Sleepy Eyes of Death: Sword of Adventure (1964)
Ein Film von Kenji Misumi
Bewertung: 7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Nemuri Kyoshiro 2: Shobu
Genre: Jidai-geki, Chambara
Regie: Kenji Misumi
Darsteller: Raizo Ichikawa (Nemuri Kyoshiro), Koichi Aihara, San'emon Arashi, Shinjiro Asano, Okuzan Asao, Hajime Etsukawa, Jun Fujikawa, Shiho Fujimura, Yutaro Gomi, Yuko Hamada, Seishiro Hara, Yukio Horikita, Kinya Ichikawa, Tadashi Iwata, Rush John, Kenichi Kagama, Yoshi Kato Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Seiji Hoshikawa (Buch: Renzaburo Shibata)
Kamera: Chishi Makiura
Musik: Ichiro Saito
Daiei Studios, 83 Minuten, Color
Nemuri Kyoshiro 2: Shobu
Genre: Jidai-geki, Chambara
Regie: Kenji Misumi
Darsteller: Raizo Ichikawa (Nemuri Kyoshiro), Koichi Aihara, San'emon Arashi, Shinjiro Asano, Okuzan Asao, Hajime Etsukawa, Jun Fujikawa, Shiho Fujimura, Yutaro Gomi, Yuko Hamada, Seishiro Hara, Yukio Horikita, Kinya Ichikawa, Tadashi Iwata, Rush John, Kenichi Kagama, Yoshi Kato Gesamten Cast anzeigen...
Drehbuch: Seiji Hoshikawa (Buch: Renzaburo Shibata)
Kamera: Chishi Makiura
Musik: Ichiro Saito
Daiei Studios, 83 Minuten, Color
Nachdem Daiei-Vertragsregisseur
Tokuzo Tanaka mit Sleepy Eyes of Death: The Chinese Jade einen soliden, wenn
auch formelhaften ersten Teil der neuen Sleepy Eyes of Death-Reihe mit
Superstar Raizo Ichikawa in der Hauptrolle abgeliefert hatte, übernimmt der legendäre
Vertragsregisseur Kenji Misumi die Regie über den vorliegenden zweiten Film der
Reihe.
Wer den charakteristischen Humanismus und die lyrische Poesie zahlreicher Misumi-Filme der 1960er Jahre kennt, der ahnt schon, dass auch dieser zweite Teil „Sleepy Eyes of Death 2: Sword of Adventure“ wenig von dem Zynismus und der makabren Grundstimmung späterer Nemuri Kyoshiro-Filme haben kann, da diese Elemente nicht unbedingt vereinbar mit dem Ouevre des Regisseurs zu jener Zeit zu sein scheinen.
Andererseits gilt Kenji Misumi selbst als ein essentieller Hauptakteur im Wandlungsprozess des Chambara eiga („Schwertkampfs-Films“) hin zu phantastischer Erwachsenenunterhaltung. Legendär etwa seine Lone Wolf and Cub-Reihe, in der die sonst so authentische Darstellung des japanischen Mittelalters zugunsten einer überbordenden Fantasiewelt voller überzeichneter Gewaltexzesse und merkwürdiger Gegner über Bord geworfen wird.
Genau diese Fantasiewelt, in welcher selbst den absurdesten Einfällen zugunsten der Unterhaltung keine Grenzen gesetzt werden, zeichnet auch spätere Sleepy Eyes of Death-Filme aus, wodurch die Reihe zum einflussreichen Prototypen von vielen stilprägenden Filmreihen wurde, die eine detailgetreue Darstellung des Mittelalters mit brutalen Gewaltexzessen und phantastischen Elementen kombinierten.
Davon ist in diesem zweiten Teil der Filmreihe allerdings wenig zu spüren. Auch wenn Misumi jene Spielart des phantastischen Chambara eiga („Schwertkampfs-Films“) in den 1970er Jahren perfektionieren sollte, inszeniert er seinen ersten Eintrag in die Sleepy Eyes of Death-Reihe eher routiniert, implementiert aber zumindest ein paar wegweisende Elemente, die später zu den besten Einträgen der Filmreihe führen sollten.
Story:
Auf einem Neujahrsfest trifft Nemuri Kyoshiro (Raizo Ichikawa) Asashina Iori (Yoshi Kato), den alten Finanzkommissar des Shoguns, der auf dem Weg zum Hofstaat der Prinzessin Takashima, einer unehelichen Tochter des Shoguns, ist, die mit ihrem verschwenderischen Lebensstil die Existenz zahlreicher Menschen gefährdet. Der Finanzkommissar will ihr den Geldhahn zudrehen, womit er den Zorn eines ihrer Günstlinge, dem Clanlord (Fujio Suga), auf sich zieht, der einige Auftragskiller schickt, um den gutherzigen alten Mann zu töten. Auch die geheimnisvolle Wahrsagerin Uneme (Shiho Fujimura) scheint daran interessiert, Iori zu töten und sendet ihrerseits fünf Killer aus. Bewegt von der edlen Gesinnung des Finanzkommissars beschließt Nemuri Koyshiro diesem zu helfen und gerät so seinerseits in das Fadenkreuz der Killer, von denen einige auch eine private Rechnung mit Nemuri Kyoshiro begleichen wollen...
Kritik:
Auch wenn der vorliegende zweite Teil der langlebigen Filmreihe über weite Strecken eher routinierte Chambara-Unterhaltung bietet, führt er doch ein paar Elemente ein, die später zu Standard-Inhalten der Reihe werden sollten. Eine dämonische Prinzessin etwa, die ihren Status als uneheliche Tochter des Shoguns missbraucht, um zu morden, zu stehlen und ihr verfallene Männer ins Unglück zu stürzen.
Noch bedeutender als der Einbezug einer blutrünstigen Prinzessin, wie sie noch in vielen weiteren Filmen vorkommen sollte, sind aber erste Anspielungen auf Nemuri Kyoshiros Herkunft als Sohn eines christlichen (oder besser gesagt satanistischen) Westlers und einer japanischen Mutter und der damit zusammenhängenden grausamen Christenverfolgung, wie sie in Japan, besonders in der Endphase des Tokugawa-Shogunats (ca. 1853 – 1867) tatsächlich praktiziert wurde.
Hier wird diesem traurigen Kapitel der japanischen Geschichte allerdings nur eine kurze Rückblende, welche eine Kreuzigung zeigt, gewidmet und kurz auf Nemuri Kyoshiros tiefe Abneigung gegen jede Religion angespielt, ansonsten präsentiert sich auch der zweite Film der Reihe als formelhafte, aber dank Kenji Misumis Regie vorbildlich inszenierte Daiei-Routine.
Mehr als einer kohärent entwickelten Geschichte mit rotem Faden folgen wir hier zahlreichen Sub-Plots, die oft nur notdürftig miteinander verknüpft sind. Ein besseres Drehbuch hätte die einzelnen Episoden besser verknüpft und dem Film eine stringentere Narration verliehen, doch weil Kenji Misumi in seiner Regie so vieles richtig macht, zeugt der Film keineswegs von dem inspirationslosen Durchquälen mit zahlreichen Lückenfüllern so vieler 1950er Jidai-geki der Toei Company .
Wie im Vorgänger lebt auch dieser Film vielmehr von seinen schillernden Charakteren, denen Misumi aber wesentlich rundere Persönlichkeiten verleiht, als Tokuzo Tanaka im letzten Film. Besonders Yoshi Kato in seiner Paraderolle als liebenswerter alter Mann mit humanistischem Gedankengut kann sich schnell zahlreiche Sympathiepunkte beim Zuschauer holen.
Bemerkenswerterweise sind auch einige der Bösewichte überraschend rund gezeichnet. Jedem der fünf Schwertkämpfer, welche nach Nemuri Kyoshiros Leben trachten, dichtet Misumi eine eigene kleine Hintergrundsgeschichte samt glaubhaftem Motiv an, so dass ihre zwangsläufigen Tode einen wesentlich tieferen Eindruck hinterlassen, als das Niedermetzeln der dutzenden generischen Ninja im letzten Film.
Diese Weigerung Misumis, seinen Bösewichten die Menschlichkeit zu entziehen, zeichnet den charakteristischen Humanismus des Meisterregisseurs letztendlich aus, so dass der Figur Nemuri Kyoshiros erstmals auch existentielle Töne verliehen werden, da er als vielgehasster Ronin gezwungen ist, seinen Lebensunterhalt mit dem gnadenlosen Töten seiner Gegner zu verdienen.
Trotzdem bleibt Raizo Ichikawas Verkörperung noch immer eine weitgehendst leichtfüßige, wenn auch mit einem Hauch der existentiellen Verzweiflung, wie er sie in späteren Filmen zeigen sollte. Auch die Kameraführung Chishi Makiuras legt es nicht und Düsterkeit an, sondern präsentiert eine Palette von wahlweise wunderschönen, sonnendurchfluteten oder nebelverhangenen und schneebefallenen Landschaften.
Insgesamt sorgt dies für einen gelungenen Film, welcher den ersten Teil in vielen Punkten übertrifft. Noch mag der Nihilismus, die phantastischen Exzesse und die tiefgreifendere Persönlichkeit des zynischen Nemuri Kyoshiro fehlen, doch Sleepy Eyes of Death: Sword of Adventure ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und stellt für sich genommen „sehr sehenswerte“ Chambara-Unterhaltung mit hochwertiger Machart dar.
Fazit:
Sleepy Eyes of Death: Sword of Adventure präsentiert sich dank des charakteristischen Humanismus und der exzellenten Handwerkskünsten seines Regisseurs als gelungene Fortsetzung, welche eine routinierte Geschichte mit runden Charakteren und mehr Tiefe bestückt und zudem einige wichtige Elemente späterer Filme implementiert.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 10. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Wer den charakteristischen Humanismus und die lyrische Poesie zahlreicher Misumi-Filme der 1960er Jahre kennt, der ahnt schon, dass auch dieser zweite Teil „Sleepy Eyes of Death 2: Sword of Adventure“ wenig von dem Zynismus und der makabren Grundstimmung späterer Nemuri Kyoshiro-Filme haben kann, da diese Elemente nicht unbedingt vereinbar mit dem Ouevre des Regisseurs zu jener Zeit zu sein scheinen.
Andererseits gilt Kenji Misumi selbst als ein essentieller Hauptakteur im Wandlungsprozess des Chambara eiga („Schwertkampfs-Films“) hin zu phantastischer Erwachsenenunterhaltung. Legendär etwa seine Lone Wolf and Cub-Reihe, in der die sonst so authentische Darstellung des japanischen Mittelalters zugunsten einer überbordenden Fantasiewelt voller überzeichneter Gewaltexzesse und merkwürdiger Gegner über Bord geworfen wird.
Genau diese Fantasiewelt, in welcher selbst den absurdesten Einfällen zugunsten der Unterhaltung keine Grenzen gesetzt werden, zeichnet auch spätere Sleepy Eyes of Death-Filme aus, wodurch die Reihe zum einflussreichen Prototypen von vielen stilprägenden Filmreihen wurde, die eine detailgetreue Darstellung des Mittelalters mit brutalen Gewaltexzessen und phantastischen Elementen kombinierten.
Davon ist in diesem zweiten Teil der Filmreihe allerdings wenig zu spüren. Auch wenn Misumi jene Spielart des phantastischen Chambara eiga („Schwertkampfs-Films“) in den 1970er Jahren perfektionieren sollte, inszeniert er seinen ersten Eintrag in die Sleepy Eyes of Death-Reihe eher routiniert, implementiert aber zumindest ein paar wegweisende Elemente, die später zu den besten Einträgen der Filmreihe führen sollten.
Story:
Auf einem Neujahrsfest trifft Nemuri Kyoshiro (Raizo Ichikawa) Asashina Iori (Yoshi Kato), den alten Finanzkommissar des Shoguns, der auf dem Weg zum Hofstaat der Prinzessin Takashima, einer unehelichen Tochter des Shoguns, ist, die mit ihrem verschwenderischen Lebensstil die Existenz zahlreicher Menschen gefährdet. Der Finanzkommissar will ihr den Geldhahn zudrehen, womit er den Zorn eines ihrer Günstlinge, dem Clanlord (Fujio Suga), auf sich zieht, der einige Auftragskiller schickt, um den gutherzigen alten Mann zu töten. Auch die geheimnisvolle Wahrsagerin Uneme (Shiho Fujimura) scheint daran interessiert, Iori zu töten und sendet ihrerseits fünf Killer aus. Bewegt von der edlen Gesinnung des Finanzkommissars beschließt Nemuri Koyshiro diesem zu helfen und gerät so seinerseits in das Fadenkreuz der Killer, von denen einige auch eine private Rechnung mit Nemuri Kyoshiro begleichen wollen...
Kritik:
Auch wenn der vorliegende zweite Teil der langlebigen Filmreihe über weite Strecken eher routinierte Chambara-Unterhaltung bietet, führt er doch ein paar Elemente ein, die später zu Standard-Inhalten der Reihe werden sollten. Eine dämonische Prinzessin etwa, die ihren Status als uneheliche Tochter des Shoguns missbraucht, um zu morden, zu stehlen und ihr verfallene Männer ins Unglück zu stürzen.
Noch bedeutender als der Einbezug einer blutrünstigen Prinzessin, wie sie noch in vielen weiteren Filmen vorkommen sollte, sind aber erste Anspielungen auf Nemuri Kyoshiros Herkunft als Sohn eines christlichen (oder besser gesagt satanistischen) Westlers und einer japanischen Mutter und der damit zusammenhängenden grausamen Christenverfolgung, wie sie in Japan, besonders in der Endphase des Tokugawa-Shogunats (ca. 1853 – 1867) tatsächlich praktiziert wurde.
Hier wird diesem traurigen Kapitel der japanischen Geschichte allerdings nur eine kurze Rückblende, welche eine Kreuzigung zeigt, gewidmet und kurz auf Nemuri Kyoshiros tiefe Abneigung gegen jede Religion angespielt, ansonsten präsentiert sich auch der zweite Film der Reihe als formelhafte, aber dank Kenji Misumis Regie vorbildlich inszenierte Daiei-Routine.
Mehr als einer kohärent entwickelten Geschichte mit rotem Faden folgen wir hier zahlreichen Sub-Plots, die oft nur notdürftig miteinander verknüpft sind. Ein besseres Drehbuch hätte die einzelnen Episoden besser verknüpft und dem Film eine stringentere Narration verliehen, doch weil Kenji Misumi in seiner Regie so vieles richtig macht, zeugt der Film keineswegs von dem inspirationslosen Durchquälen mit zahlreichen Lückenfüllern so vieler 1950er Jidai-geki der Toei Company .
Wie im Vorgänger lebt auch dieser Film vielmehr von seinen schillernden Charakteren, denen Misumi aber wesentlich rundere Persönlichkeiten verleiht, als Tokuzo Tanaka im letzten Film. Besonders Yoshi Kato in seiner Paraderolle als liebenswerter alter Mann mit humanistischem Gedankengut kann sich schnell zahlreiche Sympathiepunkte beim Zuschauer holen.
Bemerkenswerterweise sind auch einige der Bösewichte überraschend rund gezeichnet. Jedem der fünf Schwertkämpfer, welche nach Nemuri Kyoshiros Leben trachten, dichtet Misumi eine eigene kleine Hintergrundsgeschichte samt glaubhaftem Motiv an, so dass ihre zwangsläufigen Tode einen wesentlich tieferen Eindruck hinterlassen, als das Niedermetzeln der dutzenden generischen Ninja im letzten Film.
Diese Weigerung Misumis, seinen Bösewichten die Menschlichkeit zu entziehen, zeichnet den charakteristischen Humanismus des Meisterregisseurs letztendlich aus, so dass der Figur Nemuri Kyoshiros erstmals auch existentielle Töne verliehen werden, da er als vielgehasster Ronin gezwungen ist, seinen Lebensunterhalt mit dem gnadenlosen Töten seiner Gegner zu verdienen.
Trotzdem bleibt Raizo Ichikawas Verkörperung noch immer eine weitgehendst leichtfüßige, wenn auch mit einem Hauch der existentiellen Verzweiflung, wie er sie in späteren Filmen zeigen sollte. Auch die Kameraführung Chishi Makiuras legt es nicht und Düsterkeit an, sondern präsentiert eine Palette von wahlweise wunderschönen, sonnendurchfluteten oder nebelverhangenen und schneebefallenen Landschaften.
Insgesamt sorgt dies für einen gelungenen Film, welcher den ersten Teil in vielen Punkten übertrifft. Noch mag der Nihilismus, die phantastischen Exzesse und die tiefgreifendere Persönlichkeit des zynischen Nemuri Kyoshiro fehlen, doch Sleepy Eyes of Death: Sword of Adventure ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und stellt für sich genommen „sehr sehenswerte“ Chambara-Unterhaltung mit hochwertiger Machart dar.
Fazit:
Sleepy Eyes of Death: Sword of Adventure präsentiert sich dank des charakteristischen Humanismus und der exzellenten Handwerkskünsten seines Regisseurs als gelungene Fortsetzung, welche eine routinierte Geschichte mit runden Charakteren und mehr Tiefe bestückt und zudem einige wichtige Elemente späterer Filme implementiert.
7.5 von 10 Punkten = Sehr sehenswert!
Erstveröffentlichung auf "nippon-kino.net" am 26. 10. 2013
Geschrieben von Pablo Knote
Screenshots (spiegeln die Qualität der DVD wieder):
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