Ghost in the Well (1957)
Ein Film von Toshikazu Kono
Bewertung: 6.5 von 10 Punkten = Oberer Durchschnitt!
Kaidan Bancho Sara-Yashiki
Genre: Jidai-geki, Kaidan eiga, Toei Jidai-geki
Regie: Toshikazu Kono
Darsteller: Chiyonosuke Azuma (Harima Aoyama), Hibari Misora (Okiku),
Reiji Tsumura (Jurozaemon Mizuno), Kunijiro Yanagi (Sakai Shinakomi),
Ushio Akashi (Haruki Bunzaemon), Shoji Kiyokawa, Michiko Hoshi (Onami), Kinnosuke Fujiki, Hideko Takehara
Drehbuch: Michihei Muramatsu
Kamera: Ko Matsui
Musik: Masao Yoneyama
Toei Company, 45 Minuten, B/W
Kaidan Bancho Sara-Yashiki
Genre: Jidai-geki, Kaidan eiga, Toei Jidai-geki
Regie: Toshikazu Kono
Darsteller: Chiyonosuke Azuma (Harima Aoyama), Hibari Misora (Okiku),
Reiji Tsumura (Jurozaemon Mizuno), Kunijiro Yanagi (Sakai Shinakomi),
Ushio Akashi (Haruki Bunzaemon), Shoji Kiyokawa, Michiko Hoshi (Onami), Kinnosuke Fujiki, Hideko Takehara
Drehbuch: Michihei Muramatsu
Kamera: Ko Matsui
Musik: Masao Yoneyama
Toei Company, 45 Minuten, B/W
"Bancho Sarayashiki", die
Geschichte der jungen Okiku, die, von ihrem Liebhaber ermordet und in
einen Brunnen geworfen, aus ihrem nassen Grab emporsteigt, um ihren
Mörder noch im Tod zu verfolgen, gehört zu den ältesten
Geistergeschichten Japans und existiert in zahlreichen Fassungen. Die
bekannteste Version schrieb wohl der Dramatiker Kido Okamoto (1872 –
1939), der die Horrormär im Jahr 1916 für das Kabuki-Theater
adaptierte.
Interessanter als die an sich recht gewöhnliche Geistergeschichte, ist dann auch Okamotos Reinterpreation des alten Stoffs. Er verlegte die Handlungs ins 17. Jahrhundert und verwob sie mit dem historischen Motiv der sogenannten Kabuki mono, einer Gruppe von pompös gekleideten rangniedrigen hatamoto (Samurai-Angestellte), die zu jener Zeit in Japans damaliger Hauptstadt Edo mit ihrem respektlosen Benehmen für viel Ärger sorgten.
Der Anführer dieser hatamoto yakko, Jurazaemon Mizuno, ist dem durchschnittlichen japanischen Zuschauer wohl eher als Gegenspieler des legendären Otokodate Chobei Banzui in dem Kabuki-Stück "The Renowned Banzuin Chobei" (Kiwametsuki Banzui Chobei, 1881) bekannt, welches zuvor im Jahre 1951 in einer extrem erfolgreichen Filmversion von Daisuke Ito adaptiert wurde.
Diese Überschneidung zweier japanischer Klassiker des Theaters ist dann auch das spannendste an dieser vorliegenden Filmversion von "Bancho Sarayashiki", einer nur 45 minütigen Filmadaption der Toei Company, wohl gedreht, um als Vehikel der Toei-Superstars Chiyonosuke Azuma und Hibari Misora als Beigabe in einem Double-Feature zu dienen. Ein Film, der typische Toei-Routine liefert, aber aufgrund seiner historischen Anspielungen zweifellos eine gewisse Faszination auf jeden leidenschaftlichen Japanstudenten ausüben sollte...
Story:
Der berüchtigte Samurai Jurozaemon Mizuno (Reiji Tsumura) wird für sein undiszipliniertes Verhalten zum Tod durch Seppuku verurteilt. Jetzt müssen seine ehemaligen Gefolgsleute, darunter der junge Samurai Aoyama (Chiyonosuke Azuma), versuchen nun ihren beschädigten Ruf wiederherzustellen. Aoyama will dafür eine Heirat mit der Tochter eines einflussreichen Samurai eingehen, was seine heimliche Geliebte, die Bedienstete Okiku (Hibari Misora), in eine schwere Krise stürzt. Auch Aoyama empfindet tiefe Gefühle für Okiku, doch als diese eines Tages unabsichtlich ein wichtiges Brautgeschenk, zerstört, begeht Aoyama eine schreckliche Tat, die ihn bis ins Grab verfolgen wird...
Kritik:
Die Geschichte von "Ghost in the Well" setzt ungefähr am Ende des Kabuki-Stücks "The Renowned Banzui Chobei" ein. Aufgrund seiner Verbrechen ist Jurozaemon Mizuno bereits zum Tod durch Harakiri verurteilt worden. Jetzt muss sein Gefolgsmann, Harumi Aoyama, seinen Namen von den Schandtaten Mizunos reinzuwaschen, wozu er eine Zwangsheirat mit der Tochter eines einflussreichen Samurai eingehen will.
In seiner Reinterpreation der berühmten "Teller-Szene" entfernt sich der vorliegende Film allerdings recht weit vom "The Renowned Banzui Chobei". Hier ist es Aoyama, nicht Mizuno, der seine Geliebte für das Zerbrechen eines Sets von wertvollen Tellern, ein wichtiges Brautgeschenk für die Hochzeit, umbringt. Ihr Tod für ein bisschen Geschirr markiert den dramatischen Wendepunkt von "Ghost in the Well", wirkt aber hier weniger effektvoll und ambivalent, als die gleiche Szene in Daisuke Itos sechs Jahre zuvor gedrehten Five Men From Edo.
Hier spiegelt die Tat nicht die Verrohung der Samurai wieder, sondern dient als nicht hinterfragte Kulmination des Melodramas der Liebesgeschichte zwischen Aoyama und seiner Geliebten. Ein solches Herunterspielen der grausamen Tat weist den Film dann schnell als Familienunterhaltung im typischen Stil der Toei Jidai-geki aus. Moralische Grautöne werden ausgeblendet, Schwertkämpfe sind zwar rasant choreographiert, aber vollkommen blutlos und selbst die Geisterszenen kommen völlig ohne Blut und die Lust am Morbiden aus, wie sie etwas Nobuo Nakagawa in seinen Kaidan eiga für die Shintoho-Studios so ausgiebig zelebrierte.
"Ghost in the Well" gibt sich eher als ein romantisches Melodrama und hat wenig Interesse daran, dem Zuschauer mit übernatürlichem Horror einen Schauer über den Rücken zu jagen. Die tragische Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptfiguren steht im Zentrum, Geisterszenen dürfen wir erst in den letzten Filmminuten bewundern, wobei der Antrieb für die Rückkehr der Ermordeten hier auch nicht die Rache ist, sondern die Reumütigkeit. Die gemeuchelte Geliebte ist ihrem Mörder noch im Tode hörig.
Dieses Melodrama ist genretypisch mit dem Einbezug von viel exzessiver Sentimentalität und konservativen Rollenmodellen inszeniert, überzeugt aber dennoch durch die Präsenz der beiden jungen Stars. Hibari Misora, Japans größter Popstar, ist gewohnt bezaubernd als Okiku und die Chemie mit ihrem Filmpartner Chiyonosuke Azuma, auch in unzähligen anderen Toei Jidai-geki ihr Liebhaber, wirkt stets authentisch und glaubhaft.
Überraschend veredelt auch der Toei-Vertrags-Regisseur Toshikazu Kono, ein Routinier, der auf der Rangleiter noch etwas unter den Toei-Prestigeregisseuren des Toei Jidai-geki wie Sadatsugu Matsuda und Masahiro Makino stand, den Film mit einem guten Auge für das Kreiern von Atmosphäre. Ein klassisches Symphonie-Orchester versorgt den Film mit einem dichten Klanggewebe aus Streichern, Flöten und traditionell japanischen Instrumenten und Kono macht geschickt Einsatz von zahlreichen langsamen Kamerafahrten, die dem Film auch in ruhigen Momenten eine leise Spannung verleihen.
Letztendlich ist "Ghost in the Well" nicht viel mehr als ein typisches Routineprodukt der Toei Company, ein kurzer Programmfilm, gedacht als Begleitfilm bei einer Double-Feature-Kinovorstellung. Das der Film trotz dieses B-Movie-Charakters seine Qualitäten besitzt, ist letztendlich dem Regisseur und den Stars zu verdanken. Sie machen aus dem unscheinbaren Kaidan eiga einen durchaus unterhaltsames Werk, welches wohl im "Oberen Durchschnitt" angesiedelt werden kann.
Fazit:
"Ghost in the Well" ist ein inhaltlich routinierter, wenn auch solide gespielter und inszenierter Kaidan eiga, der genretypische Gewalteffekte zugunsten melodramatischer Familienunterhaltung herunterfährt.
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 30. 10. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Interessanter als die an sich recht gewöhnliche Geistergeschichte, ist dann auch Okamotos Reinterpreation des alten Stoffs. Er verlegte die Handlungs ins 17. Jahrhundert und verwob sie mit dem historischen Motiv der sogenannten Kabuki mono, einer Gruppe von pompös gekleideten rangniedrigen hatamoto (Samurai-Angestellte), die zu jener Zeit in Japans damaliger Hauptstadt Edo mit ihrem respektlosen Benehmen für viel Ärger sorgten.
Der Anführer dieser hatamoto yakko, Jurazaemon Mizuno, ist dem durchschnittlichen japanischen Zuschauer wohl eher als Gegenspieler des legendären Otokodate Chobei Banzui in dem Kabuki-Stück "The Renowned Banzuin Chobei" (Kiwametsuki Banzui Chobei, 1881) bekannt, welches zuvor im Jahre 1951 in einer extrem erfolgreichen Filmversion von Daisuke Ito adaptiert wurde.
Diese Überschneidung zweier japanischer Klassiker des Theaters ist dann auch das spannendste an dieser vorliegenden Filmversion von "Bancho Sarayashiki", einer nur 45 minütigen Filmadaption der Toei Company, wohl gedreht, um als Vehikel der Toei-Superstars Chiyonosuke Azuma und Hibari Misora als Beigabe in einem Double-Feature zu dienen. Ein Film, der typische Toei-Routine liefert, aber aufgrund seiner historischen Anspielungen zweifellos eine gewisse Faszination auf jeden leidenschaftlichen Japanstudenten ausüben sollte...
Story:
Der berüchtigte Samurai Jurozaemon Mizuno (Reiji Tsumura) wird für sein undiszipliniertes Verhalten zum Tod durch Seppuku verurteilt. Jetzt müssen seine ehemaligen Gefolgsleute, darunter der junge Samurai Aoyama (Chiyonosuke Azuma), versuchen nun ihren beschädigten Ruf wiederherzustellen. Aoyama will dafür eine Heirat mit der Tochter eines einflussreichen Samurai eingehen, was seine heimliche Geliebte, die Bedienstete Okiku (Hibari Misora), in eine schwere Krise stürzt. Auch Aoyama empfindet tiefe Gefühle für Okiku, doch als diese eines Tages unabsichtlich ein wichtiges Brautgeschenk, zerstört, begeht Aoyama eine schreckliche Tat, die ihn bis ins Grab verfolgen wird...
Kritik:
Die Geschichte von "Ghost in the Well" setzt ungefähr am Ende des Kabuki-Stücks "The Renowned Banzui Chobei" ein. Aufgrund seiner Verbrechen ist Jurozaemon Mizuno bereits zum Tod durch Harakiri verurteilt worden. Jetzt muss sein Gefolgsmann, Harumi Aoyama, seinen Namen von den Schandtaten Mizunos reinzuwaschen, wozu er eine Zwangsheirat mit der Tochter eines einflussreichen Samurai eingehen will.
In seiner Reinterpreation der berühmten "Teller-Szene" entfernt sich der vorliegende Film allerdings recht weit vom "The Renowned Banzui Chobei". Hier ist es Aoyama, nicht Mizuno, der seine Geliebte für das Zerbrechen eines Sets von wertvollen Tellern, ein wichtiges Brautgeschenk für die Hochzeit, umbringt. Ihr Tod für ein bisschen Geschirr markiert den dramatischen Wendepunkt von "Ghost in the Well", wirkt aber hier weniger effektvoll und ambivalent, als die gleiche Szene in Daisuke Itos sechs Jahre zuvor gedrehten Five Men From Edo.
Hier spiegelt die Tat nicht die Verrohung der Samurai wieder, sondern dient als nicht hinterfragte Kulmination des Melodramas der Liebesgeschichte zwischen Aoyama und seiner Geliebten. Ein solches Herunterspielen der grausamen Tat weist den Film dann schnell als Familienunterhaltung im typischen Stil der Toei Jidai-geki aus. Moralische Grautöne werden ausgeblendet, Schwertkämpfe sind zwar rasant choreographiert, aber vollkommen blutlos und selbst die Geisterszenen kommen völlig ohne Blut und die Lust am Morbiden aus, wie sie etwas Nobuo Nakagawa in seinen Kaidan eiga für die Shintoho-Studios so ausgiebig zelebrierte.
"Ghost in the Well" gibt sich eher als ein romantisches Melodrama und hat wenig Interesse daran, dem Zuschauer mit übernatürlichem Horror einen Schauer über den Rücken zu jagen. Die tragische Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptfiguren steht im Zentrum, Geisterszenen dürfen wir erst in den letzten Filmminuten bewundern, wobei der Antrieb für die Rückkehr der Ermordeten hier auch nicht die Rache ist, sondern die Reumütigkeit. Die gemeuchelte Geliebte ist ihrem Mörder noch im Tode hörig.
Dieses Melodrama ist genretypisch mit dem Einbezug von viel exzessiver Sentimentalität und konservativen Rollenmodellen inszeniert, überzeugt aber dennoch durch die Präsenz der beiden jungen Stars. Hibari Misora, Japans größter Popstar, ist gewohnt bezaubernd als Okiku und die Chemie mit ihrem Filmpartner Chiyonosuke Azuma, auch in unzähligen anderen Toei Jidai-geki ihr Liebhaber, wirkt stets authentisch und glaubhaft.
Überraschend veredelt auch der Toei-Vertrags-Regisseur Toshikazu Kono, ein Routinier, der auf der Rangleiter noch etwas unter den Toei-Prestigeregisseuren des Toei Jidai-geki wie Sadatsugu Matsuda und Masahiro Makino stand, den Film mit einem guten Auge für das Kreiern von Atmosphäre. Ein klassisches Symphonie-Orchester versorgt den Film mit einem dichten Klanggewebe aus Streichern, Flöten und traditionell japanischen Instrumenten und Kono macht geschickt Einsatz von zahlreichen langsamen Kamerafahrten, die dem Film auch in ruhigen Momenten eine leise Spannung verleihen.
Letztendlich ist "Ghost in the Well" nicht viel mehr als ein typisches Routineprodukt der Toei Company, ein kurzer Programmfilm, gedacht als Begleitfilm bei einer Double-Feature-Kinovorstellung. Das der Film trotz dieses B-Movie-Charakters seine Qualitäten besitzt, ist letztendlich dem Regisseur und den Stars zu verdanken. Sie machen aus dem unscheinbaren Kaidan eiga einen durchaus unterhaltsames Werk, welches wohl im "Oberen Durchschnitt" angesiedelt werden kann.
Fazit:
"Ghost in the Well" ist ein inhaltlich routinierter, wenn auch solide gespielter und inszenierter Kaidan eiga, der genretypische Gewalteffekte zugunsten melodramatischer Familienunterhaltung herunterfährt.
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 30. 10. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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