Seven Face of Private Eye Bannai Tarao (1956)
Ein Film von Sadatsugu Matsuda und Tsuneo Kobayashi
Bewertung: 7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Tarao Bannai shirizu: Senritsu no shichikamen (kein Imdb-Eintrag vothanden)
Genre: Gendai-geki, Kriminalfilm
Regie: Sadatsugu Matsuda, Tsuneo Kobayashi
Darsteller: Chiezo Kataoka (Tarao Bannai), Kogiku Hanayagi, Koji Nanbara, Isao Yamagata, Yoshi Kato, Shin Tokudaiji, Noriko Sengoku, Kyu Sazanka, Yuriko Tashiro, Junko Ataka, Eijiro Kataoka, Eijrio Yanagi, Kenji Usuda, Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Yoshitake Hisa
Kamera: Shoei Nishikawa
Musik: Takio Niki
Toei Company, 86 Minuten, S/W
Tarao Bannai shirizu: Senritsu no shichikamen (kein Imdb-Eintrag vothanden)
Genre: Gendai-geki, Kriminalfilm
Regie: Sadatsugu Matsuda, Tsuneo Kobayashi
Darsteller: Chiezo Kataoka (Tarao Bannai), Kogiku Hanayagi, Koji Nanbara, Isao Yamagata, Yoshi Kato, Shin Tokudaiji, Noriko Sengoku, Kyu Sazanka, Yuriko Tashiro, Junko Ataka, Eijiro Kataoka, Eijrio Yanagi, Kenji Usuda, Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Yoshitake Hisa
Kamera: Shoei Nishikawa
Musik: Takio Niki
Toei Company, 86 Minuten, S/W
Kein Genre des japanischen Films hat ein derart schlechtes Image wie der Kriminalfilm der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Grund hierfür ist ein Statement, welches der legendäre Donald Richie (1923 – 2013) in seiner bahnbrechenden Studie des japanischen Films, „The Japanese Film: Arts and Industry“ (1959) gab. Dort behauptete er, dass kein Volk so schlechte Kriminalfilme drehen würde, wie die Japaner und führte als Begründung unter anderem den vergleichsweise hohen Gewaltanteil und die mangelnde Einzigartigkeit solcher Filme an.
Der Schaden, den Donald Richie dem Genre damit zufügte, ist beträchtlich. Unerforscht von allen anderen westlichen Kritikern, galt Richies Wort als definitives (und einziges) Statement über das Genre, und der japanische Kriminalfilm verschwand damit bis heute, oder zumindest bis zur Ablösung des Kriminalfilms durch die populären Yakuza eiga, in die absolute Obskurität.
Dabei bot der japanische Kriminalfilm in den direkten Nachkriegsjahren, in denen Jidai-geki unter der amerikanischen Besatzungsmacht streng verboten waren, doch willkommenen Ersatz für die Historienspektakel der Vorkriegsjahre und richtete sich an ein begeistertes Millionenpublikum, welches viele dieser Filme zu Box-Office-Großerfolgen machten.
Der vermutlich größte Star des Nachkriegs-Kriminalfilms war der Toei-Schauspieler Chiezo Kataoka, der mit seiner Figur des Privatdetektivs Tarao Bannai, der seine Fälle mit dem Einsatz von sieben perfekten Verkleidungen löste, zum ersten Mal im Jahre 1946 die Kinokassen eroberte und seinen Bannai bis in die 1960er Jahre in 11 Filmen zum stetigen Goldesel für die Toei Company machte.
Informationen über die Reihe sind heute nur in Originalsprache vorhanden, trotzdem ist es ein Glück, dass mit dem vorliegenden neunten Film der Reihe zumindest ein Tarao Bannai-Film mit englischen Untertiteln erhältlich ist. Ein Film, der offenbart, dass der japanische Kriminalfilm tatsächlich wohl etwas mehr (oder überhaupt etwas) Ansehen verdient hätte...
Story:
Mit der Hilfe des Privatdetektiv Tarao Bannai (Chiezo Kataoka) kann die Polizei einen Überfall auf eine Bank verhindern. Bei der Untersuchung der Waffen der festgenommenen Bankräuber wird aber festgestellt, dass diese allesamt eine rätselhafte, unregistrierte Seriennummer besitzen. Um den Fall zu lösen, taucht Tarao Bannai mit Hilfe seiner vielen Verkleidungen in die Unterwelt ab, wo er in einem zwielichtigen Nachtklub den Gangster Kenji (Koji Nanbara) trifft, der vor Bannais Augen einen anderen Gangster erschießt. Da er scheinbar etwas über die geheimnisvollen Schusswaffen weiß, rettet ihn Bannai vor dem Zugriff der Polizei und versteckt ihn bei sich zu Hause. Während Bannai nun versucht, das Vertrauen Kenjis zu gewinnen, muss er ihn auch beschützen, denn andere Gangster scheinen daran interessiert zu sein, Kenji für immer zum Schweigen zu bringen.
Kritik:
Im Zentrum von „Seven Faces of Private Eye Bannai Tarao“ steht ganz Chiezo Kataokas grandiose Performance als Titelheld. Jeder einzelnen seiner sieben Verkleidungen verleiht er mit nuanciertem Spiel einen eigenen Charakter und zeigt damit eine eindrucksvolle Bandbreite an Menschentypen und Emotionen auf. Sogar die Tatsache, dass er durch sein markantes Gesicht trotzdem in jeder Verkleidung als Bannai zu identifizieren ist, wird recht clever kaschiert, indem er sich jedem Gegenüber nur in einer oder zwei Verkleidungen zu erkennen gibt.
Da auch Tarao Bannai nur eine weitere Rolle von Kataokas Charakter im Film zu sein scheint, stellt sich natürlich die philosophische Frage, welche der verschiedenen Rollen denn nun der echte „Tarao Bannai“ sei? Bannai beantwortet diese Frage am Ende, indem er sich als Gesetzeshüter Taizo Fujimura ausgibt. Doch auch diese Figur könnte letztendlich nur eine weitere Rolle, die des idealisierten Gerechtigkeitskämpfers, sein, wobei dieser Eindruck dadurch verstärkt wird, dass eine gerettete Großmutter am Ende etwas großspurig verkündet, „sie hätte so eben Gott getroffen“.
Letztendlich gräbt der Film jedoch nie so tief, sondern bietet in erster Linie solide Krimi-Unterhaltung. Mit zahlreichen Schussgefechten, flotter Inszenierung und einem simplen, aber durchaus effektiv zusammengeschusterten Mystery-Plot mit einigen überraschenden Wendungen hält Sadatsugu Matsuda das Steuer über den Film stets sicher in der Hand und schafft es immer zu unterhalten.
Auch die meist stereotype Aufteilung in gute und böse Charaktere des Films wird zumindest ansatzweise durch den Einbezug von Koji Nanbaras Figur durchbrochen. Sein Kenji ist ein brutaler Gangster, der mordet, aber zugleich auch eine menschliche Seite hat und eine liebende Familie besitzt, die dem wohl schockierendsten Plot-Twist im Film zusätzliche Schwere verleiht.
Was letztendlich fehlt, ist aber ein eigener Charakter, der den Film aus der Masse seiner unzähligen Genregenoßen aus Europa und den USA herausstechen lässt. Matsuda inszeniert solide, aber ohne große Vision und die visuelle Komponente nähert sich mit konventioneller Kameraführung, westlichen Anzügen und Locations deutlich mehr einem westlichen Fernsehkrimi jener Zeit an, als den visuell einzigartigen Yakuza eiga, wie sie einige Jahre später gedreht werden sollten.
Selbstverständlich erreicht der simple Plot und die stereotype Charakterzeichnung so auch nie nur ansatzweise die stilistische Brillanz oder die düstere moralische Ambivalenz der besten Film-Noir aus Amerika, „Seven Faces of Private Eye Bannai Tarao“ serviert dagegen recht harmlose Krimi-Unterhaltung, etwa auf dem Niveau der Miss Marple-Filme, wenn auch mit deutlich mehr Schussgefechten und etwas brutaleren Morden.
Letztlich war es genau diese relative Konventionalität, gepaart mit der etwas erhöhten Brutalität, welche Donald Richie einst abschreckten. Schließlich war es das Ideal des humanistischen Kritikers damals noch, dass Gewalt nur in einem vernünftigen Kontext und nicht im Rahmen der Unterhaltung gezeigt werden dürfe.
Heute, viele Jahrzehnte und unendlich viel brutalere Filme später, kann man „Seven Faces of Bannai Tarao“ endlich unvoreingenommen betrachten. Der Film ist sicher kein Meisterwerk, aber er bietet durchaus solide Unterhaltung und macht vor allem eines: Spaß. Deshalb ist es nun endlich an der Zeit, dass der japanischen Kriminalfilm der 1950er Jahre zumindest die Reputation erhält, welche man den vergleichbaren Kriminalfilmen jener Zeit aus anderen Ländern schon bereitwillig zugebilligt hat.
Fazit:
„Seven Faces of Private Eye Bannai Tarao“ bietet unterhaltsame Krimi-Kost, in etwa auf dem Niveau der Miss Marple-Filme und ist als Beispiel des japanischen Kriminalfilms der 1950er Jahre weitaus besser, als es Donald Richie seiner Zeit behauptete. Solider Spaß mit einem tollen Hauptdarsteller für alle Krimi-Freunde, die einmal einen Blick über die eigenen Grenzen hinaus wagen wollen.
7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 17. 04. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Der Schaden, den Donald Richie dem Genre damit zufügte, ist beträchtlich. Unerforscht von allen anderen westlichen Kritikern, galt Richies Wort als definitives (und einziges) Statement über das Genre, und der japanische Kriminalfilm verschwand damit bis heute, oder zumindest bis zur Ablösung des Kriminalfilms durch die populären Yakuza eiga, in die absolute Obskurität.
Dabei bot der japanische Kriminalfilm in den direkten Nachkriegsjahren, in denen Jidai-geki unter der amerikanischen Besatzungsmacht streng verboten waren, doch willkommenen Ersatz für die Historienspektakel der Vorkriegsjahre und richtete sich an ein begeistertes Millionenpublikum, welches viele dieser Filme zu Box-Office-Großerfolgen machten.
Der vermutlich größte Star des Nachkriegs-Kriminalfilms war der Toei-Schauspieler Chiezo Kataoka, der mit seiner Figur des Privatdetektivs Tarao Bannai, der seine Fälle mit dem Einsatz von sieben perfekten Verkleidungen löste, zum ersten Mal im Jahre 1946 die Kinokassen eroberte und seinen Bannai bis in die 1960er Jahre in 11 Filmen zum stetigen Goldesel für die Toei Company machte.
Informationen über die Reihe sind heute nur in Originalsprache vorhanden, trotzdem ist es ein Glück, dass mit dem vorliegenden neunten Film der Reihe zumindest ein Tarao Bannai-Film mit englischen Untertiteln erhältlich ist. Ein Film, der offenbart, dass der japanische Kriminalfilm tatsächlich wohl etwas mehr (oder überhaupt etwas) Ansehen verdient hätte...
Story:
Mit der Hilfe des Privatdetektiv Tarao Bannai (Chiezo Kataoka) kann die Polizei einen Überfall auf eine Bank verhindern. Bei der Untersuchung der Waffen der festgenommenen Bankräuber wird aber festgestellt, dass diese allesamt eine rätselhafte, unregistrierte Seriennummer besitzen. Um den Fall zu lösen, taucht Tarao Bannai mit Hilfe seiner vielen Verkleidungen in die Unterwelt ab, wo er in einem zwielichtigen Nachtklub den Gangster Kenji (Koji Nanbara) trifft, der vor Bannais Augen einen anderen Gangster erschießt. Da er scheinbar etwas über die geheimnisvollen Schusswaffen weiß, rettet ihn Bannai vor dem Zugriff der Polizei und versteckt ihn bei sich zu Hause. Während Bannai nun versucht, das Vertrauen Kenjis zu gewinnen, muss er ihn auch beschützen, denn andere Gangster scheinen daran interessiert zu sein, Kenji für immer zum Schweigen zu bringen.
Kritik:
Im Zentrum von „Seven Faces of Private Eye Bannai Tarao“ steht ganz Chiezo Kataokas grandiose Performance als Titelheld. Jeder einzelnen seiner sieben Verkleidungen verleiht er mit nuanciertem Spiel einen eigenen Charakter und zeigt damit eine eindrucksvolle Bandbreite an Menschentypen und Emotionen auf. Sogar die Tatsache, dass er durch sein markantes Gesicht trotzdem in jeder Verkleidung als Bannai zu identifizieren ist, wird recht clever kaschiert, indem er sich jedem Gegenüber nur in einer oder zwei Verkleidungen zu erkennen gibt.
Da auch Tarao Bannai nur eine weitere Rolle von Kataokas Charakter im Film zu sein scheint, stellt sich natürlich die philosophische Frage, welche der verschiedenen Rollen denn nun der echte „Tarao Bannai“ sei? Bannai beantwortet diese Frage am Ende, indem er sich als Gesetzeshüter Taizo Fujimura ausgibt. Doch auch diese Figur könnte letztendlich nur eine weitere Rolle, die des idealisierten Gerechtigkeitskämpfers, sein, wobei dieser Eindruck dadurch verstärkt wird, dass eine gerettete Großmutter am Ende etwas großspurig verkündet, „sie hätte so eben Gott getroffen“.
Letztendlich gräbt der Film jedoch nie so tief, sondern bietet in erster Linie solide Krimi-Unterhaltung. Mit zahlreichen Schussgefechten, flotter Inszenierung und einem simplen, aber durchaus effektiv zusammengeschusterten Mystery-Plot mit einigen überraschenden Wendungen hält Sadatsugu Matsuda das Steuer über den Film stets sicher in der Hand und schafft es immer zu unterhalten.
Auch die meist stereotype Aufteilung in gute und böse Charaktere des Films wird zumindest ansatzweise durch den Einbezug von Koji Nanbaras Figur durchbrochen. Sein Kenji ist ein brutaler Gangster, der mordet, aber zugleich auch eine menschliche Seite hat und eine liebende Familie besitzt, die dem wohl schockierendsten Plot-Twist im Film zusätzliche Schwere verleiht.
Was letztendlich fehlt, ist aber ein eigener Charakter, der den Film aus der Masse seiner unzähligen Genregenoßen aus Europa und den USA herausstechen lässt. Matsuda inszeniert solide, aber ohne große Vision und die visuelle Komponente nähert sich mit konventioneller Kameraführung, westlichen Anzügen und Locations deutlich mehr einem westlichen Fernsehkrimi jener Zeit an, als den visuell einzigartigen Yakuza eiga, wie sie einige Jahre später gedreht werden sollten.
Selbstverständlich erreicht der simple Plot und die stereotype Charakterzeichnung so auch nie nur ansatzweise die stilistische Brillanz oder die düstere moralische Ambivalenz der besten Film-Noir aus Amerika, „Seven Faces of Private Eye Bannai Tarao“ serviert dagegen recht harmlose Krimi-Unterhaltung, etwa auf dem Niveau der Miss Marple-Filme, wenn auch mit deutlich mehr Schussgefechten und etwas brutaleren Morden.
Letztlich war es genau diese relative Konventionalität, gepaart mit der etwas erhöhten Brutalität, welche Donald Richie einst abschreckten. Schließlich war es das Ideal des humanistischen Kritikers damals noch, dass Gewalt nur in einem vernünftigen Kontext und nicht im Rahmen der Unterhaltung gezeigt werden dürfe.
Heute, viele Jahrzehnte und unendlich viel brutalere Filme später, kann man „Seven Faces of Bannai Tarao“ endlich unvoreingenommen betrachten. Der Film ist sicher kein Meisterwerk, aber er bietet durchaus solide Unterhaltung und macht vor allem eines: Spaß. Deshalb ist es nun endlich an der Zeit, dass der japanischen Kriminalfilm der 1950er Jahre zumindest die Reputation erhält, welche man den vergleichbaren Kriminalfilmen jener Zeit aus anderen Ländern schon bereitwillig zugebilligt hat.
Fazit:
„Seven Faces of Private Eye Bannai Tarao“ bietet unterhaltsame Krimi-Kost, in etwa auf dem Niveau der Miss Marple-Filme und ist als Beispiel des japanischen Kriminalfilms der 1950er Jahre weitaus besser, als es Donald Richie seiner Zeit behauptete. Solider Spaß mit einem tollen Hauptdarsteller für alle Krimi-Freunde, die einmal einen Blick über die eigenen Grenzen hinaus wagen wollen.
7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 17. 04. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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