Hoodlum Soldier (1965)
Ein Film von Yasuzo Masumura
Bewertung: 9 von 10 Punkten = Meisterwerk!
Heitai yakuza
Genre: Gendai-geki, Komödie, Anti-Kriegsfilm
Regie: Yasuzo Masumura
Darsteller: Shintaro Katsu (Kisaburo Omiya), Takahiro Tamura (Arita), Eiko Taki (Midori), Keiko Awaji (Otomaru), Mikio Narita (MP), Yutaka Nakamura, Kyu Sazanka, Asao Uchida, Kazuo Umezu, Koji Fujiyama, Sho Natsuki, Taro Hotaruyuki, Moriya Yuji, Tetsuya Watanabe, Goro Kudan
Drehbuch: Ryuzo Kikushima (Buch: Yoriyoshi Arima)
Kamera: Setsuo Kobayashi
Musik: Naozumi Yamamoto
Daiei Studios, 102 Minuten, S/W
Heitai yakuza
Genre: Gendai-geki, Komödie, Anti-Kriegsfilm
Regie: Yasuzo Masumura
Darsteller: Shintaro Katsu (Kisaburo Omiya), Takahiro Tamura (Arita), Eiko Taki (Midori), Keiko Awaji (Otomaru), Mikio Narita (MP), Yutaka Nakamura, Kyu Sazanka, Asao Uchida, Kazuo Umezu, Koji Fujiyama, Sho Natsuki, Taro Hotaruyuki, Moriya Yuji, Tetsuya Watanabe, Goro Kudan
Drehbuch: Ryuzo Kikushima (Buch: Yoriyoshi Arima)
Kamera: Setsuo Kobayashi
Musik: Naozumi Yamamoto
Daiei Studios, 102 Minuten, S/W
Im Gegensatz zu den Nachkriegsfilmen Deutschlands, in denen Filme, die den Militärapparat des Nationalsozialismus portraitierten meist vermieden wurden, existiert eine eindrucksvolle Fülle an japanischen Kriegs- und Antikriegsfilmen im Umfeld des Zweiten Weltkrieges.
Die zugrundeliegende Ideologie reicht dabei von revisionistischer Huldigung des Militärs bis hin zu kritischen Werken, die dem Militarismus wütend seine Maske entrissen. Doch selbst den besten dieser Film haftet stets eine erdrückende Schwere an. Der Krieg wird entweder als hoffnungsloser Kampf der heroischen Soldaten oder aber als schreckliches Übel der Entmenschlichung dargestellt.
Anders bei "Hoodlum Soldier" des legendären New Wave-Regisseurs Yasuzo Masumura. Mithilfe des wunderbaren Zatoichi-Superstars Shintaro Katsu und des Charakterdarstellers Takahiro Tamura, Sohn des gefeierten Stummfilmstars Tsumasaburo Bando, schuf er eine wütende Anklage gegen den Militarismus.
Zugleich aber auch einen packenden Unterhaltungsfilm, dessen große Popularität beim Publikum einzigartig wirkt. Nur in Japan konnte ein Antikriegsfilm produziert werden, der trotz aller Kritik den ungeteilten Zuspruch der Menschen erhielt und dessen bis 1972 acht Fortsetzungen ihn zu einer der ertragsreichsten Filmreihen der Daiei-Studios machen sollte.
Story:
Arita (Takahiro Tamura) ist ein denkbar schlechter Soldat. Um seiner Versetzung an die Front zu entgehen, verweigert der Intellektuelle jede Beförderung und dümpelt in der niederen Position eines Corporals seit vier Jahren in einer Militärbasis in der Mandschurei vor sich hin. Ausgerechnet er soll sich jetzt um einen besonders aufsässigen Neuzugang in der Armee kümmern: Den Ex-Yakuza Kisaburo Omiya (Shintaro Katsu), der mit seinem Verhalten für reichlich Aufruhr in der Kaserne sorgt. Anstelle jedoch dafür zu sorgen, dass aus dem Rebellen ein tapferer Soldat wird, zeigt sich Arita beindruckt von dessen unbeugsamen Willen. Bald entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Omiya und Arita, die den beiden hilft, den brutalen Militäralltag voller Prügelstrafen und Hierarchiestreitigkeiten zu überstehen.
Kritik:
In "Hoodlum Soldier" demontiert Yasuzo Masumura das Märchen von der "sauberen Armee", wie es etwas in Deutschland bis in die 1970er Jahre bestand, von der ersten Minute an. Um den Willen der jungen Rekruten zu brechen, setzen die Offiziere auf eine rigorose Politik der physischen Folter. Kleinste Vergehen werden mit Prügel bestraft. Gewalt gehört zum Alltag im Lager.
Auch die Individualität wird gnadenlos ausgemerzt. Anstelle sich durch ihre Persönlichkeit zu definieren, dient nur noch der Rang der einzelnen Soldaten als Mittel zu Abgrenzung. Diese Form der militärischen Indoktrination zeigt Masumura als so grausam wie sinnlos.
Die Titelkarten des Films erscheinen über dem verwesenden Körper eines anonymen Soldaten. Ein erschreckendes Bild, welches die Bedeutungslosigkeit all der Hierarchiekämpfe zeigt, denn am Ende dient auch der beste Soldat nur als Kanonenfutter der kaiserlichen Armee. Sein Kampf um Anerkennung und Status endet mit dem unbedeutenden Tod auf dem Schlachtfeld.
Diesem entmenschlichten Militärapparat stellt Yasuzo Masumura zwei wundervolle Hauptcharaktere entgegen: Shintaro Katsus rüpelhaften Ex-Yakuza Kisaburo Omiya und Takahiro Tamuras intelligenten Corporal Arita. Omiya wehrt sich mit körperlicher Gewalt gegen seine Vorgesetzten. Er lässt sich die Prügel nicht gefallen und schlägt zurück. Im Laufe des Filmes wird er in immer brutaler werdende Gefechte mit seinen Schlächtern verwickelt, tritt gegen ganze Horden auf einmal an, bricht Schädel, Finger und Arme.
Arita dagegen rebelliert subtiler. Er bekämpft das System mit dessen eigenen Waffen und nutzt gezielt das archaische Hierarchiesystem der Armee zu seinem Nutzen. Es ist diese exzellente Chemie zwischen unseren beiden Hauptdarstellern, die "Hoodlum Soldier" zu einem karthatischen, trotz aller Gewalt beinahe leichtfüßigem Film machen.
Oft sieht es so aus, als ob der Kampf unserer Helden scheitern wird, doch niemals geben sie auf. Doch Yasuzo Masumura verpflichtet sich der traurigen Wahrheit. Die beiden Helden mögen sich mit Händen und Füßen gegen ihre Integration in die Armee wehren, doch letztlich ist ihre Gegenwehr zwecklos und am Ende bleibt nur die Flucht vor dem übermächtigen Feind.
Zugleich macht Masumura aber auch klar, dass nicht allen Opfern des Krieges diese Flucht möglich ist. Omiya verliebt sich in eine Prostituierte. Ihr Schicksal ist ein tragisches, denn als "Trostfrau" der japanischen Armee wird sie immer eine Ausgestoßene bleiben – selbst in einem Japan der Demokratie, ohne Militarismus.
Doch bemerkenswerterweise frönt Masumura keiner "Ästhetik des Verlierens", wie sie so oft im japanischen Film zelebriert wird. Vielmehr feiert er den Widerstand unserer Helden. Jedes Mal wenn Omiya einen weiteren widerwärtigen Offizier zu Klump schlägt, können wir als Zuschauer jubeln oder Arita bewundern, wenn er geschickt seine Kollegen manipuliert. Trotz ihres aussischtslosen Kampfes scheitern unsere Helden nicht. Bis zuletzt bewahren sie ihren Kampfesgeist und ihre Individualität.
Ein rythmische und flotte Inszenierung und ein lockerer Jazz-Soundtrack tragen entscheidend zur leichten Atmosphäre des Films bei. Letztlich ist dieser ein wilder Buddy-Movie. Die Gewalt der Offiziere über ihre Rekruten mag real gewesen sein, doch hier wird sie derart überspitzt inszeniert, dass sie fast komödiantisch anmutet und zum bewegenden Symbol des Widerstands einer wunderbaren Freundschaft wird.
In seinem vielleicht besten Film schafft es Masumura, einen düsteren Antikriegsfilm zu inszenieren, ohne aber auf die erdrückende Schwere andere Genrevertreter zurückgreifen zu müssen. "Hoodlum Soldier" ist ein befreiender Film, eine wütenden Anklage gegen den Militarismus, aber zugleich auch eine enthusiastische Feier auf die Freiheit und die Individualität.
Fazit:
"Hoodlum Soldier" ist ein zugleich brutaler, als auch karthatischer Antikriegsfilm, der den Militärapparat des Zweiten Weltkrieges als entmenschlichendes System entlarvt, indem er den Kampf zweier mutiger Rebellen innerhalb des Systems ins Zentrum stellt, die dem Militär mit Klugheit und roher Gewalt entgegentretten.
9 von 10 Punkten = Meisterwerk!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 15. 02. 2015
Geschrieben von Pablo Knote
Die zugrundeliegende Ideologie reicht dabei von revisionistischer Huldigung des Militärs bis hin zu kritischen Werken, die dem Militarismus wütend seine Maske entrissen. Doch selbst den besten dieser Film haftet stets eine erdrückende Schwere an. Der Krieg wird entweder als hoffnungsloser Kampf der heroischen Soldaten oder aber als schreckliches Übel der Entmenschlichung dargestellt.
Anders bei "Hoodlum Soldier" des legendären New Wave-Regisseurs Yasuzo Masumura. Mithilfe des wunderbaren Zatoichi-Superstars Shintaro Katsu und des Charakterdarstellers Takahiro Tamura, Sohn des gefeierten Stummfilmstars Tsumasaburo Bando, schuf er eine wütende Anklage gegen den Militarismus.
Zugleich aber auch einen packenden Unterhaltungsfilm, dessen große Popularität beim Publikum einzigartig wirkt. Nur in Japan konnte ein Antikriegsfilm produziert werden, der trotz aller Kritik den ungeteilten Zuspruch der Menschen erhielt und dessen bis 1972 acht Fortsetzungen ihn zu einer der ertragsreichsten Filmreihen der Daiei-Studios machen sollte.
Story:
Arita (Takahiro Tamura) ist ein denkbar schlechter Soldat. Um seiner Versetzung an die Front zu entgehen, verweigert der Intellektuelle jede Beförderung und dümpelt in der niederen Position eines Corporals seit vier Jahren in einer Militärbasis in der Mandschurei vor sich hin. Ausgerechnet er soll sich jetzt um einen besonders aufsässigen Neuzugang in der Armee kümmern: Den Ex-Yakuza Kisaburo Omiya (Shintaro Katsu), der mit seinem Verhalten für reichlich Aufruhr in der Kaserne sorgt. Anstelle jedoch dafür zu sorgen, dass aus dem Rebellen ein tapferer Soldat wird, zeigt sich Arita beindruckt von dessen unbeugsamen Willen. Bald entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Omiya und Arita, die den beiden hilft, den brutalen Militäralltag voller Prügelstrafen und Hierarchiestreitigkeiten zu überstehen.
Kritik:
In "Hoodlum Soldier" demontiert Yasuzo Masumura das Märchen von der "sauberen Armee", wie es etwas in Deutschland bis in die 1970er Jahre bestand, von der ersten Minute an. Um den Willen der jungen Rekruten zu brechen, setzen die Offiziere auf eine rigorose Politik der physischen Folter. Kleinste Vergehen werden mit Prügel bestraft. Gewalt gehört zum Alltag im Lager.
Auch die Individualität wird gnadenlos ausgemerzt. Anstelle sich durch ihre Persönlichkeit zu definieren, dient nur noch der Rang der einzelnen Soldaten als Mittel zu Abgrenzung. Diese Form der militärischen Indoktrination zeigt Masumura als so grausam wie sinnlos.
Die Titelkarten des Films erscheinen über dem verwesenden Körper eines anonymen Soldaten. Ein erschreckendes Bild, welches die Bedeutungslosigkeit all der Hierarchiekämpfe zeigt, denn am Ende dient auch der beste Soldat nur als Kanonenfutter der kaiserlichen Armee. Sein Kampf um Anerkennung und Status endet mit dem unbedeutenden Tod auf dem Schlachtfeld.
Diesem entmenschlichten Militärapparat stellt Yasuzo Masumura zwei wundervolle Hauptcharaktere entgegen: Shintaro Katsus rüpelhaften Ex-Yakuza Kisaburo Omiya und Takahiro Tamuras intelligenten Corporal Arita. Omiya wehrt sich mit körperlicher Gewalt gegen seine Vorgesetzten. Er lässt sich die Prügel nicht gefallen und schlägt zurück. Im Laufe des Filmes wird er in immer brutaler werdende Gefechte mit seinen Schlächtern verwickelt, tritt gegen ganze Horden auf einmal an, bricht Schädel, Finger und Arme.
Arita dagegen rebelliert subtiler. Er bekämpft das System mit dessen eigenen Waffen und nutzt gezielt das archaische Hierarchiesystem der Armee zu seinem Nutzen. Es ist diese exzellente Chemie zwischen unseren beiden Hauptdarstellern, die "Hoodlum Soldier" zu einem karthatischen, trotz aller Gewalt beinahe leichtfüßigem Film machen.
Oft sieht es so aus, als ob der Kampf unserer Helden scheitern wird, doch niemals geben sie auf. Doch Yasuzo Masumura verpflichtet sich der traurigen Wahrheit. Die beiden Helden mögen sich mit Händen und Füßen gegen ihre Integration in die Armee wehren, doch letztlich ist ihre Gegenwehr zwecklos und am Ende bleibt nur die Flucht vor dem übermächtigen Feind.
Zugleich macht Masumura aber auch klar, dass nicht allen Opfern des Krieges diese Flucht möglich ist. Omiya verliebt sich in eine Prostituierte. Ihr Schicksal ist ein tragisches, denn als "Trostfrau" der japanischen Armee wird sie immer eine Ausgestoßene bleiben – selbst in einem Japan der Demokratie, ohne Militarismus.
Doch bemerkenswerterweise frönt Masumura keiner "Ästhetik des Verlierens", wie sie so oft im japanischen Film zelebriert wird. Vielmehr feiert er den Widerstand unserer Helden. Jedes Mal wenn Omiya einen weiteren widerwärtigen Offizier zu Klump schlägt, können wir als Zuschauer jubeln oder Arita bewundern, wenn er geschickt seine Kollegen manipuliert. Trotz ihres aussischtslosen Kampfes scheitern unsere Helden nicht. Bis zuletzt bewahren sie ihren Kampfesgeist und ihre Individualität.
Ein rythmische und flotte Inszenierung und ein lockerer Jazz-Soundtrack tragen entscheidend zur leichten Atmosphäre des Films bei. Letztlich ist dieser ein wilder Buddy-Movie. Die Gewalt der Offiziere über ihre Rekruten mag real gewesen sein, doch hier wird sie derart überspitzt inszeniert, dass sie fast komödiantisch anmutet und zum bewegenden Symbol des Widerstands einer wunderbaren Freundschaft wird.
In seinem vielleicht besten Film schafft es Masumura, einen düsteren Antikriegsfilm zu inszenieren, ohne aber auf die erdrückende Schwere andere Genrevertreter zurückgreifen zu müssen. "Hoodlum Soldier" ist ein befreiender Film, eine wütenden Anklage gegen den Militarismus, aber zugleich auch eine enthusiastische Feier auf die Freiheit und die Individualität.
Fazit:
"Hoodlum Soldier" ist ein zugleich brutaler, als auch karthatischer Antikriegsfilm, der den Militärapparat des Zweiten Weltkrieges als entmenschlichendes System entlarvt, indem er den Kampf zweier mutiger Rebellen innerhalb des Systems ins Zentrum stellt, die dem Militär mit Klugheit und roher Gewalt entgegentretten.
9 von 10 Punkten = Meisterwerk!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 15. 02. 2015
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
created by Nippon-Kino.net
all rights reserved.
all rights reserved.