Byakkotai (1954)
Ein Film von Katsuhiko Tasaka

Bewertung: 7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Hana no Byakkotai
Genre: Jidai-geki
Regie: Katsuhiko Tasaka
Darsteller: Takashi Mita (Sanjuro Fusa), Raizo Ichikawa (Junnosuke Shinohara), Yataro Kurokawa (Toshiaki Kirino), Takeshi Hanayagi (Senkichi Ikegami), Toranosuke Ogawa (Tsukumo Kobayashi), Shintaro Katsu (Yasojiro Kobayashi), Rumiko Komachi (Osayu), Takako Irie (Kajijo) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Fuji Yahiro
Kamera: Yukimasa Makita
Musik: Urato Watanabe
Daiei Studios, 91 Minuten, B/W
Hana no Byakkotai
Genre: Jidai-geki
Regie: Katsuhiko Tasaka
Darsteller: Takashi Mita (Sanjuro Fusa), Raizo Ichikawa (Junnosuke Shinohara), Yataro Kurokawa (Toshiaki Kirino), Takeshi Hanayagi (Senkichi Ikegami), Toranosuke Ogawa (Tsukumo Kobayashi), Shintaro Katsu (Yasojiro Kobayashi), Rumiko Komachi (Osayu), Takako Irie (Kajijo) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Fuji Yahiro
Kamera: Yukimasa Makita
Musik: Urato Watanabe
Daiei Studios, 91 Minuten, B/W
"Filmstars werden nicht geboren,
sie werden gemacht", das berühmte Zitat von Simone DeBouvier
mag in dieser abgewandelten Form seiner urprünglichen feministischer
Aussagekraft nicht mehr gerecht werden, doch auch im Bezug auf die
großen Stars des Kinos ist es durchaus zutreffend.
Anders kann man es sich nicht erklären, dass die beiden großen Chambara-Stars der 1960er Jahre, Raizo Ichikawa und Shintaro Katsu, zwar im selben Film ihr Schauspieldebüt gaben, aber vorerst nur Raizo zum großen Star wurde, während Katsu lange Jahre danach nur in wichtigen Nebenrollen an der Seite von Raizo und Kazuo Hasegawa, einem weiteren großen Star der Daiei-Studios, besetzt wurde.
Aus dieser Zeit stammt auch jene oft zitierte Anekdote: Während Raizo mit einem Auto zum Set chauffiert wurde, musste Katsu den Bus nehmen. Auch wenn sich diese Selektierung nach vermeintlichem Starpotential als zu vorschnell erweisen sollte, so ahnte sicher auch niemand, was für ein großer Star Raizo Ichikawa in den folgenden Jahren werden sollte.
Denn Raizo und Katsu waren nur zwei der zahlreichen Jungdarsteller, die für den vorliegenden Film, "Byakkotai", aus ihrem Hintergrund im klassischen Theater zum Film geholt wurden. "Byakkotai" erzählt die Geschichte der titelgebenden Einheit von jungen Samurai des Aizo-Clans, die im ersten Jahr der Meiji-Revolution gegen die kaiserlichen Truppen und die Modernisierung Japans ankämpften.
Eine Prestige-Produktion, die es obligatorisch machte, zahlreiche Jungdarsteller für die Rollen der Byakkotai-Mitglieder zu besetzten und die vor dem Hintergrund der rigiden amerikanischen Nachkriegszensur von dem wiedergefundenden Selbstbewusstsein der Japaner für die Glorfizierung der eigenen Geschichte zeugt.
Story:
Japan im Jahre 1868: Das Shogunat ist zerfallen und Japan auf dem Weg zur Moderne. Nur der Aizo-Clan wiedersetzt sich noch immer den kaiserlichen Truppen, auch wenn der Kampf längst hoffnungslos anmutet. In seiner Verzweiflung gründet der Aizo-Clan die "Byakkotai", eine Gruppe von jugendlichen Samurai-Söhnen. In der Ausbildung zeigt sich der junge Samurai Junnosuke Shirokawa (Raizo Ichikawa) schnell als talentierter Kämpfer und verhilft seiner Einheit bald schon zu einigen Siegen in der Schlacht. Doch die anfängliche Euphorie schlägt schon bald in Verzweiflung um. Fast besiegt und im Angesicht der nahenden kaiserlichen Truppen entschliessen sich die Byakkotai-Mitglieder zu einer verhängnisvollen letzten Tat, um ihrer Ehre als Samurai gerecht zu werden...
Kritik:
Das tragische Schicksal der Byakkotai wurde im Zweiten Weltkrieg als Symbol für die traditionellen Werte und den Aufopferungswillen der Japaner missbraucht und beeindruckte nicht zuletzt den italienischen Diktator Bennito Mussollini, der zu Ehren der loyalen Samurai, die angesichts ihrer brennenden Heimatstadt kollektiv Seppuku begingen, eine Säule aus Pompeii nach Japan schickte und bei den Gräbern der Byakkotai am Iimori-Hügel aufstellen lies.
Drei Jahre vor der Entstehung des vorliegenden Films wäre eine filmische Wiederbelebung einer solch feudalistischen Heldengeschichte unter der amerikanischen Besatzungsmacht völlig undenkbar gewesen. Im Jahre 1954 hatten die Amerikaner das japanische Festland hingegen schon seit einiger Zeit verlassen und Japan war längst wieder zur alten Hochlebung heroischer Jidai-geki zurückgekehrt.
Dennoch wählt Regisseur Katsuhiko Tasaka, der weniger bekannte Bruder des gefeierten Regisseur Tomotaka Tasaka, einen Mittelweg in seinem Portrait der Byakkotai, stets zwischen Glorifizierung des Kriegerethos und dem Betrauern des frühen Todes der jungen Samurai pendelnd.
In der ersten Hälfe des Films wohnen wir der harten Ausbildung der Byakkotai-Mitglieder bei, in der zweiten Hälfte geht es dann in die Schlacht gegen die kaiserlichen Truppen, die sich schon bald als hoffnungsloser Kampf erweist, in deren Verlauf fast jeder Samurai der Byakkotai sein Leben lassen muss.
Hier besitzt "Byakkotai" durchaus Anlehnung an einen Antikriegsfilm und ähnelt in seiner Struktur Lewis Milestones legendären Meisterwerk "All Quiet on the Western Front" (1930), auch wenn der klassische Inszenierungsstil des Films dieses Aspekte meist untergräbt. Getroffene Soldaten bäumen sich im Todeskampf melodramatisch auf und Schwertkämpfe verlaufen zwar tödlich, aber verzichten völlig auf Blut oder Schlitzgeräusche in der Soundkulisse.
Außerdem geht es bei diesem Fokus auf den Untergang der Byakkotai weniger um eine Verdammung des Krieges, als um die Zelebrierung der in Japan so geliebten "Ästhetik des Verlierens". Der Zuschauer wird dazu angehalten, den Tod der Protagonisten zu betrauern, aber zugleich ihre Loyalität und ihren Mut zu feiern. Letztlich mag die Byakkotai vernichtet worden sein, doch der Tod der Einheit macht ihre Mitglieder zu unsterblichen Symbolen der Treue und der selbstlosen Aufopferung.
Diese neo-feudalen Elemente sind vorhanden, aber dienen weniger der Propaganda, als dem Kredo eines melodramatischen Unterhaltungsfilms. Katsuhiko Tasakas Regie mit ihren Mizoguchi-esken langen Kamerafahren und flottem Erzähltempo verleiht dem Film dabei die Züge von visionsbefreiter, aber hochwertiger Daiei-Routine, die 1954 zwar noch nicht charakteristisch für die späteren Chambara eiga von Daiei war, aber mit einer grundsoliden technischen Machart glänzt.
Auch Raizo Ichikawa in einer der Hauptrollen und Shintaro Katsu in einer Nebenrolle sind beide noch weit davon entfernt, eine charakteristische Star-Persona, wie in ihren Chambara eiga der 1960er Jahre, zu entwickeln. Beide überzeugen mit soliden Leistungen, doch letztlich geht es um die Byakkotai als Kollektiv, so dass ihre Charaktere rudimentär gezeichnet sind und wenig aus der Masse an Jungdarstellern herausstechen.
In der zweiten Hauptrolle neben Raizo spielt Takeshi Hanayagi, ein weiterer Neuling bei den Daiei-Studios mit Kabuki-Hintergrund, der hier zwar schon als Star aufgebaut wurde, aber letztlich nicht einmal die Berühmtheit von Shintaro Katsu in seiner frühen Karrierephase bei den Daiei-Studios erlangen sollte.
Letztlich ist "Byakkotai" kaum mehr als eine routinierte Prestigeproduktion der Daiei-Studios, durchaus unterhaltsam und hochwertig inszeniert, aber nur wegen der etwas schizophrenen Quasi-Zelebrierung alter feudaler Werte und natürlich ihrer bedeutungsschwangeren Besetzung von historischem Interesse.
Das sowohl Katsu, als auch Raizo letztlich in der Masse der jungen Byakkotai-Darsteller untergehen, zeigt auch, dass hier das volle Potential der beiden Darsteller noch nicht klar erkannt wurde. Katsu wurde als ein weiterer Nebendarsteller abgestempelt und Raizo vorerst zum Teenager-Idol reduziert. Das Katsu und Raizo schon bald zu den großen Ikonen des Jidai-geki zählen sollten, hätte zu dieser Zeit wohl niemand geahnt...
Fazit:
"Byakkotai" ist ein routiniert inszenierte Prestige-Jidai-geki, der als Star-Vehikel für zwei der größten Ikonen des Genres dienen sollte und in seiner Inszenierung auf einen altmodischen, melodramatisch akzentuierten Stil zwischen Zelebrierung von feudalen Ehrenkodexen und dem Betrauern der jungen Soldaten im Zentrum des Films setzt.
7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 14. 12. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Anders kann man es sich nicht erklären, dass die beiden großen Chambara-Stars der 1960er Jahre, Raizo Ichikawa und Shintaro Katsu, zwar im selben Film ihr Schauspieldebüt gaben, aber vorerst nur Raizo zum großen Star wurde, während Katsu lange Jahre danach nur in wichtigen Nebenrollen an der Seite von Raizo und Kazuo Hasegawa, einem weiteren großen Star der Daiei-Studios, besetzt wurde.
Aus dieser Zeit stammt auch jene oft zitierte Anekdote: Während Raizo mit einem Auto zum Set chauffiert wurde, musste Katsu den Bus nehmen. Auch wenn sich diese Selektierung nach vermeintlichem Starpotential als zu vorschnell erweisen sollte, so ahnte sicher auch niemand, was für ein großer Star Raizo Ichikawa in den folgenden Jahren werden sollte.
Denn Raizo und Katsu waren nur zwei der zahlreichen Jungdarsteller, die für den vorliegenden Film, "Byakkotai", aus ihrem Hintergrund im klassischen Theater zum Film geholt wurden. "Byakkotai" erzählt die Geschichte der titelgebenden Einheit von jungen Samurai des Aizo-Clans, die im ersten Jahr der Meiji-Revolution gegen die kaiserlichen Truppen und die Modernisierung Japans ankämpften.
Eine Prestige-Produktion, die es obligatorisch machte, zahlreiche Jungdarsteller für die Rollen der Byakkotai-Mitglieder zu besetzten und die vor dem Hintergrund der rigiden amerikanischen Nachkriegszensur von dem wiedergefundenden Selbstbewusstsein der Japaner für die Glorfizierung der eigenen Geschichte zeugt.
Story:
Japan im Jahre 1868: Das Shogunat ist zerfallen und Japan auf dem Weg zur Moderne. Nur der Aizo-Clan wiedersetzt sich noch immer den kaiserlichen Truppen, auch wenn der Kampf längst hoffnungslos anmutet. In seiner Verzweiflung gründet der Aizo-Clan die "Byakkotai", eine Gruppe von jugendlichen Samurai-Söhnen. In der Ausbildung zeigt sich der junge Samurai Junnosuke Shirokawa (Raizo Ichikawa) schnell als talentierter Kämpfer und verhilft seiner Einheit bald schon zu einigen Siegen in der Schlacht. Doch die anfängliche Euphorie schlägt schon bald in Verzweiflung um. Fast besiegt und im Angesicht der nahenden kaiserlichen Truppen entschliessen sich die Byakkotai-Mitglieder zu einer verhängnisvollen letzten Tat, um ihrer Ehre als Samurai gerecht zu werden...
Kritik:
Das tragische Schicksal der Byakkotai wurde im Zweiten Weltkrieg als Symbol für die traditionellen Werte und den Aufopferungswillen der Japaner missbraucht und beeindruckte nicht zuletzt den italienischen Diktator Bennito Mussollini, der zu Ehren der loyalen Samurai, die angesichts ihrer brennenden Heimatstadt kollektiv Seppuku begingen, eine Säule aus Pompeii nach Japan schickte und bei den Gräbern der Byakkotai am Iimori-Hügel aufstellen lies.
Drei Jahre vor der Entstehung des vorliegenden Films wäre eine filmische Wiederbelebung einer solch feudalistischen Heldengeschichte unter der amerikanischen Besatzungsmacht völlig undenkbar gewesen. Im Jahre 1954 hatten die Amerikaner das japanische Festland hingegen schon seit einiger Zeit verlassen und Japan war längst wieder zur alten Hochlebung heroischer Jidai-geki zurückgekehrt.
Dennoch wählt Regisseur Katsuhiko Tasaka, der weniger bekannte Bruder des gefeierten Regisseur Tomotaka Tasaka, einen Mittelweg in seinem Portrait der Byakkotai, stets zwischen Glorifizierung des Kriegerethos und dem Betrauern des frühen Todes der jungen Samurai pendelnd.
In der ersten Hälfe des Films wohnen wir der harten Ausbildung der Byakkotai-Mitglieder bei, in der zweiten Hälfte geht es dann in die Schlacht gegen die kaiserlichen Truppen, die sich schon bald als hoffnungsloser Kampf erweist, in deren Verlauf fast jeder Samurai der Byakkotai sein Leben lassen muss.
Hier besitzt "Byakkotai" durchaus Anlehnung an einen Antikriegsfilm und ähnelt in seiner Struktur Lewis Milestones legendären Meisterwerk "All Quiet on the Western Front" (1930), auch wenn der klassische Inszenierungsstil des Films dieses Aspekte meist untergräbt. Getroffene Soldaten bäumen sich im Todeskampf melodramatisch auf und Schwertkämpfe verlaufen zwar tödlich, aber verzichten völlig auf Blut oder Schlitzgeräusche in der Soundkulisse.
Außerdem geht es bei diesem Fokus auf den Untergang der Byakkotai weniger um eine Verdammung des Krieges, als um die Zelebrierung der in Japan so geliebten "Ästhetik des Verlierens". Der Zuschauer wird dazu angehalten, den Tod der Protagonisten zu betrauern, aber zugleich ihre Loyalität und ihren Mut zu feiern. Letztlich mag die Byakkotai vernichtet worden sein, doch der Tod der Einheit macht ihre Mitglieder zu unsterblichen Symbolen der Treue und der selbstlosen Aufopferung.
Diese neo-feudalen Elemente sind vorhanden, aber dienen weniger der Propaganda, als dem Kredo eines melodramatischen Unterhaltungsfilms. Katsuhiko Tasakas Regie mit ihren Mizoguchi-esken langen Kamerafahren und flottem Erzähltempo verleiht dem Film dabei die Züge von visionsbefreiter, aber hochwertiger Daiei-Routine, die 1954 zwar noch nicht charakteristisch für die späteren Chambara eiga von Daiei war, aber mit einer grundsoliden technischen Machart glänzt.
Auch Raizo Ichikawa in einer der Hauptrollen und Shintaro Katsu in einer Nebenrolle sind beide noch weit davon entfernt, eine charakteristische Star-Persona, wie in ihren Chambara eiga der 1960er Jahre, zu entwickeln. Beide überzeugen mit soliden Leistungen, doch letztlich geht es um die Byakkotai als Kollektiv, so dass ihre Charaktere rudimentär gezeichnet sind und wenig aus der Masse an Jungdarstellern herausstechen.
In der zweiten Hauptrolle neben Raizo spielt Takeshi Hanayagi, ein weiterer Neuling bei den Daiei-Studios mit Kabuki-Hintergrund, der hier zwar schon als Star aufgebaut wurde, aber letztlich nicht einmal die Berühmtheit von Shintaro Katsu in seiner frühen Karrierephase bei den Daiei-Studios erlangen sollte.
Letztlich ist "Byakkotai" kaum mehr als eine routinierte Prestigeproduktion der Daiei-Studios, durchaus unterhaltsam und hochwertig inszeniert, aber nur wegen der etwas schizophrenen Quasi-Zelebrierung alter feudaler Werte und natürlich ihrer bedeutungsschwangeren Besetzung von historischem Interesse.
Das sowohl Katsu, als auch Raizo letztlich in der Masse der jungen Byakkotai-Darsteller untergehen, zeigt auch, dass hier das volle Potential der beiden Darsteller noch nicht klar erkannt wurde. Katsu wurde als ein weiterer Nebendarsteller abgestempelt und Raizo vorerst zum Teenager-Idol reduziert. Das Katsu und Raizo schon bald zu den großen Ikonen des Jidai-geki zählen sollten, hätte zu dieser Zeit wohl niemand geahnt...
Fazit:
"Byakkotai" ist ein routiniert inszenierte Prestige-Jidai-geki, der als Star-Vehikel für zwei der größten Ikonen des Genres dienen sollte und in seiner Inszenierung auf einen altmodischen, melodramatisch akzentuierten Stil zwischen Zelebrierung von feudalen Ehrenkodexen und dem Betrauern der jungen Soldaten im Zentrum des Films setzt.
7 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 14. 12. 2014
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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