Like a Burning Flame (1981)
Ein Film von Tai Kato
Bewertung: 9 von 10 Punkten = Meisterwerk
Hono-o no gotoku
Genre:Yakuza-Eiga, Jidai-geki, Matatabi-mono, Epos
Regie: Tai Kato
Darsteller: Bunta Sugawara (Senkichi), Mitsuko Baisho (Orin), Tomisaburo Wakayama (Seihachi), Tetsuro Tanba, Hiroko Sakuramachi (Naka), Kokichi Takada, Tamao Nakamura, Taishi Arai, Ryumei Azuma, Tatsuo Endo, Makoto Fujita, Kanbi Fujiyama, Goro Ibuki, Nobuo Kawai, Yusuke Kawazu, Megumi Kitagawa (Otsune), Akiko Kitamura, Shingo Kiyokawa, Tomiyuki Kunihiro, Junji Kurata, Naoya Makoto, Makoto Matsuzaki, Yasuhiro Minakami, Hiroshi Nawa, Ichiro Ogura, Hachiro Oka, Makoto Sato, Akira Shioji, Kin Sugai, Hitoshi Takagi, Nario Takayama, Haruo Tanaka, Masahiko Tanimura (Fujibe), Ryutaro Otomo
Drehbuch: Tai Kato (Buch: Koichi Iiboshi)
Kamera: Keiji Maruyama
Musik: Hajime Kaburagi
Toho Company, 147 Minuten, Color
Hono-o no gotoku
Genre:Yakuza-Eiga, Jidai-geki, Matatabi-mono, Epos
Regie: Tai Kato
Darsteller: Bunta Sugawara (Senkichi), Mitsuko Baisho (Orin), Tomisaburo Wakayama (Seihachi), Tetsuro Tanba, Hiroko Sakuramachi (Naka), Kokichi Takada, Tamao Nakamura, Taishi Arai, Ryumei Azuma, Tatsuo Endo, Makoto Fujita, Kanbi Fujiyama, Goro Ibuki, Nobuo Kawai, Yusuke Kawazu, Megumi Kitagawa (Otsune), Akiko Kitamura, Shingo Kiyokawa, Tomiyuki Kunihiro, Junji Kurata, Naoya Makoto, Makoto Matsuzaki, Yasuhiro Minakami, Hiroshi Nawa, Ichiro Ogura, Hachiro Oka, Makoto Sato, Akira Shioji, Kin Sugai, Hitoshi Takagi, Nario Takayama, Haruo Tanaka, Masahiko Tanimura (Fujibe), Ryutaro Otomo
Drehbuch: Tai Kato (Buch: Koichi Iiboshi)
Kamera: Keiji Maruyama
Musik: Hajime Kaburagi
Toho Company, 147 Minuten, Color
Zwischen der Karriere von Chambara-Auteur Kenji Misumi und Ninkyo-Film-Spezialist Tai Kato kann man einige Parallelen festellen. Beide arbeiteten als Vertragregisseure für ein großes Filmstudio (Daiei respektive Toei) und drehten vor allem Programmfilme innerhalb fest etablierter Genres.
Aber beide versahen ihr Werk mit einem charakteristischem formalen Stil und einer einmaligen Atmosphäre. Bei Misumis ist dies zum Beispiel sein Sinn für Lyrik und der Nihilismus seiner Filme und bei Kato seine Tendenz zur Düsternis und zum großen Melodrama. Durch diese persönlichen Handschriften transformierten sie ihre Genrefilme zu etwas, was wohl am treffendsten als Arthouse-Genrekino bezeichnet werden kann.
Schließlich hatten beide auch einen einflussreichen Rivalen, mit dem sie sich in einem stetigen Wettstreit befanden (Bei Misumi war dies Eiichi Kudo und bei Kato der Jitsuroku-Eiga-Meister Kinji Fukasaku) und beide pflegten feministische Tendenzen, welche sie durch dreidimensionale und starke Frauenfiguren ausdrückten, welche in ihren männerorientierten Genres mehr eher untypisch waren.
Speziell letzter Punkt wird in dem vorliegenden Film mehr als deutlich und führt mich auch zu meinem letzten Punkt, um die Parallelen zwischen Tai Kato und Kenji Misumi zu veranschaulichen: Beide Männer beendeten ihre Karriere mit einem Knall. Misumi mit dem meisterlichen Samurai-Epos „Last Samurai“ (Nicht der Tom Cruise-Film) und Tai Kato miz dem hier besprochenen Meisterwerk „Like a Burning Flame“ aka. „Flames of Blood“
Doch im Gegensatz zu Misumis letztem Werk, welches sich durch eine amerikanische DVD-Veröffentlichung einer gewissen Bekanntheit erfreuen kann, ist Tai Katos Film noch immer völlig unbekannt. So wie ich diese Sätze schreibe, gibt es kein einziges (!) nicht-japanisches Review zu diesem Film im gesamten Netz und das ist eine Schande, denn Like a Burning Flame ist ein bahnbrechendes Meisterwerk, welches es sieben Jahre nach dem Dreh von The Last Samurai noch einmal schafft das goldene Zeitalter des japanischen Films für kurze Zeit wieder lebendig zu machen.
Story:
1862, in den letzten Jahren der Tokugawa-Ära: Nachdem er in Osaka ein Mann tötete, wird der Yakuza Senkichi (Bunta Sugawara) aus der Stadt verbannt und flieht zusammen mit der blinden Shamisen-Spielerin Orin (Mitsuko Baisho) aufs Land. Dabei müssen sie einen gefährlichen Pfad über die Berge beschreiten, wobei die tapfere Orin dem unter Höhenangst leidenden Senkichi das Leben rettet, so dass der Spieler aus Dankbarkeit auf sie die Wette abschließt, aus ihr eine glückliche Frau zu machen. Nach einigen Monaten ziellosen Umherirrens und stetiger Gefahr durch marodierende Räuberbanden siedeln Senkichi und Orin schließlich wieder in die Stadt Kyoto über, wo Senkichi sich im Dienste des Oyabun (Tomisaburo Wakayama) des Ogaki-Ya-Clans als Essensverkäufer betätigt. Aber sein Hass auf alle Männer, die Frauen unrecht antun, treibt ihn schnell wieder dazu ausfällig zu werden, so dass er den gewalttätigen Jajara tötet und in die Ungnade seines Oyabun fällt. Nun wieder unabhängig beschließt er eine eigene Spielhalle zu eröffnen und macht dies ausgerechnet in einem ausgetrockneten Flussbett unter einer stark frequentierten Kyotoer Brücke, welche zum Territorium eines gegnerischen Clans gehört. Bald schon kann er sich über einen großen Kundenkreis und einen stetig klingelnden Geldbeutel freuen, doch in seinem Drang immer mehr Geld zu erwirtschaften, unterschätzt er die Gefahr, die von den umliegenden Yakuza-Clans ausgeht und als plötzlich auch noch Jajaras ehemaliger Clan-Bruder Gonji (Akira Shioji) auftritt und sich für den Tod seines Freundes rächen will, droht Senkichi die Wette, welche er einst auf seine treue Orin abschloss, zu verlieren.
Kritik:
Schon die ersten Szenen offenbaren Tai Kato nicht nur als einen exzellenten Regisseur, sondern auch als einen wunderbaren Drehbuchautoren. Wir werden mitten ins Handlungsgeschehen zu einem jammernden Bunta Sugawara geworfen, der aufgrund seiner Höhenangst regelrechte Höllenqualen beim Besteigen eines Berges durchlebt.
Mit mehreren Farbfiltern und schnellen Schnitten zwischen der Vergangenheit und Gegenwart rekonstruiert Tai Kato dann Stück für Stück die Umstände der Flucht, welche Bunta Sugawaras Hauptcharakter Senkichi zur Besteigung eines steilen Bergpfades gebracht haben.
Begleitet wird er dabei von der blinden Orin, die ihm auf dem in seiner hilflosen Situation trotz ihrer Blindheit das Leben rettet und ihm mehrmals aus der Patsche hilft. Eine blinde Frau erweist sich hier als stärkster Charakter des Films, ohne die der bullige Macho Senkichi völlig verloren wäre.
Über ihre Hilfsbereitschaft entwickelt Senkichi einen gehörigen Hass auf alle Menschen, die Frauen betrügen und bestehlen und das in einer Zeit, in der Frauen meist wie Wegwerfartikel behandelt wurden. Und weil Senkichi ein Glückspieler ist, fasst er zudem den Entschluss, auf Orin die Wette abzuschließen, dass er aus ihr einen glückliche Frau machen werde.
Diese Wette bildet dann auch den zentralen Kernpunkt des Films und sorgt für die Tragik der Handlung, denn bald schon droht er seine Wette bei dem Versuch, vielen weiteren armen Frauen aus ihrem Elend herauszuhelfen, zu verlieren
Dass bemerkenswerte an diesem zentralen Thema, ist die innovative Herangehensweise Tai Katos an eine stürmische Zeit in der japanischen Geschichte. Das Unrecht und die Grausamkeit jener post-feudalen Jahre beschreibt Kato hier anhand der niederen Stellung der Frauen.
Die Männer mögen heroisch für angeblich große politisch Ideale sterben, doch mit ihrem Tod lassen sie auch ihre Frauen im Stich und stürzen sie in den Ruin. Unwillentlich reißt selbst Senkichi einige Ehefrauen und Töchter in die Verzweiflung, als er ihre Ehemänner, brutale Straßenräuber und Fanatisten, in Notwehr mit seinem Schwert niederstreckt.
Denn letztlich scheint es egal, ob es grausame Bösewichter oder ehrenvolle Helden sind, die ihr Leben aus den verschiedensten Gründen aushauchen, denn es waren die Frauen in jener Zeit die verloren, egal ob ein heroischer Sieg oder eine vernichtende Niederlage geschlagen wurde.
Diesen bemerkenswert feministischen und humanistischen Themenkomplex bettet Tai Kato in ein eindrucksvoll detailliertes politisches Portrait der letzten Jahre des Tokugawa-Shogunats ein. Schließlich war es eine überaus umtriebige und brutale Zeit, in der unzählige Splitterparteien und paramilitärische Organisationen um Vorherrschaft im alten Japan kämpften.
Beinahe beiläufig lässt Tai Kato die verschiedensten Gruppierungen wie die Tosa-Loyalisten mit dem berühmten Killer Izo Okada oder die Roshi-gumi mit ihrem Anführer Serizawa Kamo auftreten und macht unsere Helden damit zu unfreiwilligen Zeugen der historischen Ereignisse, welche zum Fall des seit Jahrhunderten bestehenden Shogunats führen sollten.
So wohnen wir etwa der (ungeklärten und deshalb von Kato geschickt fiktionalisierten) Ermordung von Serizawa Kamo bei oder folgen der legendären Shinsengumi bei ihrem Anschlag auf das Ikedaya-Inn in Kyoto.
Hier ist natürlich ein gewisses historisches Grundwissen des Zuschauer wünschenswert, da dieser sonst die vielen politischen Anspielungen schlicht nicht verstehen kann. Doch das großartige an den vielen Anspielungen ist eigentlich, dass sie niemals den Fluss oder das Verständnis der Handlung stören, sondern lediglich für ein gesteigertes Vergnügen sorgen, wenn man sie erkennt.
Besonders bewegend ist etwa Senkichis Zusammentreffen mit Izo Okada, der in diesem Film einmal nicht als der erbarmungslose Killer aus Jidai-geki wie Takashi Miikes Izo oder Hideo Goshas Hitokiri gezeichnet wird, sondern als ein gebrochener und seelisch verkrüppelter Mann, der, von der Polizei gefangen, halbnackt inmitten eines eiskalten Wintertages auf der Straße ausharren muss.
Senkichi selbst bleibt dabei aber immer ein betont unpolitischer Yakuza, dessen einziges Ziel es ist, seine Geliebten zu beschützen. Zwar steht er aufgrund von gewissen Ereignissen, welche ich nicht weggeben will, in der zweiten Hälfte des Films in engem Kontakt mit Isami Kono, dem Anführer der Shinsengumi, aber er wird nie ein Teil von Kondos Organisation und wird auch nicht von Izo Okada ausgeraubt, wie die grotesk falschen Inhaltsangaben auf dem DVD-Cover behaupten.
Auch abseits der politischen Bezüge ist Tai Katos Sinn für Details bemerkenswert. Etwa in seinen Einführen der Glocke, die Senkichi zu Anfang des Films ergattert und die den restlichen Film über an seinem Schwert baumelt und für einen überraschenden Plot-Twist sorgt oder aber in Tai Katos geschickter Mise-en-scene, welche das unglaublich vollbringt und in den 1980er Jahren, einer Zeit des billigen Fernsehlooks und schnell abgedrehter Ramschware, einen visuell wahrhaft prächtigen Film mit tollen Outdoor-Locations hervorbringt.
Stilistisch setzt er dabei auch in seinem letzten Werk auf seine bewährten Stilmittel um möglichst niedrige Kamerapositionen, realistische und chaotische Kämpfe und abrupte Szeneneinstiege. Einzige Schwäche ist der unpassende Synthesizer-Soundtrack von Veteran Hajime Kaburagi, welcher wohl ein typisches Produkt seiner Zeit ist, aber für die Atmosphäre eines Historienfilms beinahe tödlich wirkt.
Auch Schauspielerisch schafft es der Film die Probleme seines Zeit zu überwinden und mit Hilfe einiger Veteranen des japanischen Films tolle schauspielerische Leistungen hervorzubringen. Ryutaro Otomo und Tetsuro Tanba haben zwar nur kaum erwähnenswerte Miniauftritte, doch dafür ist Bunta Sugawara umso beeindruckender. Mit seinen fast 50 Jahren zeigt er noch einmal die gesamte Bandbreite seiner Emotionen und kämpft, lacht, schreit und weint er mit einer unglaublichen Energie, welche seinen Senkichi vielleicht zur besten Rolle seines Lebens macht.
Auch toll ist Tomisaburo Wakayama in seiner Rolle als jähzorniger Oyabun, auch wenn seine Erscheinung nicht kontrastreicher zu der von Sugawara sein könnte. Die nur vier Jahre ältere Kampfsport-Ikone ist ergraut und wirkt auch sonst sichtlich gealtert und abgetragen, als hätte Wqakayama ein paar Gläser Sake zu viel getrunken. Doch auch er überzeugt in einer Rolle als Respektsperson und Autoritätsträger, welche nicht viel mit seinen rebellischen und dreckigen Rollen in den Chambara-Filmen der 1960er Jahre wie der Wicked Priest-Reihe zu tun hat.
Wie häufig in japanischen Filmen gibt es auch kein Happy End, sondern ein bitter-süßes Filmende. Senkichi mag es nicht geschafft haben seine Wette, welche er auf die Frauen seines Lebens abschloss, zu gewinnen, doch er schafft es zumindest seine Hoffnung aufrecht zu erhalten. In der wahrhaft bewegenden Schlussszene ruft er noch ein letztes Mal: „I will bet again“, bevor der Film mit der Ansicht auf seiner geliebten Orin ausklingt.
Fazit:
Like a Burning Flame ist ein exzellent geskripteter, detailliert inszenierter und gut gespielter Jidai-geki, der es schafft, dem qualitativen Niedergang des japanischen Films in den 1980er Jahren zu wiederstehen. Tai Katos Meisterwerk!
9 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 14. 05. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Aber beide versahen ihr Werk mit einem charakteristischem formalen Stil und einer einmaligen Atmosphäre. Bei Misumis ist dies zum Beispiel sein Sinn für Lyrik und der Nihilismus seiner Filme und bei Kato seine Tendenz zur Düsternis und zum großen Melodrama. Durch diese persönlichen Handschriften transformierten sie ihre Genrefilme zu etwas, was wohl am treffendsten als Arthouse-Genrekino bezeichnet werden kann.
Schließlich hatten beide auch einen einflussreichen Rivalen, mit dem sie sich in einem stetigen Wettstreit befanden (Bei Misumi war dies Eiichi Kudo und bei Kato der Jitsuroku-Eiga-Meister Kinji Fukasaku) und beide pflegten feministische Tendenzen, welche sie durch dreidimensionale und starke Frauenfiguren ausdrückten, welche in ihren männerorientierten Genres mehr eher untypisch waren.
Speziell letzter Punkt wird in dem vorliegenden Film mehr als deutlich und führt mich auch zu meinem letzten Punkt, um die Parallelen zwischen Tai Kato und Kenji Misumi zu veranschaulichen: Beide Männer beendeten ihre Karriere mit einem Knall. Misumi mit dem meisterlichen Samurai-Epos „Last Samurai“ (Nicht der Tom Cruise-Film) und Tai Kato miz dem hier besprochenen Meisterwerk „Like a Burning Flame“ aka. „Flames of Blood“
Doch im Gegensatz zu Misumis letztem Werk, welches sich durch eine amerikanische DVD-Veröffentlichung einer gewissen Bekanntheit erfreuen kann, ist Tai Katos Film noch immer völlig unbekannt. So wie ich diese Sätze schreibe, gibt es kein einziges (!) nicht-japanisches Review zu diesem Film im gesamten Netz und das ist eine Schande, denn Like a Burning Flame ist ein bahnbrechendes Meisterwerk, welches es sieben Jahre nach dem Dreh von The Last Samurai noch einmal schafft das goldene Zeitalter des japanischen Films für kurze Zeit wieder lebendig zu machen.
Story:
1862, in den letzten Jahren der Tokugawa-Ära: Nachdem er in Osaka ein Mann tötete, wird der Yakuza Senkichi (Bunta Sugawara) aus der Stadt verbannt und flieht zusammen mit der blinden Shamisen-Spielerin Orin (Mitsuko Baisho) aufs Land. Dabei müssen sie einen gefährlichen Pfad über die Berge beschreiten, wobei die tapfere Orin dem unter Höhenangst leidenden Senkichi das Leben rettet, so dass der Spieler aus Dankbarkeit auf sie die Wette abschließt, aus ihr eine glückliche Frau zu machen. Nach einigen Monaten ziellosen Umherirrens und stetiger Gefahr durch marodierende Räuberbanden siedeln Senkichi und Orin schließlich wieder in die Stadt Kyoto über, wo Senkichi sich im Dienste des Oyabun (Tomisaburo Wakayama) des Ogaki-Ya-Clans als Essensverkäufer betätigt. Aber sein Hass auf alle Männer, die Frauen unrecht antun, treibt ihn schnell wieder dazu ausfällig zu werden, so dass er den gewalttätigen Jajara tötet und in die Ungnade seines Oyabun fällt. Nun wieder unabhängig beschließt er eine eigene Spielhalle zu eröffnen und macht dies ausgerechnet in einem ausgetrockneten Flussbett unter einer stark frequentierten Kyotoer Brücke, welche zum Territorium eines gegnerischen Clans gehört. Bald schon kann er sich über einen großen Kundenkreis und einen stetig klingelnden Geldbeutel freuen, doch in seinem Drang immer mehr Geld zu erwirtschaften, unterschätzt er die Gefahr, die von den umliegenden Yakuza-Clans ausgeht und als plötzlich auch noch Jajaras ehemaliger Clan-Bruder Gonji (Akira Shioji) auftritt und sich für den Tod seines Freundes rächen will, droht Senkichi die Wette, welche er einst auf seine treue Orin abschloss, zu verlieren.
Kritik:
Schon die ersten Szenen offenbaren Tai Kato nicht nur als einen exzellenten Regisseur, sondern auch als einen wunderbaren Drehbuchautoren. Wir werden mitten ins Handlungsgeschehen zu einem jammernden Bunta Sugawara geworfen, der aufgrund seiner Höhenangst regelrechte Höllenqualen beim Besteigen eines Berges durchlebt.
Mit mehreren Farbfiltern und schnellen Schnitten zwischen der Vergangenheit und Gegenwart rekonstruiert Tai Kato dann Stück für Stück die Umstände der Flucht, welche Bunta Sugawaras Hauptcharakter Senkichi zur Besteigung eines steilen Bergpfades gebracht haben.
Begleitet wird er dabei von der blinden Orin, die ihm auf dem in seiner hilflosen Situation trotz ihrer Blindheit das Leben rettet und ihm mehrmals aus der Patsche hilft. Eine blinde Frau erweist sich hier als stärkster Charakter des Films, ohne die der bullige Macho Senkichi völlig verloren wäre.
Über ihre Hilfsbereitschaft entwickelt Senkichi einen gehörigen Hass auf alle Menschen, die Frauen betrügen und bestehlen und das in einer Zeit, in der Frauen meist wie Wegwerfartikel behandelt wurden. Und weil Senkichi ein Glückspieler ist, fasst er zudem den Entschluss, auf Orin die Wette abzuschließen, dass er aus ihr einen glückliche Frau machen werde.
Diese Wette bildet dann auch den zentralen Kernpunkt des Films und sorgt für die Tragik der Handlung, denn bald schon droht er seine Wette bei dem Versuch, vielen weiteren armen Frauen aus ihrem Elend herauszuhelfen, zu verlieren
Dass bemerkenswerte an diesem zentralen Thema, ist die innovative Herangehensweise Tai Katos an eine stürmische Zeit in der japanischen Geschichte. Das Unrecht und die Grausamkeit jener post-feudalen Jahre beschreibt Kato hier anhand der niederen Stellung der Frauen.
Die Männer mögen heroisch für angeblich große politisch Ideale sterben, doch mit ihrem Tod lassen sie auch ihre Frauen im Stich und stürzen sie in den Ruin. Unwillentlich reißt selbst Senkichi einige Ehefrauen und Töchter in die Verzweiflung, als er ihre Ehemänner, brutale Straßenräuber und Fanatisten, in Notwehr mit seinem Schwert niederstreckt.
Denn letztlich scheint es egal, ob es grausame Bösewichter oder ehrenvolle Helden sind, die ihr Leben aus den verschiedensten Gründen aushauchen, denn es waren die Frauen in jener Zeit die verloren, egal ob ein heroischer Sieg oder eine vernichtende Niederlage geschlagen wurde.
Diesen bemerkenswert feministischen und humanistischen Themenkomplex bettet Tai Kato in ein eindrucksvoll detailliertes politisches Portrait der letzten Jahre des Tokugawa-Shogunats ein. Schließlich war es eine überaus umtriebige und brutale Zeit, in der unzählige Splitterparteien und paramilitärische Organisationen um Vorherrschaft im alten Japan kämpften.
Beinahe beiläufig lässt Tai Kato die verschiedensten Gruppierungen wie die Tosa-Loyalisten mit dem berühmten Killer Izo Okada oder die Roshi-gumi mit ihrem Anführer Serizawa Kamo auftreten und macht unsere Helden damit zu unfreiwilligen Zeugen der historischen Ereignisse, welche zum Fall des seit Jahrhunderten bestehenden Shogunats führen sollten.
So wohnen wir etwa der (ungeklärten und deshalb von Kato geschickt fiktionalisierten) Ermordung von Serizawa Kamo bei oder folgen der legendären Shinsengumi bei ihrem Anschlag auf das Ikedaya-Inn in Kyoto.
Hier ist natürlich ein gewisses historisches Grundwissen des Zuschauer wünschenswert, da dieser sonst die vielen politischen Anspielungen schlicht nicht verstehen kann. Doch das großartige an den vielen Anspielungen ist eigentlich, dass sie niemals den Fluss oder das Verständnis der Handlung stören, sondern lediglich für ein gesteigertes Vergnügen sorgen, wenn man sie erkennt.
Besonders bewegend ist etwa Senkichis Zusammentreffen mit Izo Okada, der in diesem Film einmal nicht als der erbarmungslose Killer aus Jidai-geki wie Takashi Miikes Izo oder Hideo Goshas Hitokiri gezeichnet wird, sondern als ein gebrochener und seelisch verkrüppelter Mann, der, von der Polizei gefangen, halbnackt inmitten eines eiskalten Wintertages auf der Straße ausharren muss.
Senkichi selbst bleibt dabei aber immer ein betont unpolitischer Yakuza, dessen einziges Ziel es ist, seine Geliebten zu beschützen. Zwar steht er aufgrund von gewissen Ereignissen, welche ich nicht weggeben will, in der zweiten Hälfte des Films in engem Kontakt mit Isami Kono, dem Anführer der Shinsengumi, aber er wird nie ein Teil von Kondos Organisation und wird auch nicht von Izo Okada ausgeraubt, wie die grotesk falschen Inhaltsangaben auf dem DVD-Cover behaupten.
Auch abseits der politischen Bezüge ist Tai Katos Sinn für Details bemerkenswert. Etwa in seinen Einführen der Glocke, die Senkichi zu Anfang des Films ergattert und die den restlichen Film über an seinem Schwert baumelt und für einen überraschenden Plot-Twist sorgt oder aber in Tai Katos geschickter Mise-en-scene, welche das unglaublich vollbringt und in den 1980er Jahren, einer Zeit des billigen Fernsehlooks und schnell abgedrehter Ramschware, einen visuell wahrhaft prächtigen Film mit tollen Outdoor-Locations hervorbringt.
Stilistisch setzt er dabei auch in seinem letzten Werk auf seine bewährten Stilmittel um möglichst niedrige Kamerapositionen, realistische und chaotische Kämpfe und abrupte Szeneneinstiege. Einzige Schwäche ist der unpassende Synthesizer-Soundtrack von Veteran Hajime Kaburagi, welcher wohl ein typisches Produkt seiner Zeit ist, aber für die Atmosphäre eines Historienfilms beinahe tödlich wirkt.
Auch Schauspielerisch schafft es der Film die Probleme seines Zeit zu überwinden und mit Hilfe einiger Veteranen des japanischen Films tolle schauspielerische Leistungen hervorzubringen. Ryutaro Otomo und Tetsuro Tanba haben zwar nur kaum erwähnenswerte Miniauftritte, doch dafür ist Bunta Sugawara umso beeindruckender. Mit seinen fast 50 Jahren zeigt er noch einmal die gesamte Bandbreite seiner Emotionen und kämpft, lacht, schreit und weint er mit einer unglaublichen Energie, welche seinen Senkichi vielleicht zur besten Rolle seines Lebens macht.
Auch toll ist Tomisaburo Wakayama in seiner Rolle als jähzorniger Oyabun, auch wenn seine Erscheinung nicht kontrastreicher zu der von Sugawara sein könnte. Die nur vier Jahre ältere Kampfsport-Ikone ist ergraut und wirkt auch sonst sichtlich gealtert und abgetragen, als hätte Wqakayama ein paar Gläser Sake zu viel getrunken. Doch auch er überzeugt in einer Rolle als Respektsperson und Autoritätsträger, welche nicht viel mit seinen rebellischen und dreckigen Rollen in den Chambara-Filmen der 1960er Jahre wie der Wicked Priest-Reihe zu tun hat.
Wie häufig in japanischen Filmen gibt es auch kein Happy End, sondern ein bitter-süßes Filmende. Senkichi mag es nicht geschafft haben seine Wette, welche er auf die Frauen seines Lebens abschloss, zu gewinnen, doch er schafft es zumindest seine Hoffnung aufrecht zu erhalten. In der wahrhaft bewegenden Schlussszene ruft er noch ein letztes Mal: „I will bet again“, bevor der Film mit der Ansicht auf seiner geliebten Orin ausklingt.
Fazit:
Like a Burning Flame ist ein exzellent geskripteter, detailliert inszenierter und gut gespielter Jidai-geki, der es schafft, dem qualitativen Niedergang des japanischen Films in den 1980er Jahren zu wiederstehen. Tai Katos Meisterwerk!
9 von 10 Punkten = Sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 14. 05. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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