The Living Magoroku (1943)
Ein Film von Keisuke Kinoshita
Bewertung: 5 von 10 Punkten = Schwach!
Ikite iru Magoroku
Genre: Gendai-geki, Melodrama, kokumin-eiga
Regie: Keisuke Kinoshita
Darsteller: Ken Uehara (Sagara Kiyomatsu), Yasumi Hara (Yoshihiro Onagi), Kurumi Yamabato (Makoto Onagi), Mitsuko Yoshikawa (Mrs. Mrs. Onagi),
Toshio Hosokawa (Sakabe Katsusuke), Fumiko Katsuragi, Reikichi Kawamura, Tokusaburo Miyako, Kuniko Igawa Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Keisuke Kinoshita
Kamera: Hiroshi Kusuda
Musik: Hikaru Saotome
Shochiku, 89 Minuten, S/W
Ikite iru Magoroku
Genre: Gendai-geki, Melodrama, kokumin-eiga
Regie: Keisuke Kinoshita
Darsteller: Ken Uehara (Sagara Kiyomatsu), Yasumi Hara (Yoshihiro Onagi), Kurumi Yamabato (Makoto Onagi), Mitsuko Yoshikawa (Mrs. Mrs. Onagi),
Toshio Hosokawa (Sakabe Katsusuke), Fumiko Katsuragi, Reikichi Kawamura, Tokusaburo Miyako, Kuniko Igawa Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Keisuke Kinoshita
Kamera: Hiroshi Kusuda
Musik: Hikaru Saotome
Shochiku, 89 Minuten, S/W
Trotzdem auch Keisuke Kinoshitas zweiter Film,
der vorliegende "The Living Magoroku" unter dem Diktat der
faschistischen Militärregierung stand, präsentiert er einen kleinen
Meilensteim im Ouevre Kinoshitas. Zum ersten Mal realisierte der
Regisseur einen Film nach seinem eigenen Drehbuch und wurde damit zu
einem Autorenfilmer, der mehr und mehr die volle Kontrolle über
seine Projekte innerhalb des Studiosystems der japanischen
Filmindustrie übernahm.
Letztendlich offenbart "The Living Magoroku" aber auch die volle Tragik von Kinoshitas früher Karriere. Ausgerechnet in einer Epoche machte er seine ersten Gehversuche als Regisseur, in der Filmemacher sich strikt den Richtlinien einer ridigen Militärzensur unterwerfen mussten, die Individualismus und freiheitliches Denken zugunsten bedingungslosen Gehorsams und der Aufopferungsbereitschaft für die Nation unterband.
Insofern war die Realisierung dieses ersten "echten" Kinoshita-Films also kompromissbehaftet. Um mehr künstlerische Freiheit zu erlangen, musste Kinoshita seinen Film im Fahrwasser der Propaganda schwimmen lassen. So mag "The Living Magoroku" zwar einen wichtigen Schritt zur Reifung Kinoshitas zum vollwertigen Autorenfilmer darstellen, erweist sich aber zugleich als ein Film, dessen propagandistische Botschaft nicht weiter vom späteren Humanismus des Meisterregisseurs entfernt sein könnte.
Story:
Das Onagi-Feld, historische Gedenkstätte einer Schlacht im feudalen Japan, soll zu einem Acker zur Nahrungsproduktion umgestaltet werden. Doch in dem Glauben, dass das Feld mit einem Fluch belastet sei, wehrt sich der Besitzer des Felds, Yoshihiro Onagi (Yasumi Hara), alleiniger männlicher Nachfahre einer langen Linie ehrenvoller Samurai, gegen die Pläne der Regierung. Schließlich fasst der tapfere Offizier Sagara Kiyomatsu (Ken Uehara) den Entschluss, den Besitzer umzustimmen. Ein schwieriges Unterfangen, denn Yoshihiro ist vom Aberglauben so bessessen, dass er krank geworden ist und sich immer weiter aus der Gesellschaft zurückzieht.
Kritik:
Während Keisuke Kinoshitas Erstling Port of Flowers ein durchaus mit aufwendigen Mitteln inszenierter, aber inhaltlich eher kleiner und leichtfüßiger Film war, nimmt "The Living Magoroku" schon deutlicher die Züge eines Propaganda-Epos an. Kinoshita eröffnet seinen Film mit einer groß angelegten, wenn auch etwas ungelenk choreographierten Schlachtenszene im Mittelalter.
Kurz danach wechselt der Film in die Gegenwart, wo jetzt die Nachfahren eben jener Samurai, die sich einst auf dem Onagi-Feld bekämpften auf der historischen Gedenkstätte für den Kriegseinsatz trainieren. Während ein von Ken Uehara gespielter Offizier der Einheit junger Nachwuchssoldaten einbläut, sich nicht an ihrem Leben festzukrallen, erwähnt er auch die Wichtigkeit der Ahnenverehrung.
Doch "The Living Magoroku" zielt nicht nur auf blinde Verehrung von Japans glorreicher Vergangenheit ab. Denn genau jenes Feld soll jetzt zum Acker umgestaltet werden, um Japan in der Zeit des Krieges wertvolle Nahrungsressourcen bereitzustellen. Ein Schritt, gegen den sich der Besitzer des Felds, Yoshihiro Onagi, erbittert wehrt, da er in dem fatalen Aberglauben lebt, dass auf diesem Feld ein Fluch über seiner Familie lastet.
Die Botschaft des Films erweist sich damit als überraschend schizophren. Das japanische Volk soll den heroischen Taten vergangener Helden der Geschichte nacheifern, aber zugleich seinen Blick in die Zukunft richten und den alten Aberglauben zugunsten eines neuen Japans ablegen. Der zentrale Konflikt spannt sich dabei um Yoshihiro, dessen Vergangenheit so stark auf ihm lastet, dass er erkrankt ist und somit untauglich dafür wird, der Nation mit seinem Einsatz für den Krieg zu dienen.
In dieser Figur eines schwachen und kranken jungen Mannes, geplagt von Selbstzweifeln und Depression, liegt durchaus etwas Wahrheit. Ein Charakter, der in einer anderen Zeit wohl Platz in einem von Kinoshitas sensiblen und authentischen Jugend-Melodramen gefunden hätte. Hier wirkt der Weg hin zu seiner eventuellen Rückkehr ins Leben jedoch geradezu pervers.
Yoshihiro gewinnt die Kraft zum Leben, indem er zum Werkzeug der Militärregierung wird. Er wird zu einem Teil des Kollektivs, ohne Bedauern bereit, sich für sein Vaterland aufzuopfern. Was in heutigen Filmen nur in einem zeitkritischen Drama über die ideologische Verführung der Jugend derartig dargestellt werden würde, wird hier als positiv hingestellt.
Auch die Subversivität aller nachfolgenden Kinoshita-Propagandafilme sucht man hier vergebens. Mit etwas gutem Willen könnte man eine Szene, in der die feierliche Rede von Ken Ueharas Militaristen von einem Rekruten unterbrochen wird, der sein Schwert beim Training verloren hat, als parodistisch interpretieren. Doch solche Momente sind so klein, dass sie von den unverhohlen propagandistischen Intentionen des Films völlig überdeckt werden.
Des leichten Tons eines Propagandafilms im Deckmantel einer Komödie wie "Port of Flower" beraubt, erweist sich "The Living Magoroku" schnell als ein trockenes und steifes Drama. Während sonst sorgsam gezeichnete Charaktere die Konflikte in Kinoshitas Filmen antreiben, stehen diese hier völlig unter dem Banner einer übergeordneten Botschaft der Militärregierung.
Nur die Kamera von Hiroshi Kusuda enthüllt ein paar Anflüge von wahrhaftigen Emotionen in den Gesichtern von Kinoshitas Schauspielern. Mit schönen Aufnahmen des mit hohen Gräsern bewachsenen Feldes verleiht sie dem ansonsten weitgehend konventionell aufgenommenen Bildern des Films zudem einige wenige Nuancen.
Mit seinen zahlreichen Subplots, etwa um das wertvolle Schwert des Offiziers, wirkt der Film zudem zerstückelt und unfokusiert. Immerhin sollte sich ein Handlungsstrang, um eine Romanze zwischen einem Busfahrer und einem Mädchen, als wegweisend für die Karriere Kinoshitas erweisen.
Schließlich etablierte sich der Großmeister der Komödie und des Generationen umspannenden Familien-Chronik in den Nachkriegsjahren mit Filmen wie "The Girl I Loved" (1946) und "She Was Like a Wild Chrysanthemum" (1955) auch als Spezialist im Genre des romantischen Melodramas.
Letztendlich gehört "The Living Magoroku" damit zu den schwächsten Werken Kinoshitas. Durchaus solide inszeniert und von Shochiku-Vertragsdarstellern wie Ken Uehara und Takeshi Sakamoto sauber gespielt, aber frei von Kinoshitas Humanismus oder einer charakteristischen Handschrift. Ein Film, der heute nur noch als Dokument einer entmenschlichten Epoche in der japanischen Geschichte von historischem Interesse ist.
Fazit:
"The Living Magoroku" ist ein solide inszenierter, aber steifer und trockener Propaganda-Film, indem die Charaktere völlig zu Erfüllunsgehilfen einer propagandistischen Botschaft werden, die dazu aufruft, eine ausgewogenen Balance zwischen Ahnenverehrung und vorwärtsgerichtetem Einsatz für den Krieg zu finden.
5 von 10 Punkten = Schwach!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 03. 02. 2015
Geschrieben von Pablo Knote
Letztendlich offenbart "The Living Magoroku" aber auch die volle Tragik von Kinoshitas früher Karriere. Ausgerechnet in einer Epoche machte er seine ersten Gehversuche als Regisseur, in der Filmemacher sich strikt den Richtlinien einer ridigen Militärzensur unterwerfen mussten, die Individualismus und freiheitliches Denken zugunsten bedingungslosen Gehorsams und der Aufopferungsbereitschaft für die Nation unterband.
Insofern war die Realisierung dieses ersten "echten" Kinoshita-Films also kompromissbehaftet. Um mehr künstlerische Freiheit zu erlangen, musste Kinoshita seinen Film im Fahrwasser der Propaganda schwimmen lassen. So mag "The Living Magoroku" zwar einen wichtigen Schritt zur Reifung Kinoshitas zum vollwertigen Autorenfilmer darstellen, erweist sich aber zugleich als ein Film, dessen propagandistische Botschaft nicht weiter vom späteren Humanismus des Meisterregisseurs entfernt sein könnte.
Story:
Das Onagi-Feld, historische Gedenkstätte einer Schlacht im feudalen Japan, soll zu einem Acker zur Nahrungsproduktion umgestaltet werden. Doch in dem Glauben, dass das Feld mit einem Fluch belastet sei, wehrt sich der Besitzer des Felds, Yoshihiro Onagi (Yasumi Hara), alleiniger männlicher Nachfahre einer langen Linie ehrenvoller Samurai, gegen die Pläne der Regierung. Schließlich fasst der tapfere Offizier Sagara Kiyomatsu (Ken Uehara) den Entschluss, den Besitzer umzustimmen. Ein schwieriges Unterfangen, denn Yoshihiro ist vom Aberglauben so bessessen, dass er krank geworden ist und sich immer weiter aus der Gesellschaft zurückzieht.
Kritik:
Während Keisuke Kinoshitas Erstling Port of Flowers ein durchaus mit aufwendigen Mitteln inszenierter, aber inhaltlich eher kleiner und leichtfüßiger Film war, nimmt "The Living Magoroku" schon deutlicher die Züge eines Propaganda-Epos an. Kinoshita eröffnet seinen Film mit einer groß angelegten, wenn auch etwas ungelenk choreographierten Schlachtenszene im Mittelalter.
Kurz danach wechselt der Film in die Gegenwart, wo jetzt die Nachfahren eben jener Samurai, die sich einst auf dem Onagi-Feld bekämpften auf der historischen Gedenkstätte für den Kriegseinsatz trainieren. Während ein von Ken Uehara gespielter Offizier der Einheit junger Nachwuchssoldaten einbläut, sich nicht an ihrem Leben festzukrallen, erwähnt er auch die Wichtigkeit der Ahnenverehrung.
Doch "The Living Magoroku" zielt nicht nur auf blinde Verehrung von Japans glorreicher Vergangenheit ab. Denn genau jenes Feld soll jetzt zum Acker umgestaltet werden, um Japan in der Zeit des Krieges wertvolle Nahrungsressourcen bereitzustellen. Ein Schritt, gegen den sich der Besitzer des Felds, Yoshihiro Onagi, erbittert wehrt, da er in dem fatalen Aberglauben lebt, dass auf diesem Feld ein Fluch über seiner Familie lastet.
Die Botschaft des Films erweist sich damit als überraschend schizophren. Das japanische Volk soll den heroischen Taten vergangener Helden der Geschichte nacheifern, aber zugleich seinen Blick in die Zukunft richten und den alten Aberglauben zugunsten eines neuen Japans ablegen. Der zentrale Konflikt spannt sich dabei um Yoshihiro, dessen Vergangenheit so stark auf ihm lastet, dass er erkrankt ist und somit untauglich dafür wird, der Nation mit seinem Einsatz für den Krieg zu dienen.
In dieser Figur eines schwachen und kranken jungen Mannes, geplagt von Selbstzweifeln und Depression, liegt durchaus etwas Wahrheit. Ein Charakter, der in einer anderen Zeit wohl Platz in einem von Kinoshitas sensiblen und authentischen Jugend-Melodramen gefunden hätte. Hier wirkt der Weg hin zu seiner eventuellen Rückkehr ins Leben jedoch geradezu pervers.
Yoshihiro gewinnt die Kraft zum Leben, indem er zum Werkzeug der Militärregierung wird. Er wird zu einem Teil des Kollektivs, ohne Bedauern bereit, sich für sein Vaterland aufzuopfern. Was in heutigen Filmen nur in einem zeitkritischen Drama über die ideologische Verführung der Jugend derartig dargestellt werden würde, wird hier als positiv hingestellt.
Auch die Subversivität aller nachfolgenden Kinoshita-Propagandafilme sucht man hier vergebens. Mit etwas gutem Willen könnte man eine Szene, in der die feierliche Rede von Ken Ueharas Militaristen von einem Rekruten unterbrochen wird, der sein Schwert beim Training verloren hat, als parodistisch interpretieren. Doch solche Momente sind so klein, dass sie von den unverhohlen propagandistischen Intentionen des Films völlig überdeckt werden.
Des leichten Tons eines Propagandafilms im Deckmantel einer Komödie wie "Port of Flower" beraubt, erweist sich "The Living Magoroku" schnell als ein trockenes und steifes Drama. Während sonst sorgsam gezeichnete Charaktere die Konflikte in Kinoshitas Filmen antreiben, stehen diese hier völlig unter dem Banner einer übergeordneten Botschaft der Militärregierung.
Nur die Kamera von Hiroshi Kusuda enthüllt ein paar Anflüge von wahrhaftigen Emotionen in den Gesichtern von Kinoshitas Schauspielern. Mit schönen Aufnahmen des mit hohen Gräsern bewachsenen Feldes verleiht sie dem ansonsten weitgehend konventionell aufgenommenen Bildern des Films zudem einige wenige Nuancen.
Mit seinen zahlreichen Subplots, etwa um das wertvolle Schwert des Offiziers, wirkt der Film zudem zerstückelt und unfokusiert. Immerhin sollte sich ein Handlungsstrang, um eine Romanze zwischen einem Busfahrer und einem Mädchen, als wegweisend für die Karriere Kinoshitas erweisen.
Schließlich etablierte sich der Großmeister der Komödie und des Generationen umspannenden Familien-Chronik in den Nachkriegsjahren mit Filmen wie "The Girl I Loved" (1946) und "She Was Like a Wild Chrysanthemum" (1955) auch als Spezialist im Genre des romantischen Melodramas.
Letztendlich gehört "The Living Magoroku" damit zu den schwächsten Werken Kinoshitas. Durchaus solide inszeniert und von Shochiku-Vertragsdarstellern wie Ken Uehara und Takeshi Sakamoto sauber gespielt, aber frei von Kinoshitas Humanismus oder einer charakteristischen Handschrift. Ein Film, der heute nur noch als Dokument einer entmenschlichten Epoche in der japanischen Geschichte von historischem Interesse ist.
Fazit:
"The Living Magoroku" ist ein solide inszenierter, aber steifer und trockener Propaganda-Film, indem die Charaktere völlig zu Erfüllunsgehilfen einer propagandistischen Botschaft werden, die dazu aufruft, eine ausgewogenen Balance zwischen Ahnenverehrung und vorwärtsgerichtetem Einsatz für den Krieg zu finden.
5 von 10 Punkten = Schwach!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 03. 02. 2015
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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