Three Yakuza (1965)
Ein Film von Tadashi Sawashima
Bewertung: 8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Matatabi san ning yakuza
Genre: Yakuza-Eiga, Matatabi-Eiga, Chambara-Eiga
Regie: Tadashi Sawashima
Darsteller: Tatsuya Nakadai (Sentaro), Kunie Tanaka, Takashi Shimura (The Old Man), Hiroki Matsukata (Genta), Kinnosuke Nakamura (Kyutaro), Hiroko Sakuramachi, Wakaba Irie, Junko Fuji (Omiyo), Akira Shioji, Tatsuo Endo
Drehbuch: Kazuo Kasahara, Sadao Nakajima, Tatsuo Nogami
Kamera: Osamu Furuya
Musik: Katsu Sato
Toei Company, 120 Minuten, Color
Matatabi san ning yakuza
Genre: Yakuza-Eiga, Matatabi-Eiga, Chambara-Eiga
Regie: Tadashi Sawashima
Darsteller: Tatsuya Nakadai (Sentaro), Kunie Tanaka, Takashi Shimura (The Old Man), Hiroki Matsukata (Genta), Kinnosuke Nakamura (Kyutaro), Hiroko Sakuramachi, Wakaba Irie, Junko Fuji (Omiyo), Akira Shioji, Tatsuo Endo
Drehbuch: Kazuo Kasahara, Sadao Nakajima, Tatsuo Nogami
Kamera: Osamu Furuya
Musik: Katsu Sato
Toei Company, 120 Minuten, Color
Was dem Ninkyo-Film sein giri-ninjo-Konflikt, der ewige Kampf zwischen den menschlichen Gefühlen ("ninjo") und der Verpflichtung ("giri") zu seinen Yakuzabrüdern und seinem Umfeld ist, findet sich in einer ähnlichen Variante auch in dem engen Verwandten des Genres, dem Matatabi-mono (Filme über wandernde Glückspieler, genannt Toseinin) in Form des Isshoku ippan-Konfikt, des "eine Mahlzeit und ein Nachtlager“-Konflikts.
Ein Toseinin kehrt in ein fremdes Dorf ein und wird dort von den Dorfbewohnern oder der örtlichen Yakuza mit einem Schlafplatz und einem Abendmahl versorgt. Durch seine Akzeptanz der Gastfreundschaft befindet er sich jetzt in der Schuld der Gastgeber und ist gezwungen, ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme behilflich zu sein, selbst wenn er sich dadurch in Gefahr bringt oder die Aufgabe seinen moralischen Vorstellungen widerspricht.
Dieser Konflikt zwischen blindem Gehorsam zum Zweck des Schuldausgleichs und dem selbständigen und eigenverantwortlichen Handeln durchzieht unzählige Matatabi-mono und so bildet er auch den zentralen Ausgangspunkt in jeder der drei Geschichten von Tadashi Sawashimas hervorragender Yakuza-Anthalogie "Three Yakuza".
Im Laufe der drei Geschichten begeben sich die Protagonisten in die Obhut eines fremden Heimes, werden dadurch mit ihren eigenen moralischen Grundsätzen konfrontiert und müssen am Ende der jeweiligen Geschichte eine Entscheidung treffen, die ihre Schicksale für immer bestimmen wird.
Das Genie des Films liegt darin, wie Tadashi Sawashima in allen drei Geschichten einen komplett anderen Regie-Stil vorzeigt und das essentielle Isshoku ippan-Thema perfekt variiert, wodurch beinahe alle wichtigen Mechanismen des Genres durchgespielt werden. In der Folge erweist sich Three Yakuza nicht nur als herausragendes Vorzeigewerk seines Regisseurs, sondern auch als ein exzellenter Einstiegspunkt in die aufregende Welt der Matatabi-mono.
Story:
1. Geschichte: "Herbst"
Weil er zwei Regierungsbeamte tötete, ist auf den Toseinin Sentaro (Tatsuya Nakadai) ein hohes Kopfgeld ausgesetzt, was ihn zu einem begehrten Ziel von Kopfgeldjägern und sonstigen Gaunern macht. Auf dem Weg zu einem freundlich gesinnten Yakuza-Clan muss er sogar einen mysteriösen Mann töten, der es auf seinen Kopf abgesehen hatte. Angekommen im Yakuza-Hauptquartier wird ihm vom Oyabun Kojiya eine Unterkunft gewährt. Um seine Schuld auszugleichen, bietet er sich nun an, die Prostituierte Oine zu bewachen, die, hoffnungslos beim Clan verschuldet, immer wieder Fluchtversuche begeht, um zu ihrem Liebhaber zu fliehen, der ebenfalls immer wieder Befreiungsversuche startet. Bald schon empfindet Sentaro Mitleid mit der jungen Frau und zudem erweist sich Boss Kojiya bald schon als grausamer Bösewicht, der die Bewohner des Dorfes terrorisiert. Als Sentaro dann erfährt, dass sein Schicksal mit dem von Oine auf grausame Weise verknüpft ist, trifft er die Entscheidung, der jungen Frau aus ihrer unglücklichen Lage herauszuhelfen...
2. Geschichte: "Winter"
Auf der Flucht vor der örtlichen Yakuza treffen sich der junge Yakuza Genta (Hiroki Matsukata) und ein alter Spielbetrüger (Takashi Shimura) und schließen sich, zum Unbehagen des alten Mannes, zusammen. Gemeinsam suchen sie Zuflucht in einer vermeintlich verlassenen Hütte inmitten eines verschneiten Waldes. Zwischen den beiden Yakuza entwickelt sich schnell eine angespannte Stimmung, als der alte Mann versucht, Genta zur Aufgabe seines Gangsterlebens zu überreden. Ihre Diskussion wird urplötzlich unterbrochen, als die Hausbesitzern Omiyo (Junko Fuji) wieder in ihr Heim einkehrt und panisch auf die beiden Fremden reagiert. Doch trotz ihrer Angst, macht der alte Mann keine Anstalten das Haus zu verlassen, denn zwischen ihm und Omiyo scheint es eine geheimnisvolle Verbindung zu geben...
3. Geschichte: "Frühling"
Der Toseinin Kyutaro (Kinnosuke Nakamura) wandert ziellos durch Japan und kehrt auf einer seiner Reisen in ein kleines Dörfchen ein, dessen Bewohner ihn überraschenderweise überaus freundlich mit einem großen Fest und warmer Unterkunft begrüßen. Bald schon stellt sich jedoch heraus, dass ein fieser Steuereintreiber die Dorfgemeinde terrorisiert und der Bürgermeister (Tatsuo Endo) den vermeintlich kampferprobten Yakuza anheuern will, um den Steuereintreiber zu töten. Durch seine bereitwilige Annahme der örtlichen Gastfreundschaft befindet sich Kyutaro jetzt in der Schuld des Dorfes und erklärt sich großspurig bereit, den Dörflern aus ihrer Misere herauszuhelfen. Das Problem ist nur, dass Kyutaro in Wahrheit ein überaus schlechter Schwertkämpfer ist, der noch nie in seinem Leben jemanden getötet hat, so dass er verzweifelt versucht dem Kampf um jeden Preis auszuweichen...
Kritik:
Wie in vielen japanischen Filmen ist auch hier das Wetter nicht nur belanglose Kulisse, sondern aktiver Part der Geschichte, der die Gefühle der Charaktere und die Stimmung des Films widerspiegelt. Insofern sind die drei Geschichten von Three Yakuza auch in schöne Landschaftsaufnahmen eingebettet und spielen zu drei verschiedenen Jahreszeiten, welche die Atmosphäre des jeweiligen Kurzfilms betonen.
In der ersten Geschichte „Herbst“ spiegeln die Bilder des roten Sonnenuntergangs und die von den Bäumen heruntergefallenen Blätter in dunklen Rot- und Orange-Tönen eine immerwährende Melancholie und Einsamkeit wieder, die sich in dem Schicksal des in sich gekehrten Hauptcharakters manifestiert.
Für seine Tapferkeit, zwei Männer der Regierung getötet zu haben, wird er von den niederen Yakuza seiner Umgebung bewundert, doch er weiß ganz genau, dass ein Leben als stetig vom Gesetz gejagter Wanderer weit weniger romantisch ist, als es seine Kumpanen annehmen, sondern einsam und unerbittlich. Trotz der Kürze seiner Rolle zeigt Tatsuya Nakadai eine kraftvolle, kleine Performance, welche die Geschichte an sich schon sehenswert macht.
Doch seine emotionale Wucht erhält die Geschichte durch die fatalistischen Verbindung von Sentaro und dem jungen Mädchen, welches er bewachen muss. Die Liebe, die sie zu einem geheimnisvollen Fremden empfindet, der sie einst mit Freundlichkeit behandelte, aber dessen Gesicht sie nicht einmal kennt, ist bewegend und Sentaros zunehmendes Mitgefühl für das Mädchen in Anbetracht seiner Verpflichtungen zu dem fiesen Oyabun tragisch.
Im letzten Drittel seiner Laufzeit fährt „Herbst“ dann auch noch einen überaus bitteren und zynischen Twist auf, der dem Film schon beinahe das nihilistische Feeling eines Kihachi Okamoto-Fims gibt, aber mit seiner bitter-süßen Auflösung voller Pathos und finalen Absolution von Nakadais Charakter doch eher an einen klassischen und sehr guten matatabi-mono erinnert.
Die zweite Geschichte „Winter“ kontrastiert dann ihre weißen Landschaften und wütenden Schneestürme mit der konstant zunehmenden Herzenswärme des Melodramas im Zentrum der Geschichte. Das Leben als Toseinin wird hier als negatives Gewerbe dargestellt, in welches unser junger Held Genta förmlich hineingezwungen wurde, als man ihm ein bürgerliches Leben verweigerte.
Nicht umsonst versucht der abgehalfterte alte Mann, bewegend gespielt von Takashi Shimura, ihn auf den richtigen Weg zu bringen, doch seine Bemühungen sind vergeblich und münden schließlich in einem ironischen Ende, welches nur dem alten Mann eine Resozialisierung in die Gesellschaft ermöglicht.
Im Zentrum des Films steht aber ein überraschend sensibel inszeniertes Kammerspiel im Haus des jungen Mächens Omiyo (Junko Fuji in einer frühen Rolle). Obgleich zuerst die Panik des Mädchens und die Wut der beiden Männer aufeinander regiert, brechen im Verlauf des Aufenthalts der beiden Yakuza die emotionalen Schranken auf, so dass der Film in einem melodramatischen, aber gutherzigen Finale mündet.
Doch die beste Geschichte ist die dritte und letzte Episode „Frühling“. Die Melancholie und Dunkelheit des Herbsts und die Kälte des Winters weichen hier der fröhlichen und frischen Atmosphäre des Frühling, welche das Setting für eine leichtfüßige und warmherzige Chambara-Komödie bietet.
Hier befindet sich Tadashi Sawashima, einen Großteil seiner Karriere als Regisseur der naiven und leichtherzigen Toei-Entertaiment-Filmen beschäftigt, in seinem Element und präsentiert eine urkomische und zugleich dramatische Geschichte mit beißendem schwarzen Humor.
Doch sein Gelingen verdankt die Kurzgeschichte der grandiosen Performance ihres Hauptdarstellers Kinnosuke Nakamura, der hier die wohl erbärmlichste und schwächste, aber zugleich auch eine der liebenswürdigsten Figuren seiner Karriere spielt. Sein Kyutaro prahlt zuerst großspurig mit seiner Kampferfahrung und seinem Mut, liefert dann aber bei der Konfrontation mit dem Bösewicht einige der miesesten Schwerttricks der Jidai-geki-Geschichte ab.
Regelrecht satirische Züge nehmen seine „Schwertkünste“ dann im Finale an, als er gegen den meisterlich schwertkämpfenden Steuereintreiber antritt und in seinen Angriffen pure filmgewordene Inkompetenz zeigt, die selbst die beiden Kontrahenten in der Erzähl-Version der Ehefrau in Akira Kurosawas Rashomon wie zwei Zatoichis aussehen lassen.
Doch neben diesen komödiantischen Zügen besitzt unser Protagonist eindeutig alle Züge eines großen Helden, auch wenn er diese erst im Finale entdeckt. Im Grunde ist er nämlich ein überaus ehrenwerter Mann, der eine kraftvolle Rede hält, als er die Feigheit und moralische Verkommenheit der Dörfler bemerkt.
Auch die Auflösung der Geschichte ist schön und legt den typischen Fatalismus und die Klassengebundenheit des Genres ab, um in ein herzerwärmendes Happy End zu münden. Dies alles und die emotionale Involvierung mit den liebenswerten Dörflern (besonders mit Tatsuo Endo in einer seiner wenigen Rollen als Nicht-Bösewicht) macht aus „Spring“ die beste der Geschichten und den krönenden Abschluss von Three Yakuza.
Letztendlich sind viele der Ideen in Three Yakuza altbekannt und fest verankert in den typischen Mechanismen des Genres, doch mit seiner furiosen Regie, die in drei Geschichten, drei verschiedene Stile erkennen lässt, und seinen motivierten Akteuren schafft es Tadashi Sawashima, dem matatabi-mono eine bemerkenswerte Frische und Eleganz zu verleihen, die Three Yakuza zu einem kleinen Meisterwerk macht.
Wenn ihr also Neueinsteiger im Filmtyp des matatabi-mono seid und euch für diese urjapanischen Geschichten um wandernde Yakuza, Glückspieler und den zugrundeliegenden Isshoku ippan-Konflikt interessiert, dann zögert nicht und lasst Three Yakuza euren ersten Kontakt mit dem Genre darstellen.
Fazit:
Three Yakuza ist ein frisch und originell inszenierter matatabi-mono, dessen drei Geschichten mit drei völlig verschiedenen Regie-Stylen erzählt werden und dessen Landschaften und Umgebung die Stimmung und Emotionen der Charaktere wiederspiegeln. Auch wegen der hervorragenden Leistungen der Darsteller, ein repräsentativer und „überragender“ Vertreter seines Genres.
8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 05. 07. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Ein Toseinin kehrt in ein fremdes Dorf ein und wird dort von den Dorfbewohnern oder der örtlichen Yakuza mit einem Schlafplatz und einem Abendmahl versorgt. Durch seine Akzeptanz der Gastfreundschaft befindet er sich jetzt in der Schuld der Gastgeber und ist gezwungen, ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme behilflich zu sein, selbst wenn er sich dadurch in Gefahr bringt oder die Aufgabe seinen moralischen Vorstellungen widerspricht.
Dieser Konflikt zwischen blindem Gehorsam zum Zweck des Schuldausgleichs und dem selbständigen und eigenverantwortlichen Handeln durchzieht unzählige Matatabi-mono und so bildet er auch den zentralen Ausgangspunkt in jeder der drei Geschichten von Tadashi Sawashimas hervorragender Yakuza-Anthalogie "Three Yakuza".
Im Laufe der drei Geschichten begeben sich die Protagonisten in die Obhut eines fremden Heimes, werden dadurch mit ihren eigenen moralischen Grundsätzen konfrontiert und müssen am Ende der jeweiligen Geschichte eine Entscheidung treffen, die ihre Schicksale für immer bestimmen wird.
Das Genie des Films liegt darin, wie Tadashi Sawashima in allen drei Geschichten einen komplett anderen Regie-Stil vorzeigt und das essentielle Isshoku ippan-Thema perfekt variiert, wodurch beinahe alle wichtigen Mechanismen des Genres durchgespielt werden. In der Folge erweist sich Three Yakuza nicht nur als herausragendes Vorzeigewerk seines Regisseurs, sondern auch als ein exzellenter Einstiegspunkt in die aufregende Welt der Matatabi-mono.
Story:
1. Geschichte: "Herbst"
Weil er zwei Regierungsbeamte tötete, ist auf den Toseinin Sentaro (Tatsuya Nakadai) ein hohes Kopfgeld ausgesetzt, was ihn zu einem begehrten Ziel von Kopfgeldjägern und sonstigen Gaunern macht. Auf dem Weg zu einem freundlich gesinnten Yakuza-Clan muss er sogar einen mysteriösen Mann töten, der es auf seinen Kopf abgesehen hatte. Angekommen im Yakuza-Hauptquartier wird ihm vom Oyabun Kojiya eine Unterkunft gewährt. Um seine Schuld auszugleichen, bietet er sich nun an, die Prostituierte Oine zu bewachen, die, hoffnungslos beim Clan verschuldet, immer wieder Fluchtversuche begeht, um zu ihrem Liebhaber zu fliehen, der ebenfalls immer wieder Befreiungsversuche startet. Bald schon empfindet Sentaro Mitleid mit der jungen Frau und zudem erweist sich Boss Kojiya bald schon als grausamer Bösewicht, der die Bewohner des Dorfes terrorisiert. Als Sentaro dann erfährt, dass sein Schicksal mit dem von Oine auf grausame Weise verknüpft ist, trifft er die Entscheidung, der jungen Frau aus ihrer unglücklichen Lage herauszuhelfen...
2. Geschichte: "Winter"
Auf der Flucht vor der örtlichen Yakuza treffen sich der junge Yakuza Genta (Hiroki Matsukata) und ein alter Spielbetrüger (Takashi Shimura) und schließen sich, zum Unbehagen des alten Mannes, zusammen. Gemeinsam suchen sie Zuflucht in einer vermeintlich verlassenen Hütte inmitten eines verschneiten Waldes. Zwischen den beiden Yakuza entwickelt sich schnell eine angespannte Stimmung, als der alte Mann versucht, Genta zur Aufgabe seines Gangsterlebens zu überreden. Ihre Diskussion wird urplötzlich unterbrochen, als die Hausbesitzern Omiyo (Junko Fuji) wieder in ihr Heim einkehrt und panisch auf die beiden Fremden reagiert. Doch trotz ihrer Angst, macht der alte Mann keine Anstalten das Haus zu verlassen, denn zwischen ihm und Omiyo scheint es eine geheimnisvolle Verbindung zu geben...
3. Geschichte: "Frühling"
Der Toseinin Kyutaro (Kinnosuke Nakamura) wandert ziellos durch Japan und kehrt auf einer seiner Reisen in ein kleines Dörfchen ein, dessen Bewohner ihn überraschenderweise überaus freundlich mit einem großen Fest und warmer Unterkunft begrüßen. Bald schon stellt sich jedoch heraus, dass ein fieser Steuereintreiber die Dorfgemeinde terrorisiert und der Bürgermeister (Tatsuo Endo) den vermeintlich kampferprobten Yakuza anheuern will, um den Steuereintreiber zu töten. Durch seine bereitwilige Annahme der örtlichen Gastfreundschaft befindet sich Kyutaro jetzt in der Schuld des Dorfes und erklärt sich großspurig bereit, den Dörflern aus ihrer Misere herauszuhelfen. Das Problem ist nur, dass Kyutaro in Wahrheit ein überaus schlechter Schwertkämpfer ist, der noch nie in seinem Leben jemanden getötet hat, so dass er verzweifelt versucht dem Kampf um jeden Preis auszuweichen...
Kritik:
Wie in vielen japanischen Filmen ist auch hier das Wetter nicht nur belanglose Kulisse, sondern aktiver Part der Geschichte, der die Gefühle der Charaktere und die Stimmung des Films widerspiegelt. Insofern sind die drei Geschichten von Three Yakuza auch in schöne Landschaftsaufnahmen eingebettet und spielen zu drei verschiedenen Jahreszeiten, welche die Atmosphäre des jeweiligen Kurzfilms betonen.
In der ersten Geschichte „Herbst“ spiegeln die Bilder des roten Sonnenuntergangs und die von den Bäumen heruntergefallenen Blätter in dunklen Rot- und Orange-Tönen eine immerwährende Melancholie und Einsamkeit wieder, die sich in dem Schicksal des in sich gekehrten Hauptcharakters manifestiert.
Für seine Tapferkeit, zwei Männer der Regierung getötet zu haben, wird er von den niederen Yakuza seiner Umgebung bewundert, doch er weiß ganz genau, dass ein Leben als stetig vom Gesetz gejagter Wanderer weit weniger romantisch ist, als es seine Kumpanen annehmen, sondern einsam und unerbittlich. Trotz der Kürze seiner Rolle zeigt Tatsuya Nakadai eine kraftvolle, kleine Performance, welche die Geschichte an sich schon sehenswert macht.
Doch seine emotionale Wucht erhält die Geschichte durch die fatalistischen Verbindung von Sentaro und dem jungen Mädchen, welches er bewachen muss. Die Liebe, die sie zu einem geheimnisvollen Fremden empfindet, der sie einst mit Freundlichkeit behandelte, aber dessen Gesicht sie nicht einmal kennt, ist bewegend und Sentaros zunehmendes Mitgefühl für das Mädchen in Anbetracht seiner Verpflichtungen zu dem fiesen Oyabun tragisch.
Im letzten Drittel seiner Laufzeit fährt „Herbst“ dann auch noch einen überaus bitteren und zynischen Twist auf, der dem Film schon beinahe das nihilistische Feeling eines Kihachi Okamoto-Fims gibt, aber mit seiner bitter-süßen Auflösung voller Pathos und finalen Absolution von Nakadais Charakter doch eher an einen klassischen und sehr guten matatabi-mono erinnert.
Die zweite Geschichte „Winter“ kontrastiert dann ihre weißen Landschaften und wütenden Schneestürme mit der konstant zunehmenden Herzenswärme des Melodramas im Zentrum der Geschichte. Das Leben als Toseinin wird hier als negatives Gewerbe dargestellt, in welches unser junger Held Genta förmlich hineingezwungen wurde, als man ihm ein bürgerliches Leben verweigerte.
Nicht umsonst versucht der abgehalfterte alte Mann, bewegend gespielt von Takashi Shimura, ihn auf den richtigen Weg zu bringen, doch seine Bemühungen sind vergeblich und münden schließlich in einem ironischen Ende, welches nur dem alten Mann eine Resozialisierung in die Gesellschaft ermöglicht.
Im Zentrum des Films steht aber ein überraschend sensibel inszeniertes Kammerspiel im Haus des jungen Mächens Omiyo (Junko Fuji in einer frühen Rolle). Obgleich zuerst die Panik des Mädchens und die Wut der beiden Männer aufeinander regiert, brechen im Verlauf des Aufenthalts der beiden Yakuza die emotionalen Schranken auf, so dass der Film in einem melodramatischen, aber gutherzigen Finale mündet.
Doch die beste Geschichte ist die dritte und letzte Episode „Frühling“. Die Melancholie und Dunkelheit des Herbsts und die Kälte des Winters weichen hier der fröhlichen und frischen Atmosphäre des Frühling, welche das Setting für eine leichtfüßige und warmherzige Chambara-Komödie bietet.
Hier befindet sich Tadashi Sawashima, einen Großteil seiner Karriere als Regisseur der naiven und leichtherzigen Toei-Entertaiment-Filmen beschäftigt, in seinem Element und präsentiert eine urkomische und zugleich dramatische Geschichte mit beißendem schwarzen Humor.
Doch sein Gelingen verdankt die Kurzgeschichte der grandiosen Performance ihres Hauptdarstellers Kinnosuke Nakamura, der hier die wohl erbärmlichste und schwächste, aber zugleich auch eine der liebenswürdigsten Figuren seiner Karriere spielt. Sein Kyutaro prahlt zuerst großspurig mit seiner Kampferfahrung und seinem Mut, liefert dann aber bei der Konfrontation mit dem Bösewicht einige der miesesten Schwerttricks der Jidai-geki-Geschichte ab.
Regelrecht satirische Züge nehmen seine „Schwertkünste“ dann im Finale an, als er gegen den meisterlich schwertkämpfenden Steuereintreiber antritt und in seinen Angriffen pure filmgewordene Inkompetenz zeigt, die selbst die beiden Kontrahenten in der Erzähl-Version der Ehefrau in Akira Kurosawas Rashomon wie zwei Zatoichis aussehen lassen.
Doch neben diesen komödiantischen Zügen besitzt unser Protagonist eindeutig alle Züge eines großen Helden, auch wenn er diese erst im Finale entdeckt. Im Grunde ist er nämlich ein überaus ehrenwerter Mann, der eine kraftvolle Rede hält, als er die Feigheit und moralische Verkommenheit der Dörfler bemerkt.
Auch die Auflösung der Geschichte ist schön und legt den typischen Fatalismus und die Klassengebundenheit des Genres ab, um in ein herzerwärmendes Happy End zu münden. Dies alles und die emotionale Involvierung mit den liebenswerten Dörflern (besonders mit Tatsuo Endo in einer seiner wenigen Rollen als Nicht-Bösewicht) macht aus „Spring“ die beste der Geschichten und den krönenden Abschluss von Three Yakuza.
Letztendlich sind viele der Ideen in Three Yakuza altbekannt und fest verankert in den typischen Mechanismen des Genres, doch mit seiner furiosen Regie, die in drei Geschichten, drei verschiedene Stile erkennen lässt, und seinen motivierten Akteuren schafft es Tadashi Sawashima, dem matatabi-mono eine bemerkenswerte Frische und Eleganz zu verleihen, die Three Yakuza zu einem kleinen Meisterwerk macht.
Wenn ihr also Neueinsteiger im Filmtyp des matatabi-mono seid und euch für diese urjapanischen Geschichten um wandernde Yakuza, Glückspieler und den zugrundeliegenden Isshoku ippan-Konflikt interessiert, dann zögert nicht und lasst Three Yakuza euren ersten Kontakt mit dem Genre darstellen.
Fazit:
Three Yakuza ist ein frisch und originell inszenierter matatabi-mono, dessen drei Geschichten mit drei völlig verschiedenen Regie-Stylen erzählt werden und dessen Landschaften und Umgebung die Stimmung und Emotionen der Charaktere wiederspiegeln. Auch wegen der hervorragenden Leistungen der Darsteller, ein repräsentativer und „überragender“ Vertreter seines Genres.
8.5 von 10 Punkten = Überragend!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 05. 07. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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