten Schauspielern und dem hochwertigen Soundtrack eine eher abgedroschene Botschaft und altbekannte Handlung gegenüber, weshalb der Film unter den Möglichkeiten des Regisseurs zurückbleibt.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 06. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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