Hokuriku Proxy War (1977)
Ein Film von Kinji Fukasaku
Bewertung: 8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Hokuriku dairi senso
Genre: Yakuza-eiga, Jitsuroku-Eiga
Regie: Kinji Fukasaku
Darsteller: Hiroki Matsukata (Noburo Kawada), Yumiko Nogawa, Mikio Narita, Yoko Takahashi, Sonny Chiba, Jiro Chiba, Takeo Chii, Tatsuo Endo, Seizo Fukumoto, Hajime Hana, Goro Ibuki, Nenji Kobayashi, Ryo Nishida, Junkichi Orimoto
Drehbuch: Koji Takada
Kamera: Toru Nakajima
Musik: Toshiaki Tsushima
Toei Company, 98 Minuten, Color
Hokuriku dairi senso
Genre: Yakuza-eiga, Jitsuroku-Eiga
Regie: Kinji Fukasaku
Darsteller: Hiroki Matsukata (Noburo Kawada), Yumiko Nogawa, Mikio Narita, Yoko Takahashi, Sonny Chiba, Jiro Chiba, Takeo Chii, Tatsuo Endo, Seizo Fukumoto, Hajime Hana, Goro Ibuki, Nenji Kobayashi, Ryo Nishida, Junkichi Orimoto
Drehbuch: Koji Takada
Kamera: Toru Nakajima
Musik: Toshiaki Tsushima
Toei Company, 98 Minuten, Color
Auch wenn Hokuriku Proxy War zu den unbekannteren
Jitsuroku-Eiga („realistischen Gangsterfilmen“) Kinji Fukasakus zählt, gehört
er zu den außergewöhnlicheren Werken des Regisseurs im Yakuza-Film. Für einmal
spielt der Film nicht in den verschmutzten und überfüllten Vierteln Tokyos,
sondern in den verschneiten und einsamen Gefilden der Hokuriku-Region. Eine
kalte und unwirtliche Umgebung, in der nur die brutalsten und skrupellosesten
aller Gangster überleben können.
Insofern also ein perfektes Terrain für Gangsterfilm-Auteur Fukasaku, der hier einmal nicht den urbanen Antihelden, meist gespielt von Koji Tsuruta oder Bunta Sugawara, triumphieren lässt, sondern eine neue Art von Hauptcharakter präsentiert: Einen eiskalten und berechnenden Wolf in der Haut eines Menschen, der gelernt hat zu kämpfen, um in seinem wilden Umfeld zu überleben. Eine modifizierte und animalischere Form des Fukasaku-Gangsters und damit vielleicht noch näher am Geist seiner Gangsterfilme, welche das organisierte Verbrechen nicht romantisierten, sondern entzaubern wollten.
Story:
Fukui, Zentrum der nordöstlichen Hokuriku-Region. Der junge Yakuza Noburo Kawada (Hiroki Matsukata) plant die Nachfolge seines Bosses Yasuhara (Ko Nishimura) anzutreten und setzt ihn dafür massiv unter Druck. Doch dieser will nicht klein beigeben und ruft den gefährlichen Oybun Kanai (Sonny Chiba) zu Hilfe. Ein Zug über den nicht nur Kawada unglücklich ist, denn auch der Asada-Clan unter Führung des Oyabun Okano (Tatsuo Endo) fürchtet einen zu großen Einfluss Kanais in der Region. Deshalb schickt der Clan den Yakuza Kubo (Mikio Narita), um mit Kanai zu verhandeln. Mitten in diesem Streit wird Kawada plötzlich verraten und landet mehrere Jahre im Gefängnis. Doch seine Ambitionen werden dadurch nicht kleiner, denn bei seiner Freilassung plant er nicht nur sich an den anderen Yakuza-Clans zu rächen, sondern auch die Kontrolle über die gesamte Region an sich zu reißen.
Kritik:
Mit der Verlegung der Handlung in eine eiskalte Schneeregion ändert Kinji Fukasaku auch die Verhaltensweisen und Foltermethoden der dort residierenden Yakuza-Banden. Die bevorzugte Methode hier ist das bis zum Kopf eingraben im Schnee und dann bei Bedarf noch mit dem Jeep drüberfahren. Auch ansonsten dominiert die Kälte, sowohl äußerlich als auch emotional, den Film, so dass Innenaufnahmen in Gebäuden mit ihren dominierenden Brauntönen immer wie kleine Oasen der Wärme wirken.
Die Hokuriku-Yakuza sind wilder und cholerischer als die anderen Yakuza-Banden und ihr geistiger Führer ist Noburo Kawada. Ein hitzköpfiger und hyperaktiver Hauptcharakter, der beim Sitzen ständig herumwippt und generell schnell am Abzug ist. Schon alleine die Anfangszene, in der Kawada seinen Boss mit oben angesprochener Foltermethode zusetzt, macht eines klar: Ehrenvolle Ninkyo-Yakuza und der giri/ninjo-Konflikt, der traditionelle Ninkyo-Film-Konflikt zwischen Verpflichtung zu seinem Clan („giri“) und menschlichem Emotionen („ninjo“), spielen für Kawada keine Rolle.
Er sagt Sätze wie „Brotherhood depends on the situation“ und ist damit die ideale Personifizierung des ökonomischen Yakuza, wie ihn Fukasaku porträtieren sollte. Mit einer energetischen und wilden Performance begeistert Hiroki Matsukata dabei auf ganzer Linie. In dieser Darstellung der Yakuza als instinktgetriebene Wölfe ist Fukasaku noch einen Schritt weiter an der Entzauberung des Gangsterlebens dran.
Während seine urbanen Gangster in Filmen wie Japan Organized Crime Boss noch einen Funken Ehre besaßen und er dem Yakuza-Leben in seinem Meisterwerk Graveyard of Honor Melancholie und Nihilismus entgegensetzte, ist Hokuriku Proxy War vielleicht sein rohester und animalischster Gangsterfilm, indem es primär um die Erwirtschaftung von Profit und das eigene Überleben geht.
Neben Matsukata als Noburo Kawada gehen unter anderem auch Sonny Chiba als großkotziger Gangsterboss und Ko Nishimura als konstant panischer Yasuhara mit viel Enthusiasmus an ihre Rollen heran und sorgen zusammen mit Kinji Fukasakus typischen Stilmitteln und deftiger Gewalt dafür, dass der Film ein sehr kurzweiliges Vergnügen darstellt, doch abseits von Setting und Hauptcharakter findet sich gerade hier viel altbekanntes wieder.
Fukasaku inszeniert den Film mit seinem typischem Flair aus harten Schnitten, Freeze Frames und entfesselter Handkamera, doch auch sein Stil wurde zum Zeitpunkt der Entstehung des Films langsam starr und manieristisch und die typische Hard-Boiled-Yakuza-Story fast schon abgedroschen. Wie zuvor schon der Ninkyo-Film war auch dieser Nachfolger der Jitsuroku-Film zu unflexibel und stilistisch festgelegt, um sich effektiv weiterzuentwickeln. So endete der kurze Boom des Genres auch schon Ende der 1970er Jahre – nur einige Jahre nach Fukasakus Genremeilenstein, der Battles Without Honor or Humanity-Reihe.
Letztendlich ist Hokuriku Proxy War also auch einer der letzten Vertreter seines Genres, der, als alle Variationen schon durchgespielt und die Zuschauer übersättigt waren, dem Jitsuroku-Eiga noch eine letzte Facette abgewann und es zu einem weiteren Höhepunkt verhalf.
Fazit:
Hokuriku Proxy War ist ein „sehr guter“ Yakuzafilm von Kinji Fukasaku, der durch sein interessantes Schnee-Setting und seinem amoralischen Hauptcharakter überzeugt und dessen Standard-Yakuza-Story durch Kinji Fukasakus typisches inszenatorisches Flair veredelt wird.
8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 05. 04. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Insofern also ein perfektes Terrain für Gangsterfilm-Auteur Fukasaku, der hier einmal nicht den urbanen Antihelden, meist gespielt von Koji Tsuruta oder Bunta Sugawara, triumphieren lässt, sondern eine neue Art von Hauptcharakter präsentiert: Einen eiskalten und berechnenden Wolf in der Haut eines Menschen, der gelernt hat zu kämpfen, um in seinem wilden Umfeld zu überleben. Eine modifizierte und animalischere Form des Fukasaku-Gangsters und damit vielleicht noch näher am Geist seiner Gangsterfilme, welche das organisierte Verbrechen nicht romantisierten, sondern entzaubern wollten.
Story:
Fukui, Zentrum der nordöstlichen Hokuriku-Region. Der junge Yakuza Noburo Kawada (Hiroki Matsukata) plant die Nachfolge seines Bosses Yasuhara (Ko Nishimura) anzutreten und setzt ihn dafür massiv unter Druck. Doch dieser will nicht klein beigeben und ruft den gefährlichen Oybun Kanai (Sonny Chiba) zu Hilfe. Ein Zug über den nicht nur Kawada unglücklich ist, denn auch der Asada-Clan unter Führung des Oyabun Okano (Tatsuo Endo) fürchtet einen zu großen Einfluss Kanais in der Region. Deshalb schickt der Clan den Yakuza Kubo (Mikio Narita), um mit Kanai zu verhandeln. Mitten in diesem Streit wird Kawada plötzlich verraten und landet mehrere Jahre im Gefängnis. Doch seine Ambitionen werden dadurch nicht kleiner, denn bei seiner Freilassung plant er nicht nur sich an den anderen Yakuza-Clans zu rächen, sondern auch die Kontrolle über die gesamte Region an sich zu reißen.
Kritik:
Mit der Verlegung der Handlung in eine eiskalte Schneeregion ändert Kinji Fukasaku auch die Verhaltensweisen und Foltermethoden der dort residierenden Yakuza-Banden. Die bevorzugte Methode hier ist das bis zum Kopf eingraben im Schnee und dann bei Bedarf noch mit dem Jeep drüberfahren. Auch ansonsten dominiert die Kälte, sowohl äußerlich als auch emotional, den Film, so dass Innenaufnahmen in Gebäuden mit ihren dominierenden Brauntönen immer wie kleine Oasen der Wärme wirken.
Die Hokuriku-Yakuza sind wilder und cholerischer als die anderen Yakuza-Banden und ihr geistiger Führer ist Noburo Kawada. Ein hitzköpfiger und hyperaktiver Hauptcharakter, der beim Sitzen ständig herumwippt und generell schnell am Abzug ist. Schon alleine die Anfangszene, in der Kawada seinen Boss mit oben angesprochener Foltermethode zusetzt, macht eines klar: Ehrenvolle Ninkyo-Yakuza und der giri/ninjo-Konflikt, der traditionelle Ninkyo-Film-Konflikt zwischen Verpflichtung zu seinem Clan („giri“) und menschlichem Emotionen („ninjo“), spielen für Kawada keine Rolle.
Er sagt Sätze wie „Brotherhood depends on the situation“ und ist damit die ideale Personifizierung des ökonomischen Yakuza, wie ihn Fukasaku porträtieren sollte. Mit einer energetischen und wilden Performance begeistert Hiroki Matsukata dabei auf ganzer Linie. In dieser Darstellung der Yakuza als instinktgetriebene Wölfe ist Fukasaku noch einen Schritt weiter an der Entzauberung des Gangsterlebens dran.
Während seine urbanen Gangster in Filmen wie Japan Organized Crime Boss noch einen Funken Ehre besaßen und er dem Yakuza-Leben in seinem Meisterwerk Graveyard of Honor Melancholie und Nihilismus entgegensetzte, ist Hokuriku Proxy War vielleicht sein rohester und animalischster Gangsterfilm, indem es primär um die Erwirtschaftung von Profit und das eigene Überleben geht.
Neben Matsukata als Noburo Kawada gehen unter anderem auch Sonny Chiba als großkotziger Gangsterboss und Ko Nishimura als konstant panischer Yasuhara mit viel Enthusiasmus an ihre Rollen heran und sorgen zusammen mit Kinji Fukasakus typischen Stilmitteln und deftiger Gewalt dafür, dass der Film ein sehr kurzweiliges Vergnügen darstellt, doch abseits von Setting und Hauptcharakter findet sich gerade hier viel altbekanntes wieder.
Fukasaku inszeniert den Film mit seinem typischem Flair aus harten Schnitten, Freeze Frames und entfesselter Handkamera, doch auch sein Stil wurde zum Zeitpunkt der Entstehung des Films langsam starr und manieristisch und die typische Hard-Boiled-Yakuza-Story fast schon abgedroschen. Wie zuvor schon der Ninkyo-Film war auch dieser Nachfolger der Jitsuroku-Film zu unflexibel und stilistisch festgelegt, um sich effektiv weiterzuentwickeln. So endete der kurze Boom des Genres auch schon Ende der 1970er Jahre – nur einige Jahre nach Fukasakus Genremeilenstein, der Battles Without Honor or Humanity-Reihe.
Letztendlich ist Hokuriku Proxy War also auch einer der letzten Vertreter seines Genres, der, als alle Variationen schon durchgespielt und die Zuschauer übersättigt waren, dem Jitsuroku-Eiga noch eine letzte Facette abgewann und es zu einem weiteren Höhepunkt verhalf.
Fazit:
Hokuriku Proxy War ist ein „sehr guter“ Yakuzafilm von Kinji Fukasaku, der durch sein interessantes Schnee-Setting und seinem amoralischen Hauptcharakter überzeugt und dessen Standard-Yakuza-Story durch Kinji Fukasakus typisches inszenatorisches Flair veredelt wird.
8 von 10 Punkten = Sehr gut!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 05. 04. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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