Black Line (1960)
Ein Film von Teruo Ishii
Bewertung: 7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Kurosen chitai
Genre: Yakuza-Eiga, Kriminalfilm, Psycho-Thriller
Regie: Teruo Ishii
Darsteller: Shigeru Amachi (Koji Machida), Utako Mitsuya (Misako), Hiroshi Asami (Kayoko), Hiroshi Ayukawa (Hotel Manager), Seiji Hara, Yuzo Harumi (Detective Suzuki), Toshio Hosokawa (Goro Torii), Shogo Itane (Gay Boy B), Miho Jo (Hotel Maid Tokiko), Kyoko Katsuri (Kyoko) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Teruo Ishii, Ichiro Miyagawa
Kamera: Jugyo Yoshida
Musik: Michiaki Watanabe
Shintoho, 80 Minuten, S/W
Kurosen chitai
Genre: Yakuza-Eiga, Kriminalfilm, Psycho-Thriller
Regie: Teruo Ishii
Darsteller: Shigeru Amachi (Koji Machida), Utako Mitsuya (Misako), Hiroshi Asami (Kayoko), Hiroshi Ayukawa (Hotel Manager), Seiji Hara, Yuzo Harumi (Detective Suzuki), Toshio Hosokawa (Goro Torii), Shogo Itane (Gay Boy B), Miho Jo (Hotel Maid Tokiko), Kyoko Katsuri (Kyoko) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Teruo Ishii, Ichiro Miyagawa
Kamera: Jugyo Yoshida
Musik: Michiaki Watanabe
Shintoho, 80 Minuten, S/W
Teruo Ishii ist im Westen am ehesten für seine Ninkyo-Filme (ninkyo eiga) mit Ken Takakura in den 1960ern und seine Folterfilme aus den frühen 1970er Jahren für die Toei Company bekannt, doch bereits viele Jahre zuvor galt er als erfolgreicher Vertragsregisseur, damals noch als Mitarbeiter der recht kurzlebigen Shintoho.
Für dieses Filmstudio inszenierte er auch vier Einträge der Line-Reihe, eine Serie von Film-Noir, welche es sich zum Ziel gemacht hatte, die düstere japanische Unterwelt zu porträtieren (natürlich im pulpigen Shintoho-Style). Der hier vorliegende zweite Teil ist dabei der vielleicht beste Film der knapp budgetierten B-Movie-Reihe.
Teruo Ishii liefert hier nicht nur ein Musterbeispiel seiner charakteristisch energetischen Regie ab, sondern inszeniert mit "Black Line" auch ein Paradexemplar der schwer unterhaltsamen B-Movies der Shintoho, welches wie kaum ein anderer Vertreter des Genres Shintohos Motto der "Geschwindikeit" zu verkörpern scheint.
Story:
Bei seiner Recherche über die Black Line, einer skrupellosen Bande von Drogendealern und Mädchenschmugglern, wird der Journalist Koji Machida (Shigeru Amachi) betäubt und wacht einige Stunden später in einem heruntergekommenen Apartment wieder auf. Neben ihm liegt die Leiche einer Frau, welche scheinbar mit Machidas eigener Krawatte ermordet wurde. Zwar kann Machida vom Tatort fliehen, doch die Polizei befindet sich schon dicht auf seinen Fersen. Nun muss er seine Unschuld beweisen und versucht eigenhändig die wirklichen Täter zu fassen, die er in den Reihen der Black Line vermutet.
Kritik:
In einem Interview sagte Teruo Ishii einmal, dass die wichtigste Philosophie der Shintoho folgender Grundsatz war: "Geschwindigkeit ist alles". Ein rasend schnelles Tempo sollte den Takt angeben und das sensationslüsterne Publikum immerzu bei Laune halten. Die erste Viertelstunde von "Black Line" kann in vielerlei Hinsicht als ein Paradebeispiel dieses Grundsatzes gelten.
In diesen ersten Filmminuten folgen wir unserem Protagonisten, dem Journalisten Machida, bei seiner Recherche über die skrupellose Black Line-Organisation, wobei er erst von einer geheimnisvollen Wahrsagerin wichtige Informationen erhält, dann von zwielichtigen Gangstern betäubt wird und schließlich in einem schäbigen Hotelzimmer aufwacht - neben der Leiche einer schönen Frau.
Nach dieser atmosphärisch inszenierten, hervorragend montierten und blitzschnellen Exposition muss der Film aber seinem abgedroschenem Handlungsgerüst Tribut zollen. Der Plot um einen Protagonisten, der, fälschlicherweise eines Verbrechens angeklagt, versucht, auf eigene Faust seine Unschuld zu beweisen, war schon Anfang der 1960er Jahre arg abgegriffen und die Ermittlungen des Helden gestalten sich routiniert unter Verwendung aller Klischees des Genres.
Dies führt dann auch zu mangelnder emotionaler Involvierung, da auch alle Charaktere des Films - fiese Gangster, eine Hauptfigur in klassischer Hard-Boiled-Tradition und sogar eine mysteriöse Femme-fatale - nichts mehr als Abziehbilder des Film-Noir darstellen. Mehr als die Handlung überzeugt insofern auch die düstere Inszenierung Teruo Ishiis und der motivierte Cast.
Oft wirkt "Black Line" beinahe wie eine überhöhte Parodie auf den amerikanischen Film-Noir. Die Schatten, welche auf die schummrig beleuchteten Straßen fallen, sind länger, die zahlreichen Close-Ups näher, die Kamerawinkel tiefer, der Jazz-Soundtrack von Michiaki Watanabe wilder und die Umgebung zwielichtiger als bei dem herkömmlichen amerikanischen Humphrey Bogart-Film-Noir unter den wachsamen Augen von Meistern wie John Huston oder Howard Hawks.
"Black Line" mag die Originalität dieser Filmvorbilder fehlen, so dass etwa der obligatorische innere Monolog der Hauptfigur ein wenig überflüssig wirkt und sich nie jene innere Spannung der besten amerikanischen Genrevorbildern entfaltet, doch besonders in seiner Auswahl der schäbigen Locations geht Ishii bedeutend weiter als jene amerikanischen Film-Noir.
Mit einer düsteren Puppenwerkstatt, unzähligen schummrigen Clubs und Seitengassen und einem fantastischen Endkampf, bei dem die beiden Kämpfenden ihren Faustkampf erst auf einem fahrenden Zug und dann auf den Dächern diverser Hausboote austragen, wählt Ishii zahlreiche wunderbare Orte, die zusammen mit seinem flotten Erzähltempo eine immer unterhaltsame Tour-de-Force bilden.
Mit dem Einbezug eines Transvestiten hätte Teruo Ishii in den Vereinigten Staaten zudem in jener Zeit wahrscheinlich für einen Skandal gesorgt. Ein Handlungselement, das im Kontext amerikanischer Prüderie der 1960er Jahre wahrlich unglaublich anmutet, aber kulturell bedingt zu erklären ist. Im Gegensatz zu Amerika wurde Homosexualität in Japan zu keiner Zeit geächtet und insofern war der Anblick eines Mannes in Frauenkleidern wohl weitaus weniger schockierend für ein japanisches Publikum als er zu jener Zeit für ein Amerikanisches gewesen wäre.
Auch der Cast ist hervorragend gewählt, doch mit Ausnahme von Shigeru Amachi, der als wichtiger Star der Shintoho den charismatischen Lead spielt, blieben die meisten Darsteller eher unbekannt. Nichtsdestotrotz überzeugen besonders Yoko Mihara als zwielichtige Liebhaberin, Daijiro Kikukawa als fieser Gangsterboss und Yuji Munakata als psychopathischer Killer mit intensiven Leistungen und ausdrucksstarken Charaktergesichtern.
"Black Line" ist sicher kein Film, der dem Film-Noir irgendwelche Innovationen oder besondere Twists abgewinnt, doch als energetisch inszenierte kleine Genreübung und Paradebeispiel des charakteristischen Prinzips der "Geschwindigkeit", wie sie die Shintoho-Studios propagierte, funktioniert er überaus gut und kann so als "sehr sehenswerter" Vertreter des Genres in die Annalen des Film-Noir eingehen.
Fazit:
"Black Line" ist ein mutiger und atmosphärisch beleuchteter Film-Noir, dessen energetische Inszenierung und motivierter Cast über die zahlreichen Klischees der abgedroschenen Handlung hinwegtäuschen, so dass der Film als ins Extreme überhöhtes B-Movie-Exemplar des Genres beste Unterhaltung bietet.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 12. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Für dieses Filmstudio inszenierte er auch vier Einträge der Line-Reihe, eine Serie von Film-Noir, welche es sich zum Ziel gemacht hatte, die düstere japanische Unterwelt zu porträtieren (natürlich im pulpigen Shintoho-Style). Der hier vorliegende zweite Teil ist dabei der vielleicht beste Film der knapp budgetierten B-Movie-Reihe.
Teruo Ishii liefert hier nicht nur ein Musterbeispiel seiner charakteristisch energetischen Regie ab, sondern inszeniert mit "Black Line" auch ein Paradexemplar der schwer unterhaltsamen B-Movies der Shintoho, welches wie kaum ein anderer Vertreter des Genres Shintohos Motto der "Geschwindikeit" zu verkörpern scheint.
Story:
Bei seiner Recherche über die Black Line, einer skrupellosen Bande von Drogendealern und Mädchenschmugglern, wird der Journalist Koji Machida (Shigeru Amachi) betäubt und wacht einige Stunden später in einem heruntergekommenen Apartment wieder auf. Neben ihm liegt die Leiche einer Frau, welche scheinbar mit Machidas eigener Krawatte ermordet wurde. Zwar kann Machida vom Tatort fliehen, doch die Polizei befindet sich schon dicht auf seinen Fersen. Nun muss er seine Unschuld beweisen und versucht eigenhändig die wirklichen Täter zu fassen, die er in den Reihen der Black Line vermutet.
Kritik:
In einem Interview sagte Teruo Ishii einmal, dass die wichtigste Philosophie der Shintoho folgender Grundsatz war: "Geschwindigkeit ist alles". Ein rasend schnelles Tempo sollte den Takt angeben und das sensationslüsterne Publikum immerzu bei Laune halten. Die erste Viertelstunde von "Black Line" kann in vielerlei Hinsicht als ein Paradebeispiel dieses Grundsatzes gelten.
In diesen ersten Filmminuten folgen wir unserem Protagonisten, dem Journalisten Machida, bei seiner Recherche über die skrupellose Black Line-Organisation, wobei er erst von einer geheimnisvollen Wahrsagerin wichtige Informationen erhält, dann von zwielichtigen Gangstern betäubt wird und schließlich in einem schäbigen Hotelzimmer aufwacht - neben der Leiche einer schönen Frau.
Nach dieser atmosphärisch inszenierten, hervorragend montierten und blitzschnellen Exposition muss der Film aber seinem abgedroschenem Handlungsgerüst Tribut zollen. Der Plot um einen Protagonisten, der, fälschlicherweise eines Verbrechens angeklagt, versucht, auf eigene Faust seine Unschuld zu beweisen, war schon Anfang der 1960er Jahre arg abgegriffen und die Ermittlungen des Helden gestalten sich routiniert unter Verwendung aller Klischees des Genres.
Dies führt dann auch zu mangelnder emotionaler Involvierung, da auch alle Charaktere des Films - fiese Gangster, eine Hauptfigur in klassischer Hard-Boiled-Tradition und sogar eine mysteriöse Femme-fatale - nichts mehr als Abziehbilder des Film-Noir darstellen. Mehr als die Handlung überzeugt insofern auch die düstere Inszenierung Teruo Ishiis und der motivierte Cast.
Oft wirkt "Black Line" beinahe wie eine überhöhte Parodie auf den amerikanischen Film-Noir. Die Schatten, welche auf die schummrig beleuchteten Straßen fallen, sind länger, die zahlreichen Close-Ups näher, die Kamerawinkel tiefer, der Jazz-Soundtrack von Michiaki Watanabe wilder und die Umgebung zwielichtiger als bei dem herkömmlichen amerikanischen Humphrey Bogart-Film-Noir unter den wachsamen Augen von Meistern wie John Huston oder Howard Hawks.
"Black Line" mag die Originalität dieser Filmvorbilder fehlen, so dass etwa der obligatorische innere Monolog der Hauptfigur ein wenig überflüssig wirkt und sich nie jene innere Spannung der besten amerikanischen Genrevorbildern entfaltet, doch besonders in seiner Auswahl der schäbigen Locations geht Ishii bedeutend weiter als jene amerikanischen Film-Noir.
Mit einer düsteren Puppenwerkstatt, unzähligen schummrigen Clubs und Seitengassen und einem fantastischen Endkampf, bei dem die beiden Kämpfenden ihren Faustkampf erst auf einem fahrenden Zug und dann auf den Dächern diverser Hausboote austragen, wählt Ishii zahlreiche wunderbare Orte, die zusammen mit seinem flotten Erzähltempo eine immer unterhaltsame Tour-de-Force bilden.
Mit dem Einbezug eines Transvestiten hätte Teruo Ishii in den Vereinigten Staaten zudem in jener Zeit wahrscheinlich für einen Skandal gesorgt. Ein Handlungselement, das im Kontext amerikanischer Prüderie der 1960er Jahre wahrlich unglaublich anmutet, aber kulturell bedingt zu erklären ist. Im Gegensatz zu Amerika wurde Homosexualität in Japan zu keiner Zeit geächtet und insofern war der Anblick eines Mannes in Frauenkleidern wohl weitaus weniger schockierend für ein japanisches Publikum als er zu jener Zeit für ein Amerikanisches gewesen wäre.
Auch der Cast ist hervorragend gewählt, doch mit Ausnahme von Shigeru Amachi, der als wichtiger Star der Shintoho den charismatischen Lead spielt, blieben die meisten Darsteller eher unbekannt. Nichtsdestotrotz überzeugen besonders Yoko Mihara als zwielichtige Liebhaberin, Daijiro Kikukawa als fieser Gangsterboss und Yuji Munakata als psychopathischer Killer mit intensiven Leistungen und ausdrucksstarken Charaktergesichtern.
"Black Line" ist sicher kein Film, der dem Film-Noir irgendwelche Innovationen oder besondere Twists abgewinnt, doch als energetisch inszenierte kleine Genreübung und Paradebeispiel des charakteristischen Prinzips der "Geschwindigkeit", wie sie die Shintoho-Studios propagierte, funktioniert er überaus gut und kann so als "sehr sehenswerter" Vertreter des Genres in die Annalen des Film-Noir eingehen.
Fazit:
"Black Line" ist ein mutiger und atmosphärisch beleuchteter Film-Noir, dessen energetische Inszenierung und motivierter Cast über die zahlreichen Klischees der abgedroschenen Handlung hinwegtäuschen, so dass der Film als ins Extreme überhöhtes B-Movie-Exemplar des Genres beste Unterhaltung bietet.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 12. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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