Tange Sazen: The Million Ryo Pot (1935)
Ein Film von Sadao Yamanaka
Bewertung: 8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Tange sazen yowa: Hyakuman ryo no tsubo
Genre: Jidai-geki, Komödie, Chambara eiga
Regie: Sadao Yamanaka
Darsteller: Denjiro Okochi (Tange Sazen), Kiyozo Shinbashi (Ofuji), Soji Kiyokawa (Shichibei), Kunitaro Sawamura (Genzaburo), Reizaburo Yamamoto (Yokichi), Minoru Takase (Shigeju), Ranko Hanai (Hogino), Zen'ichiro Kito, Katsutaro Bando, Katsuhiko Isokawa (Tamba) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Shintaro Mimura
Kamera: Jun Yasumoto
Musik: Goro Nishi
Nikkatsu, 92 Minuten, S/W
Tange sazen yowa: Hyakuman ryo no tsubo
Genre: Jidai-geki, Komödie, Chambara eiga
Regie: Sadao Yamanaka
Darsteller: Denjiro Okochi (Tange Sazen), Kiyozo Shinbashi (Ofuji), Soji Kiyokawa (Shichibei), Kunitaro Sawamura (Genzaburo), Reizaburo Yamamoto (Yokichi), Minoru Takase (Shigeju), Ranko Hanai (Hogino), Zen'ichiro Kito, Katsutaro Bando, Katsuhiko Isokawa (Tamba) Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Shintaro Mimura
Kamera: Jun Yasumoto
Musik: Goro Nishi
Nikkatsu, 92 Minuten, S/W
Read the English version of this review at easternkicks.com.
Mitte der 1930er Jahre war das "Goldene Zeitalter" des Jidai-geki vorbei. Mit ihren aufwändigen Kamerafahrten und dynamischen Kampfszenen konnten sich die Historienfilme von Meistern wie Daisuke Ito oder Teinosuke Kinugasa kaum an die statische Ästhetik des frühen Tonfilms anpassen. Das Publikum bevorzugte jetzt realistische Filme in zeitgenößischen Milieus von Regisseuren wie Hiroshi Shimizu oder Yasujiro Ozu.
Zur selben Zeit formierte sich aber auch eine Bewegung, die dem Jidai-geki schließlich den Übergang in den Tonfilm ermöglichte. Angeführt von Regisseuren wie Mansaku Itami und Sadao Yamanaka, sowie den Drehbuchautoren
Fuji Yahiro und Shintaro Mimura versuchte die Narutake-Gruppe, das Genre weiterzuentwickeln, indem sie es mit den Stilmitteln des Shomin-geki vereinte.
Aus den düsteren Heldengeschichten der 1920er Jahre wurden intelligente Milieustudien im Historiengewand. Ein entscheidender Schritt in diesem Prozess der Reformation war dabei die Entheroisierung des Tateyaku, des klassischen Jidai-geki-Heldens. Mit dieser Intention im Hinterkopf entstand Sadao Yamanakas "Tange Sazen: The Million Ryo Pot".
Was als dritter Teil einer neuen Nikkatsu-Filmreihe konzipiert worden war (die beiden Vorgängerfilme waren von Daisuke Ito inszeniert worden), sollte einen radikalten Bruch mit dem gängigen Stil der Abenteuer des legendären einäugigen, einarmigen Ronin Tange Sazen darstellen, die sich besonders in Bezug auf den Titelcharakter selbst als wegweisend zeigen sollte...
Story:
Der Lord des Yagyu-Clans erfährt, dass auf dem Kokezaru-Topf, ein altes Familienerbstück, eine Schatzkarte zu dem gigantischen Vermögen seiner Vorfahren eingraviert ist. Unglücklicherweise hat er den Topf an seinen jüngeren Bruder Genjuro (Kunitaro Sawamura) verschenkt. Eifersüchtig auf den Status seines Bruders, weigert sich Genjuro, den Topf zurückzugeben und verkauft ihn an einen Trödelsammler. Als Genujro dann den wahren Wert des Topfes erfährt, schwört er, ihn zu finden. Inzwischen ist der Topf jedoch in die Hände des Ronin Tange Sazen (Denjiro Okochi) und seiner Frau Ofuji (Kiyozo Shinbashi) gelangt, die alle Hände damit zu tun haben, sich um den kleinen Waisenjungen Yasu (Shuntaro So) zu kümmern, der das so wertvolle Familienerbstück als Behälter für seine Goldfische verwendet...
Kritik:
Die Abenteuer des Ronin Tange Sazen entstammten ursprünglich aus der Feder des Autoren Fubo Hayashi und gelangten unter der Regie des legendären Jidai-geki-Pioniers Daisuke Ito zu großer Popularität. Stets gespielt von Denjiro Okochi, war Itos Tange Sazen ein psychopathischer und brutaler Ronin und seine Filme von einer düsteren Weltsicht, energetischen Kämpfen und bitterem Pathos bestimmt.
Genau hier setzte Sadao Yamanaka an und verwandelte den zynischen Titelcharakter kurzerhand in einem warmherzigen Faulenzer. Auch Kampfszenen nehmen nur einen Bruchteil der Handlung ein, tatsächlich lässt nur der Darsteller des Tange Sazen auf die Pionierarbeit Itos schließen: In Yamanakas Händen wird aus Itos sozialkritischen Tange Sazen-Filmen eine leichtfüßige "Comedy of Errors".
Ein Großteil des Humors entspringt dabei aus der Unwissenheit der Charakter bezüglich des Geheimnisses des Kokezaru-Topfs. So überbringt Hagino ihrem Ehemann Genjuro freudenstrahlend die Nachricht, dass sie den Topf für 10 anstelle der vermuteten 3 Mon verkauft hat. Genjuro kennt inzwischen dessen wahren Wert und fasst die "gute" Nachricht dementsprechend auf.
Mit sardonischer Präzision steigert Yamanaka diese Pointe in immer neue Dimensionen der Absurdität. Vom geachteten Familienerbstück des Yagyu-Lords wird der Topf zum halbherzigen Geschenk an dessen Bruder und schließlich zum Goldfisch-Behälter des kleinen Yasu, der sich in der Obhut von Tange Sazen und seine Frau Ofuji befindet.
Noch bemerkenswerter ist dabei die Modernität von Yamanakas Inszenierung. Elegante Kamerafahrten und schnelle Schnitte treiben das Geschehen flott voran. Oft wird der komödiantische Effekt mithilfe einer elliptischen Montage und abrupten Szenenübergängen verstärkt, die den Kontrast zweier Szenen effektiv betonen.
So wird Genjuros Suche nach dem Topf etwa von seinem entschlossenen Schritt und lauten Fanfaren flankiert, die nächste Einstellung zeigt ihn dann, wie er sich in einem Gasthaus vergnügt: Die Suche ist nur Vorwand, in Wahrheit ist Genjuro vielmehr daran interessiert, sich einmal richtig zu amüsieren...
Trotz dieser revisionistischen Parodie des originalen Tange Sazen-Charakters und des mal tiefschwarzen, mal feinen Humor, ist "Tange Sazen: The Million Ryo Pot" weit mehr als nur eine Farce. Im Kern ist er genauso beseelt von dem warmherzigen Humanismus Yamanakas anderer erhaltener Filme.
Hin und wieder bricht die komödiantische Fassade des Films auf, so dass man doch die bedrohliche Präsenz von Denjiro Okochis Tange Sazen erahnen kann, doch eigentlich ist er ein Scherzbold mit einem Herzen aus Gold, der genauso unter der Fuchtel seiner strengen Verlobten leiden muss, wie der arme Genjuro: Letztlich stehen beide Männer im Schatten ihrer tatkräftigen Frauen.
"Tange Sazen: The Million Ryo Pot" mag wohl der konformste Tange Sazen-Film der Vorkriegs-Ära sein. Kein regimekritisches und düsteres Werk, sondern nicht mehr oder weniger als eine perfekt inszenierte Komödie, doch auch in diesem vermeintlich trivialen Konzept steckt eine Revolution.
Wie es das Ziel der Narutake-Gruppe war, sind die Charakter frei von Klischees und ihre Zeit befreit von der archetypischen Darstellungsweise des Theaters, an welchem sich der Jidai-geki bis heute stark orientiert. Yamanaka porträtiert Menschen in all ihren Facetten, das diese viele Jahrhunderte vor unserer Zeit gelebt haben, ist für ihn unbedeutend.
Letztlich blieb der japanische Historienfilm in seinen Theater-Wurzeln verankert, doch zumindest die Darstellung des Tange Sazen erwies sich als überaus bedeutend. Als erster Tange Sazen-Tonfilm bleibt Yamanakas Film heute das einzige vollständig erhaltene Tange Sazen-Abenteuer. Itos verlorene Darstellung des Charakters geriet mit der Zeit in Vergessenheit, so dass Yamanakas Film bald schon als definitives Portrait der Figur galt.
So verwundert es auch kaum, dass die meisten Versuche, den Charakter in den Nachkriegsjahren wiederzubeleben, sich Yamanakas Film zum Vorbild nahmen. Im Jahr 1958 starte Toei die Reihe mit einem Remake des vorliegenden Film neu, noch im Jahre 2004 entstand ein weiteres Remake. Keine Frage, "Tange Sazen: The Million Ryo" bleibt bis heute Sadao Yamanakas einflussreichtes und berühmtestes Vermächtnis.
Fazit:
"Tange Sazen: The Million Ryo" ist eine intelligente und modern inszenierte "Comedy of Errors" mit humanistischem Kern, deren revisionistische Porträtierung des einarmigen, einäugigen Titelcharakter sich trotz des Außenseitercharakters der Verfilmung als programmatisch erweisen sollte.
8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Erstveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf easternkicks.com am 02.09.2015
Zweitveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 13.09.2015
Zweitveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf "easternkicks.com" am 15. 07. 2015Geschrieben von Pablo Knote
Mitte der 1930er Jahre war das "Goldene Zeitalter" des Jidai-geki vorbei. Mit ihren aufwändigen Kamerafahrten und dynamischen Kampfszenen konnten sich die Historienfilme von Meistern wie Daisuke Ito oder Teinosuke Kinugasa kaum an die statische Ästhetik des frühen Tonfilms anpassen. Das Publikum bevorzugte jetzt realistische Filme in zeitgenößischen Milieus von Regisseuren wie Hiroshi Shimizu oder Yasujiro Ozu.
Zur selben Zeit formierte sich aber auch eine Bewegung, die dem Jidai-geki schließlich den Übergang in den Tonfilm ermöglichte. Angeführt von Regisseuren wie Mansaku Itami und Sadao Yamanaka, sowie den Drehbuchautoren
Fuji Yahiro und Shintaro Mimura versuchte die Narutake-Gruppe, das Genre weiterzuentwickeln, indem sie es mit den Stilmitteln des Shomin-geki vereinte.
Aus den düsteren Heldengeschichten der 1920er Jahre wurden intelligente Milieustudien im Historiengewand. Ein entscheidender Schritt in diesem Prozess der Reformation war dabei die Entheroisierung des Tateyaku, des klassischen Jidai-geki-Heldens. Mit dieser Intention im Hinterkopf entstand Sadao Yamanakas "Tange Sazen: The Million Ryo Pot".
Was als dritter Teil einer neuen Nikkatsu-Filmreihe konzipiert worden war (die beiden Vorgängerfilme waren von Daisuke Ito inszeniert worden), sollte einen radikalten Bruch mit dem gängigen Stil der Abenteuer des legendären einäugigen, einarmigen Ronin Tange Sazen darstellen, die sich besonders in Bezug auf den Titelcharakter selbst als wegweisend zeigen sollte...
Story:
Der Lord des Yagyu-Clans erfährt, dass auf dem Kokezaru-Topf, ein altes Familienerbstück, eine Schatzkarte zu dem gigantischen Vermögen seiner Vorfahren eingraviert ist. Unglücklicherweise hat er den Topf an seinen jüngeren Bruder Genjuro (Kunitaro Sawamura) verschenkt. Eifersüchtig auf den Status seines Bruders, weigert sich Genjuro, den Topf zurückzugeben und verkauft ihn an einen Trödelsammler. Als Genujro dann den wahren Wert des Topfes erfährt, schwört er, ihn zu finden. Inzwischen ist der Topf jedoch in die Hände des Ronin Tange Sazen (Denjiro Okochi) und seiner Frau Ofuji (Kiyozo Shinbashi) gelangt, die alle Hände damit zu tun haben, sich um den kleinen Waisenjungen Yasu (Shuntaro So) zu kümmern, der das so wertvolle Familienerbstück als Behälter für seine Goldfische verwendet...
Kritik:
Die Abenteuer des Ronin Tange Sazen entstammten ursprünglich aus der Feder des Autoren Fubo Hayashi und gelangten unter der Regie des legendären Jidai-geki-Pioniers Daisuke Ito zu großer Popularität. Stets gespielt von Denjiro Okochi, war Itos Tange Sazen ein psychopathischer und brutaler Ronin und seine Filme von einer düsteren Weltsicht, energetischen Kämpfen und bitterem Pathos bestimmt.
Genau hier setzte Sadao Yamanaka an und verwandelte den zynischen Titelcharakter kurzerhand in einem warmherzigen Faulenzer. Auch Kampfszenen nehmen nur einen Bruchteil der Handlung ein, tatsächlich lässt nur der Darsteller des Tange Sazen auf die Pionierarbeit Itos schließen: In Yamanakas Händen wird aus Itos sozialkritischen Tange Sazen-Filmen eine leichtfüßige "Comedy of Errors".
Ein Großteil des Humors entspringt dabei aus der Unwissenheit der Charakter bezüglich des Geheimnisses des Kokezaru-Topfs. So überbringt Hagino ihrem Ehemann Genjuro freudenstrahlend die Nachricht, dass sie den Topf für 10 anstelle der vermuteten 3 Mon verkauft hat. Genjuro kennt inzwischen dessen wahren Wert und fasst die "gute" Nachricht dementsprechend auf.
Mit sardonischer Präzision steigert Yamanaka diese Pointe in immer neue Dimensionen der Absurdität. Vom geachteten Familienerbstück des Yagyu-Lords wird der Topf zum halbherzigen Geschenk an dessen Bruder und schließlich zum Goldfisch-Behälter des kleinen Yasu, der sich in der Obhut von Tange Sazen und seine Frau Ofuji befindet.
Noch bemerkenswerter ist dabei die Modernität von Yamanakas Inszenierung. Elegante Kamerafahrten und schnelle Schnitte treiben das Geschehen flott voran. Oft wird der komödiantische Effekt mithilfe einer elliptischen Montage und abrupten Szenenübergängen verstärkt, die den Kontrast zweier Szenen effektiv betonen.
So wird Genjuros Suche nach dem Topf etwa von seinem entschlossenen Schritt und lauten Fanfaren flankiert, die nächste Einstellung zeigt ihn dann, wie er sich in einem Gasthaus vergnügt: Die Suche ist nur Vorwand, in Wahrheit ist Genjuro vielmehr daran interessiert, sich einmal richtig zu amüsieren...
Trotz dieser revisionistischen Parodie des originalen Tange Sazen-Charakters und des mal tiefschwarzen, mal feinen Humor, ist "Tange Sazen: The Million Ryo Pot" weit mehr als nur eine Farce. Im Kern ist er genauso beseelt von dem warmherzigen Humanismus Yamanakas anderer erhaltener Filme.
Hin und wieder bricht die komödiantische Fassade des Films auf, so dass man doch die bedrohliche Präsenz von Denjiro Okochis Tange Sazen erahnen kann, doch eigentlich ist er ein Scherzbold mit einem Herzen aus Gold, der genauso unter der Fuchtel seiner strengen Verlobten leiden muss, wie der arme Genjuro: Letztlich stehen beide Männer im Schatten ihrer tatkräftigen Frauen.
"Tange Sazen: The Million Ryo Pot" mag wohl der konformste Tange Sazen-Film der Vorkriegs-Ära sein. Kein regimekritisches und düsteres Werk, sondern nicht mehr oder weniger als eine perfekt inszenierte Komödie, doch auch in diesem vermeintlich trivialen Konzept steckt eine Revolution.
Wie es das Ziel der Narutake-Gruppe war, sind die Charakter frei von Klischees und ihre Zeit befreit von der archetypischen Darstellungsweise des Theaters, an welchem sich der Jidai-geki bis heute stark orientiert. Yamanaka porträtiert Menschen in all ihren Facetten, das diese viele Jahrhunderte vor unserer Zeit gelebt haben, ist für ihn unbedeutend.
Letztlich blieb der japanische Historienfilm in seinen Theater-Wurzeln verankert, doch zumindest die Darstellung des Tange Sazen erwies sich als überaus bedeutend. Als erster Tange Sazen-Tonfilm bleibt Yamanakas Film heute das einzige vollständig erhaltene Tange Sazen-Abenteuer. Itos verlorene Darstellung des Charakters geriet mit der Zeit in Vergessenheit, so dass Yamanakas Film bald schon als definitives Portrait der Figur galt.
So verwundert es auch kaum, dass die meisten Versuche, den Charakter in den Nachkriegsjahren wiederzubeleben, sich Yamanakas Film zum Vorbild nahmen. Im Jahr 1958 starte Toei die Reihe mit einem Remake des vorliegenden Film neu, noch im Jahre 2004 entstand ein weiteres Remake. Keine Frage, "Tange Sazen: The Million Ryo" bleibt bis heute Sadao Yamanakas einflussreichtes und berühmtestes Vermächtnis.
Fazit:
"Tange Sazen: The Million Ryo" ist eine intelligente und modern inszenierte "Comedy of Errors" mit humanistischem Kern, deren revisionistische Porträtierung des einarmigen, einäugigen Titelcharakter sich trotz des Außenseitercharakters der Verfilmung als programmatisch erweisen sollte.
8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Erstveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf easternkicks.com am 02.09.2015
Zweitveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 13.09.2015
Zweitveröffentlichung als englische Version dieser Kritik auf "easternkicks.com" am 15. 07. 2015Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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