Tokyo Drifter (1966)
Ein Film von Seijun Suzuki
Bewertung: 7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Tokyo nagaremono
Genre: Yakuza-Eiga, Mukokuseki-Actionfilm
Regie: Seijun Suzuki
Darsteller: Tetsuya Watari (Tetsuya "Phoenix Tetsu" Honda), Chieko Matsubara (Chiharu), Hideaki Nitani (Kenji Aizawa), Ryuji Kita (Kurata), Tsuyoshi Yoshida (Keiichi), Eimei Esumi (Otsuki), Tamio Kawaji (Tatsuzo, The Viper), Eiji Go (Tanaka), Tomoko Hamakawa (Mutsuko) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Kohan Kawauchi
Kamera: Shigeyoshi Mine
Musik: Hajime Kaburagi
Nikkatsu, 89 Minuten, Color
Dies ist die überarbeitete Fassung einer Kritik, die zuerst bei Zelluloid.de erschien.
Tokyo nagaremono
Genre: Yakuza-Eiga, Mukokuseki-Actionfilm
Regie: Seijun Suzuki
Darsteller: Tetsuya Watari (Tetsuya "Phoenix Tetsu" Honda), Chieko Matsubara (Chiharu), Hideaki Nitani (Kenji Aizawa), Ryuji Kita (Kurata), Tsuyoshi Yoshida (Keiichi), Eimei Esumi (Otsuki), Tamio Kawaji (Tatsuzo, The Viper), Eiji Go (Tanaka), Tomoko Hamakawa (Mutsuko) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Kohan Kawauchi
Kamera: Shigeyoshi Mine
Musik: Hajime Kaburagi
Nikkatsu, 89 Minuten, Color
Dies ist die überarbeitete Fassung einer Kritik, die zuerst bei Zelluloid.de erschien.
Seijun Suzuki gilt heute als einer der größten
Stylisten seiner Zeit und regimekritischer Anarchist in den Reihen der
linientreuen Handwerker der Nikkatsu Company. Obwohl sich seine Crime-Thriller
und Yakuza-Eiga inhaltlich vom sonstigen Angebot Nikkatsus nicht
unterschieden, entwickelte er rein visuell einen so außergewöhnlichen
Pop-Art-Stil, dass sein Schaffen bis heute ungebrochenen Kultstatus besitzt und
ihn Filmemacher wie Nicolas Wending Refn als großen Einfluss bezeichnen.
"Tokyo Drifter" ist dabei, wenn auch nicht sein bester, so doch sicher sein bekanntester Film. Kein Wunder, kann er doch als exemplarisch für den formal ausufernd fantasievollen Stil des Regisseurs gelten. Eingebettet in eine routinierte Yakuza-Geschichte bietet er ein reines Feuerwerk an cleveren Ideen und eine opulente visuelle Ausgestaltung, welche die Klischees der Filmhandlung jedoch nicht ganz verdecken kann...
Story:
Nachdem sein Boss Kurata (Ryuji Kita) in den Ruhestand gewechselt ist, verliert Tetsu "Der Phoenix" Hondo (Tetsuya Watari) seine Gangsterbande und entschließt sich von nun an ebenfalls ein ruhiges Leben, abseits des Yakuza-Daseins zu führen. Doch die verfeindete Otsuka-gumi (Otsuka-"Gang") wollen Tetsu nicht einfach so gehen lassen und schaffen es, Kurata durch einen Trick tief in ihre Schuld zu treiben. Um seinen Boss zu entlasten, zieht er schließlich los, um einsam, sein eigenes Titellied summend, in den schneebedeckten Bergen vorgeblich Urlaub zu machen. Doch auch dort wird er von der Otsuka-gumi gejagt, die den gefährlichen Killer Tatsu, die Viper (Tamio Kawaji) auf ihn ansetzen...
Kritik:
Style-over-Substance, diese Standardphrase aus dem Wörterbuch eines jeden Filmkritikers ist es wohl, die den Film perfekt umschreibt. Die Story ist die eines typischen Mukokuseki-Actionfilms, wie ihn die Nikkatsu Company am Fließband produzierte.
Im Gegensatz zu den zynischen und sehr kritischen Jitsuroku-Filmen ("dokumentarisch wahrer Film") eines Kinji Fukasakus romantisierten und stilisierten die Mokokuseki-Action ("grenzenlose Action")-Filme den Alltag der Yakuza und boten in erster Linie leichte Unterhaltung mit Musical-Einlagen in visuell oftmals opulenter Inszenierung und der typischen "grenzenlosen" Atmosphäre des Genres, welche vor westlichen Bars und modischen Outfits oder selbst vor Prärielandschaften und Cowboys im Zentrum der Handlung nicht zurückschreckte.
Seijun Suzuki bildet dabei in beiderlei Hinsicht ein Extrem. Einerseits ist "Tokyo Drifter" ein sehr harmloser Film mit schablonenhaften Helden- und Bösewichtsfiguren, andererseits, selbst im Kanon unzähliger anderer Mokokuseki-Filme, visuell ein Meisterstück. Suzuki serviert uns unzählige fantasievolle, bühnenartige Sets, wie zum Beispiel eine große Schneelandschaft oder einen lupenreinen Westernsaloon (samt klassischer Saloon-Prügelei) und leuchtet alles in grellen und poppigen Farben aus.
Zusätzlich gibt es noch viele kleine Ideen und nette Gadgets. So ist das musikalische Leitmotiv des Hauptdarstellers "Tokyo Nagaremono" ein richtiger Ohrwurm, dessen Melodie der Held sogar selbst während des Films pfeift. Auch kleine Elemente wie ein Aufzug ohne Boden und während einer Szene ständig wechselnde Farbspektren sind schöne Einfälle, die jedoch nie sonderlich mit der routinierten Handlung verknüpft werden, sondern eher "parallel" zur ihr ablaufen.
Diese visuelle Kreativität macht den Film immer faszinierend, aber keineswegs sonderlich spannend. Die schon angesprochenen schemenhaften Figuren, die konventionelle Story und die im Kontrast dazu so surrealistischen und entrückten Visuals bauen immer eine Distanz zwischen Zuschauer und Film auf, welcher eine Involvierung erschwert.
Auch die Schauspieler um Yakuza-Superstar Tetsuya Watari zeigen kaum mehr als routinierte Leistungen und Suzuki verzichtet zugunsten seiner formalen Ausgestaltung des Films auf einen kohärenten Spannungsbogen. Hinzu kommt der - charakteristisch für Suzukis spätere Filme - konfuse Schnitt des Films.
Charaktere tauchen plötzlich auf und verschwinden ebenso schnell wieder, eine Szene springt ohne viel Rhythmus zur anderen oder endet allzu abrupt. Andere Szenen wiederum erscheinen in Kontext der Handlung sinnlos und beliebig (z.b der plötzliche Auftritt eines Kommissars, der ebenso schnell wieder verschwindet).
Diese wirre Komponente in Suzukis Filmen sorgte 1968 schließlich auch für seine Kündigung bei Nikkatsu, dessen Studioleiter seinen Film "Branded to Kill" als "unverständlich" und "unlogisch" verwarf. Im Gegensatz zu letzterem (und trotzdem besseren) Werk wird in Tokyo Drifter zumindest alles sauber aufgelöst und der Film wird nie unverständlich oder unzugänglich.
Im Gegenteil: Dank seines gefälligen Inhalts und der ihm gegenüber stehenden visuellen Brillanz kann der Film als guter Einstieg in das Schaffen Suzukis fungieren. Er erreicht nicht die Qualität anderer Suzuki Yakuza-Filme wie "Youth of the Beast" oder "Tattooed Life“, kann aber als exemplarisch für den Pop-Art-Stil und das Schaffen Suzukis gesehen werden, der den Kultstatus des Regisseurs wohlverdient wirken lässt.
Fazit:
"Tokyo Drifter" ist inhaltlich ein routinierter, harmloser und zudem wirr geschnittener Yakuzafilm, der jedoch visuell mithilfe unzähliger Sets ein wahres Feuerwerk an cleveren Ideen und faszinierender farblicher Ausgestaltung entfacht. Nicht Suzukis bester Film, jedoch verdientermaßen Kult und ein guter Einstiegspunkt für weniger Mutige in das Schaffen dieses faszinierenden Anarchisten.
7 von 10 Punkte = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 10. 08. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
"Tokyo Drifter" ist dabei, wenn auch nicht sein bester, so doch sicher sein bekanntester Film. Kein Wunder, kann er doch als exemplarisch für den formal ausufernd fantasievollen Stil des Regisseurs gelten. Eingebettet in eine routinierte Yakuza-Geschichte bietet er ein reines Feuerwerk an cleveren Ideen und eine opulente visuelle Ausgestaltung, welche die Klischees der Filmhandlung jedoch nicht ganz verdecken kann...
Story:
Nachdem sein Boss Kurata (Ryuji Kita) in den Ruhestand gewechselt ist, verliert Tetsu "Der Phoenix" Hondo (Tetsuya Watari) seine Gangsterbande und entschließt sich von nun an ebenfalls ein ruhiges Leben, abseits des Yakuza-Daseins zu führen. Doch die verfeindete Otsuka-gumi (Otsuka-"Gang") wollen Tetsu nicht einfach so gehen lassen und schaffen es, Kurata durch einen Trick tief in ihre Schuld zu treiben. Um seinen Boss zu entlasten, zieht er schließlich los, um einsam, sein eigenes Titellied summend, in den schneebedeckten Bergen vorgeblich Urlaub zu machen. Doch auch dort wird er von der Otsuka-gumi gejagt, die den gefährlichen Killer Tatsu, die Viper (Tamio Kawaji) auf ihn ansetzen...
Kritik:
Style-over-Substance, diese Standardphrase aus dem Wörterbuch eines jeden Filmkritikers ist es wohl, die den Film perfekt umschreibt. Die Story ist die eines typischen Mukokuseki-Actionfilms, wie ihn die Nikkatsu Company am Fließband produzierte.
Im Gegensatz zu den zynischen und sehr kritischen Jitsuroku-Filmen ("dokumentarisch wahrer Film") eines Kinji Fukasakus romantisierten und stilisierten die Mokokuseki-Action ("grenzenlose Action")-Filme den Alltag der Yakuza und boten in erster Linie leichte Unterhaltung mit Musical-Einlagen in visuell oftmals opulenter Inszenierung und der typischen "grenzenlosen" Atmosphäre des Genres, welche vor westlichen Bars und modischen Outfits oder selbst vor Prärielandschaften und Cowboys im Zentrum der Handlung nicht zurückschreckte.
Seijun Suzuki bildet dabei in beiderlei Hinsicht ein Extrem. Einerseits ist "Tokyo Drifter" ein sehr harmloser Film mit schablonenhaften Helden- und Bösewichtsfiguren, andererseits, selbst im Kanon unzähliger anderer Mokokuseki-Filme, visuell ein Meisterstück. Suzuki serviert uns unzählige fantasievolle, bühnenartige Sets, wie zum Beispiel eine große Schneelandschaft oder einen lupenreinen Westernsaloon (samt klassischer Saloon-Prügelei) und leuchtet alles in grellen und poppigen Farben aus.
Zusätzlich gibt es noch viele kleine Ideen und nette Gadgets. So ist das musikalische Leitmotiv des Hauptdarstellers "Tokyo Nagaremono" ein richtiger Ohrwurm, dessen Melodie der Held sogar selbst während des Films pfeift. Auch kleine Elemente wie ein Aufzug ohne Boden und während einer Szene ständig wechselnde Farbspektren sind schöne Einfälle, die jedoch nie sonderlich mit der routinierten Handlung verknüpft werden, sondern eher "parallel" zur ihr ablaufen.
Diese visuelle Kreativität macht den Film immer faszinierend, aber keineswegs sonderlich spannend. Die schon angesprochenen schemenhaften Figuren, die konventionelle Story und die im Kontrast dazu so surrealistischen und entrückten Visuals bauen immer eine Distanz zwischen Zuschauer und Film auf, welcher eine Involvierung erschwert.
Auch die Schauspieler um Yakuza-Superstar Tetsuya Watari zeigen kaum mehr als routinierte Leistungen und Suzuki verzichtet zugunsten seiner formalen Ausgestaltung des Films auf einen kohärenten Spannungsbogen. Hinzu kommt der - charakteristisch für Suzukis spätere Filme - konfuse Schnitt des Films.
Charaktere tauchen plötzlich auf und verschwinden ebenso schnell wieder, eine Szene springt ohne viel Rhythmus zur anderen oder endet allzu abrupt. Andere Szenen wiederum erscheinen in Kontext der Handlung sinnlos und beliebig (z.b der plötzliche Auftritt eines Kommissars, der ebenso schnell wieder verschwindet).
Diese wirre Komponente in Suzukis Filmen sorgte 1968 schließlich auch für seine Kündigung bei Nikkatsu, dessen Studioleiter seinen Film "Branded to Kill" als "unverständlich" und "unlogisch" verwarf. Im Gegensatz zu letzterem (und trotzdem besseren) Werk wird in Tokyo Drifter zumindest alles sauber aufgelöst und der Film wird nie unverständlich oder unzugänglich.
Im Gegenteil: Dank seines gefälligen Inhalts und der ihm gegenüber stehenden visuellen Brillanz kann der Film als guter Einstieg in das Schaffen Suzukis fungieren. Er erreicht nicht die Qualität anderer Suzuki Yakuza-Filme wie "Youth of the Beast" oder "Tattooed Life“, kann aber als exemplarisch für den Pop-Art-Stil und das Schaffen Suzukis gesehen werden, der den Kultstatus des Regisseurs wohlverdient wirken lässt.
Fazit:
"Tokyo Drifter" ist inhaltlich ein routinierter, harmloser und zudem wirr geschnittener Yakuzafilm, der jedoch visuell mithilfe unzähliger Sets ein wahres Feuerwerk an cleveren Ideen und faszinierender farblicher Ausgestaltung entfacht. Nicht Suzukis bester Film, jedoch verdientermaßen Kult und ein guter Einstiegspunkt für weniger Mutige in das Schaffen dieses faszinierenden Anarchisten.
7 von 10 Punkte = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 10. 08. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
created by Nippon-Kino.net
all rights reserved.
all rights reserved.